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Sechstes Buch. II. Abtheilung. Erfter Abfchnitt.
kothek, das fürchterlich realifhfche »Martyrium des heiligen Lievin« im Brüffeler
Mufeum, die grofsartige hiftorifche Darftellung des heiligen Ambrofius-, wie er dem
Kaifer Theodofius den Eintritt in die Kirche verweigert, jetzt in der kaiferlichen
Galerie zu Wien, hervorzuheben. Ihnen fchliefsen die »Anbetung der Könige«
von 1624 im Antwerpener Mufeum und »die Flucht Loths« von 1625 im
Louvre zu Paris fich an; und auch die wegen ihrer geiftvollen Anordnung
berühmte Darftellung des heiligen Rochus in der Martinskirche zu Aloft, welche
fchon 1626 von P. Pontius geftochen wurde, gehört hierher. Sodann find
^Gemäfde6 eini&e hiftorifche Gemälde im engeren Sinne des Wortes zu nennen: So die
fchauerlich-fchöne Darftellung der Maffagetenkönigin Tomyris, welche das
Haupt des Cyrus in ein mit Menfchenblut gefülltes Gefäfs tauchen läfst. Rubens
hat fie zweimal gemalt. Das gröfsere Exemplar befitzt Lord Darnley in Eng-
land, das kleinere befindet fich im Louvre zu Paris. So aber auch die liebens-
würdig romantifche Gefchichte vom Grafen Rudolf von Habsburg, der fein
Rofs, auf welches er den Priefter mit dem Sakramente gefetzt, am Zügel über
den Bach führte: ein hübfches, eigenartiges Bild des Meifters im Mufeum zu
Mythoio- Madrid. Befonders lebensvoll wufste Rubens um diefe Zeit die mythologifchen
gifcheStoffe. . . .
Stoffe zu behandeln, einerfeits waren es die Darftellungen aus dem bacchifchen
Kreife, Silene, Satyrn, Bacchantinnen, zu fchönen Gruppen vereinigt, denen er,
wie verfchiedene Bilder in der Petersburger Eremitage, im Berliner Mufeum,
in der Dresdener Galerie, im Madrider Mufeum und in der Münchener Pina-
kothek beweifen, immer neue Seiten abzugewinnen oder durch feine Schüler
abgewinnen zu laffen wufste1); andererfeits waren es anmuthige, bald mehr
Sittenbild- fittenbildlich, bald mehr landfchaftlich aufgefafste Motive, welche er dem heiteren
liehe Dar- . . . .
Heilungen. Kreife der alten Fabelwelt entlehnte; Bilder wie das köftliche Urtheil des Paris
in der National Gallery zu London und wie die allbekannten, überaus lieb-
reizenden fieben nackten Kinder, welche ein Fruchtgewinde fchleppen, in der
Münchener Pinakothek (Fig. 527). Ihnen fchliefst fich die berühmte, bahn-
brechende, doch nur halbmythologifche, zur gröfseren Hälfte moderne, fitten-
Der »Liebes-bildliche Darftellung des »Liebesgartens« (franzöfifch Converfätion a la mode,
nieclerländifch »Venus Lufthof«) an, von der in verfchiedenen Wiederholungen
zwei einigermafsen verfchiedene Darftellungen vorkommen. In beiden fehen
wir in üppigem Parke an plätfeherndem Brunnen, neben einem von kleinen
Liebesg-öttern umflatterten Rofenbaum, eine reiche Gefellfchaft von Herren und
Damen in der Modetracht der Zeit des Meifters fich ergehen und ergötzen;
und in beiden bildet ein kleiner Amor, der fich an den Schoofs der in der
Mitte fitzenden Dame geflüchtet hat, wie den wirklichen, fo auch den geiftigen
Mittelpunkt der Gefellfchaft; die eine der Darftellungen ift aber figurenreicher;
und auf ihr kommt noch das befondere Motiv der Züchtigung des Amor hinzu,
Die yer- jeiI ejne c;er fchönen Frauen, der feine Schützerin zu wehren fucht, mit dem
fchiedenen . ... . .
Exemplare. Fächer fchlagen zu wollen fcheint; diefes Motiv fehlt der zweiten, übrigens
nicht ganz fo reichen Compofition. Das eigenhändige Exemplar diefer letzteren
(leicht veränderter Stich von Clouwet) befindet fich im Madrider Mufeum; ein
anerkannt eigenhändiges Exemplar der Compofition mit der Züchtigung Amors
1) Vgl. Goeler von Ravensburg, a. a. O. S. 83 —100.
Sechstes Buch. II. Abtheilung. Erfter Abfchnitt.
kothek, das fürchterlich realifhfche »Martyrium des heiligen Lievin« im Brüffeler
Mufeum, die grofsartige hiftorifche Darftellung des heiligen Ambrofius-, wie er dem
Kaifer Theodofius den Eintritt in die Kirche verweigert, jetzt in der kaiferlichen
Galerie zu Wien, hervorzuheben. Ihnen fchliefsen die »Anbetung der Könige«
von 1624 im Antwerpener Mufeum und »die Flucht Loths« von 1625 im
Louvre zu Paris fich an; und auch die wegen ihrer geiftvollen Anordnung
berühmte Darftellung des heiligen Rochus in der Martinskirche zu Aloft, welche
fchon 1626 von P. Pontius geftochen wurde, gehört hierher. Sodann find
^Gemäfde6 eini&e hiftorifche Gemälde im engeren Sinne des Wortes zu nennen: So die
fchauerlich-fchöne Darftellung der Maffagetenkönigin Tomyris, welche das
Haupt des Cyrus in ein mit Menfchenblut gefülltes Gefäfs tauchen läfst. Rubens
hat fie zweimal gemalt. Das gröfsere Exemplar befitzt Lord Darnley in Eng-
land, das kleinere befindet fich im Louvre zu Paris. So aber auch die liebens-
würdig romantifche Gefchichte vom Grafen Rudolf von Habsburg, der fein
Rofs, auf welches er den Priefter mit dem Sakramente gefetzt, am Zügel über
den Bach führte: ein hübfches, eigenartiges Bild des Meifters im Mufeum zu
Mythoio- Madrid. Befonders lebensvoll wufste Rubens um diefe Zeit die mythologifchen
gifcheStoffe. . . .
Stoffe zu behandeln, einerfeits waren es die Darftellungen aus dem bacchifchen
Kreife, Silene, Satyrn, Bacchantinnen, zu fchönen Gruppen vereinigt, denen er,
wie verfchiedene Bilder in der Petersburger Eremitage, im Berliner Mufeum,
in der Dresdener Galerie, im Madrider Mufeum und in der Münchener Pina-
kothek beweifen, immer neue Seiten abzugewinnen oder durch feine Schüler
abgewinnen zu laffen wufste1); andererfeits waren es anmuthige, bald mehr
Sittenbild- fittenbildlich, bald mehr landfchaftlich aufgefafste Motive, welche er dem heiteren
liehe Dar- . . . .
Heilungen. Kreife der alten Fabelwelt entlehnte; Bilder wie das köftliche Urtheil des Paris
in der National Gallery zu London und wie die allbekannten, überaus lieb-
reizenden fieben nackten Kinder, welche ein Fruchtgewinde fchleppen, in der
Münchener Pinakothek (Fig. 527). Ihnen fchliefst fich die berühmte, bahn-
brechende, doch nur halbmythologifche, zur gröfseren Hälfte moderne, fitten-
Der »Liebes-bildliche Darftellung des »Liebesgartens« (franzöfifch Converfätion a la mode,
nieclerländifch »Venus Lufthof«) an, von der in verfchiedenen Wiederholungen
zwei einigermafsen verfchiedene Darftellungen vorkommen. In beiden fehen
wir in üppigem Parke an plätfeherndem Brunnen, neben einem von kleinen
Liebesg-öttern umflatterten Rofenbaum, eine reiche Gefellfchaft von Herren und
Damen in der Modetracht der Zeit des Meifters fich ergehen und ergötzen;
und in beiden bildet ein kleiner Amor, der fich an den Schoofs der in der
Mitte fitzenden Dame geflüchtet hat, wie den wirklichen, fo auch den geiftigen
Mittelpunkt der Gefellfchaft; die eine der Darftellungen ift aber figurenreicher;
und auf ihr kommt noch das befondere Motiv der Züchtigung des Amor hinzu,
Die yer- jeiI ejne c;er fchönen Frauen, der feine Schützerin zu wehren fucht, mit dem
fchiedenen . ... . .
Exemplare. Fächer fchlagen zu wollen fcheint; diefes Motiv fehlt der zweiten, übrigens
nicht ganz fo reichen Compofition. Das eigenhändige Exemplar diefer letzteren
(leicht veränderter Stich von Clouwet) befindet fich im Madrider Mufeum; ein
anerkannt eigenhändiges Exemplar der Compofition mit der Züchtigung Amors
1) Vgl. Goeler von Ravensburg, a. a. O. S. 83 —100.