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Sechstes Buch. II. Abtheilung. Erfter Abfchnitt.
Rubens
wieder in
Rom.
Seine frühen
Bilder im
Madrider
Mufeum.
Seine Copie
nach
Mantegnas
Triumphzug.
Seine hier
entftandenen
Gemälde, befindet; hier malte er das Gemälde für den Hauptaltar der Chiefa nuova
(S. Maria della Vallicella), welches den heiligen Papft Gregorius, von anderen
Heiligen umgeben, zur Taube des heiligen Geiftes aufblickend und darüber,
als umrahmtes, von Engeln gehaltenes Bild, Maria mit dem Kinde darftellt.
Diefes Gemälde befindet fich jetzt im Mufeum zu Grenoble. Rubens hatte
nämlich gleich, nachdem es vollendet war, eingefehen, dafs es am Hauptaltar
der Kirche zu fchlecht beleuchtet fein würde; er nahm es daher zurück; und
fpäter gelangte es von Antwerpen aus nach Frankreich. Für die römifche
Kirche wiederholte er es in anderer Weife; er theilte den Gegenfiand in drei
Theile und malte als Mittelbild die heilige Jungfrau in der Glorie, als linkes
Seitenbild den heiligen Gregor mit den heiligen Maurus und Papias, als rechtes
in Verehrung der Dreifaltigkeit darftellte, während die Seitenbilder die Taufe
und die Verklärung Chrifti zur Anfchauung brachten. Nur das Mittelbild hat
fich, leider in zwei Stücke zerfchnitten, jetzt in der Bibliothek zu Mantua, er-
halten *). Die Compofition iFt fchon aufserordentlich energifch und fchwungvoll,
die Bildniffe find grofsartig aufgefafst und lebendig durchgeführt; aber der Farbe
fehlt noch die Entwicklung zur vollen Klarheit, Frifche und Wärme. In Mantua
foll Rubens dann auch nach der Anficht der meiften Kenner1 2) das prächtige
Stück des berühmten, jetzt in Hamptoncourt befindlichen Triumphzuges des Julius
Caefar von Andrea Mantegna (vgl. Bd. II, S. 272) copirt haben, welches die
Londoner National Gallery fchmückt. Es ift eine freie Copie, in welcher die relief-
artige Strenge des alten Meifters ganz mit neuem malerifchen Reize umkleidet
erfcheint und kecke Züge dramatifchen Lebens die alten Schranken durchbrechen.
Das Jahr 1606 fah Rubens abermals in Rom; und hier fing fein Stil jetzt an, fich
vollends zu fetzen und zu klären und zugleich jene malerifche Breite und Wucht,
noch verbunden mit verhältnifsmäfsig plaflifcher Fettigkeit, anzunehmen, welche
die reifften Werke feiner italienifchen Zeit auszeichnen. Hier malte er jetzt das
Bildnifs der Marchefa Spinola, welches fich bei Herrn Bankes in Dorfetfhire
Rubens
wieder * in
Mantua. Jefuitenkirche einen grofsen Flügelaltar, deffen Mittelbild die herzogliche Familie
Sein dortiges
Hauptbild.
in Spanien. 1604 dauerte feine erfte Sendung nach Spanien. Im Auftrage des Herzogs von
Mantua hatte er König Philipp III. einen prächtigen Wagen und fieben fchöne
Pferde, dem Herzog Lerma einige Gemälde berühmter Meifter, anderen
fpanifchen Grofsen andere Gefchenke zu überbringen.
In Madrid copirte er Tizians »Adam und Eva«, in Valladolid malte er
für den Herzog von Lerma die beiden alten Philofophen Heraklit und Demo-
krit, den einen weinend, den anderen lachend, beide lebensgrofs in ganzer
Geftalt. Diefe fchnell gemalten Decorationsftücke, welche fich, wie jene Copie,
noch im Mufeum zu Madrid befinden, gehören zu den älteften beglaubigten
erhaltenen Werke feiner Hand. Ihnen reihen die Halbfiguren der zwölf Apoftel
ebendafelbft fich an. Nach Mantua zurückgekehrt, malte er hier jetzt für die
1) Die Taufe Chrifti des Antwerpener Mufeums kann nicht als das eine Seitenbild diefes Altars
gelten. Vgl. F. J. v. d. Branden, Gefchiedenis, p. 422, Anm. I.
2) z. B. Waagen a. a. O., S. 248; Woltmann, Aus vier Jahrhunderten, S. 54. Doch läfst der
Stil der Rubensfchen Nachbildung neueren Kennern es wahrfcheinlich erfcbeinen, dafs der Meifter lie
erft 1629 in London gemalt habe. Gerade 1629 kamen die Originale nach London. Jedenfalls aber
waren fie noch in Mantua, als Rubens da war.
Sechstes Buch. II. Abtheilung. Erfter Abfchnitt.
Rubens
wieder in
Rom.
Seine frühen
Bilder im
Madrider
Mufeum.
Seine Copie
nach
Mantegnas
Triumphzug.
Seine hier
entftandenen
Gemälde, befindet; hier malte er das Gemälde für den Hauptaltar der Chiefa nuova
(S. Maria della Vallicella), welches den heiligen Papft Gregorius, von anderen
Heiligen umgeben, zur Taube des heiligen Geiftes aufblickend und darüber,
als umrahmtes, von Engeln gehaltenes Bild, Maria mit dem Kinde darftellt.
Diefes Gemälde befindet fich jetzt im Mufeum zu Grenoble. Rubens hatte
nämlich gleich, nachdem es vollendet war, eingefehen, dafs es am Hauptaltar
der Kirche zu fchlecht beleuchtet fein würde; er nahm es daher zurück; und
fpäter gelangte es von Antwerpen aus nach Frankreich. Für die römifche
Kirche wiederholte er es in anderer Weife; er theilte den Gegenfiand in drei
Theile und malte als Mittelbild die heilige Jungfrau in der Glorie, als linkes
Seitenbild den heiligen Gregor mit den heiligen Maurus und Papias, als rechtes
in Verehrung der Dreifaltigkeit darftellte, während die Seitenbilder die Taufe
und die Verklärung Chrifti zur Anfchauung brachten. Nur das Mittelbild hat
fich, leider in zwei Stücke zerfchnitten, jetzt in der Bibliothek zu Mantua, er-
halten *). Die Compofition iFt fchon aufserordentlich energifch und fchwungvoll,
die Bildniffe find grofsartig aufgefafst und lebendig durchgeführt; aber der Farbe
fehlt noch die Entwicklung zur vollen Klarheit, Frifche und Wärme. In Mantua
foll Rubens dann auch nach der Anficht der meiften Kenner1 2) das prächtige
Stück des berühmten, jetzt in Hamptoncourt befindlichen Triumphzuges des Julius
Caefar von Andrea Mantegna (vgl. Bd. II, S. 272) copirt haben, welches die
Londoner National Gallery fchmückt. Es ift eine freie Copie, in welcher die relief-
artige Strenge des alten Meifters ganz mit neuem malerifchen Reize umkleidet
erfcheint und kecke Züge dramatifchen Lebens die alten Schranken durchbrechen.
Das Jahr 1606 fah Rubens abermals in Rom; und hier fing fein Stil jetzt an, fich
vollends zu fetzen und zu klären und zugleich jene malerifche Breite und Wucht,
noch verbunden mit verhältnifsmäfsig plaflifcher Fettigkeit, anzunehmen, welche
die reifften Werke feiner italienifchen Zeit auszeichnen. Hier malte er jetzt das
Bildnifs der Marchefa Spinola, welches fich bei Herrn Bankes in Dorfetfhire
Rubens
wieder * in
Mantua. Jefuitenkirche einen grofsen Flügelaltar, deffen Mittelbild die herzogliche Familie
Sein dortiges
Hauptbild.
in Spanien. 1604 dauerte feine erfte Sendung nach Spanien. Im Auftrage des Herzogs von
Mantua hatte er König Philipp III. einen prächtigen Wagen und fieben fchöne
Pferde, dem Herzog Lerma einige Gemälde berühmter Meifter, anderen
fpanifchen Grofsen andere Gefchenke zu überbringen.
In Madrid copirte er Tizians »Adam und Eva«, in Valladolid malte er
für den Herzog von Lerma die beiden alten Philofophen Heraklit und Demo-
krit, den einen weinend, den anderen lachend, beide lebensgrofs in ganzer
Geftalt. Diefe fchnell gemalten Decorationsftücke, welche fich, wie jene Copie,
noch im Mufeum zu Madrid befinden, gehören zu den älteften beglaubigten
erhaltenen Werke feiner Hand. Ihnen reihen die Halbfiguren der zwölf Apoftel
ebendafelbft fich an. Nach Mantua zurückgekehrt, malte er hier jetzt für die
1) Die Taufe Chrifti des Antwerpener Mufeums kann nicht als das eine Seitenbild diefes Altars
gelten. Vgl. F. J. v. d. Branden, Gefchiedenis, p. 422, Anm. I.
2) z. B. Waagen a. a. O., S. 248; Woltmann, Aus vier Jahrhunderten, S. 54. Doch läfst der
Stil der Rubensfchen Nachbildung neueren Kennern es wahrfcheinlich erfcbeinen, dafs der Meifter lie
erft 1629 in London gemalt habe. Gerade 1629 kamen die Originale nach London. Jedenfalls aber
waren fie noch in Mantua, als Rubens da war.