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Sechstes Buch, II. Abtheilung. Erfler Abfchnitt
Die Söhne
des Rubens.
Rubens’
letztes Jahr-
zehnt.
1635
Scho-
rn ehr
deren
fein mufs. Das befte, frifchefte Exemplar diefes zugleich ariftokratifchen und
naiven, fein gezeichneten und in köftlichen Farbenglanz gehüllten Bildes befindet
fich in der Galerie Liechtenftein zu Wien. Das Exemplar der Dresdener
Galerie wird von der belgifchen und franzöfifchen Kritik für eine eigenhändige
Wiederholung, von der deutfchen Kritik der Gegenwart aber nur für eine
Werkftattswiederholung gehalten, an der der Meifter höchftens etwas nach-
geholfen haben könnte ').
Wir gelangen nun unvermerkt ins letzte Jahrzehnt des Lebens des Meifters,
welches ihm, abgefehen von den fchon erwähnten Fortfetzungen feiner Reifen
zu Anfang desfelben und abgefehen auch von der Gicht, die ihn gegen Ende
desfelben plagte, ruhig und heiter im Kreife der Seinen, in der Gunft und
Freundfchaft der Grofsen der Welt, und in unausgefetztem Schäften verflofs.
Rubens war reich genug, um fürftlich leben zu können, ohne weiterzuarbeiten.
Aufser feinem Palafte in Antwerpen bewohnte er zeitweilig im Sommer das
prachtvolle alte Schlofs Steen in der Nähe von Mecheln, welches er
gekauft hatte. Aber es fiel ihm nicht ein zu feiern. Sein künftlerifcher
pfungsdrang liefs ihm keine Ruhe; da er jedoch in diefem Zeitraum
Ruhe hatte, als im vorigen, neben den zahlreichen Werkftattsbildern, an
Ausführung er fich nur in geringem Mafse betheiligte, auch eigenhändige
Schöpfungen zu vollenden, fo haben fich gerade aus diefer Zeit viele köftliche
Bilder feiner Hand erhalten, die doppelt werthvoll find, weil fie uns zugleich
die Wandlung veranfchaulichen, die feine Malweife im Laufe von zwanzig bis
Seme letzte fünfundzwanzig Jahren durchgemacht hatte. Wie viel weichflüffiger, wie viel
mehr auf den Gefammtton hin er jetzt malte, als früher, ift fchon weiter oben
betont worden. Helles Licht und »blumige« Farben find in feinen Gemälden
aus diefer Zeit zu einem Ganzen von unbefchreiblich leuchtendem Schmelze
verbunden.
Die Gemälde
derTriumph-
bögen zur
Feier des
Einzugs des
Cardinal-
Infanten.
Von gröfseren Gemäldefolgen, die in diefem Zeiträume aus Rubens Atelier
hervorgingen, kommen zunächft die decorativen Bilder in Betracht, welche er
1635 aus Anlafs des Einzugs des neuen fpanifchen Statthalters, des Cardinal-
Infanten Ferdinand (Ifabella war ihrem Gatten 1633 ins Jenfeits gefolgt) zum
Schmucke der Siegesbögen erfand und theilweife auch felbft ausführte1 2). Die
Entwürfe des Rubens befinden fich an verfchiedenen Orten, z. B. im Mufeum
von Antwerpen und in der Eremitage zu St. Petersburg. Von den ausgeführten
Gemälden haben fich einige erhalten. Berühmt ift die grofse, unter dem Namen
»Quos ego« bekannte Darftellung des die Fluten beruhigenden Neptun in der
Dresdener Galerie. Sie fchmückte urfprünglich den Siegesbogen bei der Georgs-
kirche, fcheint im Wefentlichen eigenhändig ausgeführt zu lein und zeigt gerade
in intereffanter Weife, wie der Meifter in feinen letzten Jahren malte, wenn er
rafch für einen decorativen Zweck arbeitete. Andere Darftellungen von anderen
Siegesbögen haben fich in der kaiferlichen Galerie zu Wien (»Die Begegnung
des Infanten Carl Ferdinand mit dem König Ferdinand von Ungarn«), im
1) Die näheren Angaben in des Verfaffers Text zu Brauns Dresdener Galeriewerk, Lief, t
(1885), S. 191.
2) Stichwerk: Pompa introitus Ferdinand!. Geftochen in Antwerpen. Hauptlächlich von
Th. v. Thulden.
Sechstes Buch, II. Abtheilung. Erfler Abfchnitt
Die Söhne
des Rubens.
Rubens’
letztes Jahr-
zehnt.
1635
Scho-
rn ehr
deren
fein mufs. Das befte, frifchefte Exemplar diefes zugleich ariftokratifchen und
naiven, fein gezeichneten und in köftlichen Farbenglanz gehüllten Bildes befindet
fich in der Galerie Liechtenftein zu Wien. Das Exemplar der Dresdener
Galerie wird von der belgifchen und franzöfifchen Kritik für eine eigenhändige
Wiederholung, von der deutfchen Kritik der Gegenwart aber nur für eine
Werkftattswiederholung gehalten, an der der Meifter höchftens etwas nach-
geholfen haben könnte ').
Wir gelangen nun unvermerkt ins letzte Jahrzehnt des Lebens des Meifters,
welches ihm, abgefehen von den fchon erwähnten Fortfetzungen feiner Reifen
zu Anfang desfelben und abgefehen auch von der Gicht, die ihn gegen Ende
desfelben plagte, ruhig und heiter im Kreife der Seinen, in der Gunft und
Freundfchaft der Grofsen der Welt, und in unausgefetztem Schäften verflofs.
Rubens war reich genug, um fürftlich leben zu können, ohne weiterzuarbeiten.
Aufser feinem Palafte in Antwerpen bewohnte er zeitweilig im Sommer das
prachtvolle alte Schlofs Steen in der Nähe von Mecheln, welches er
gekauft hatte. Aber es fiel ihm nicht ein zu feiern. Sein künftlerifcher
pfungsdrang liefs ihm keine Ruhe; da er jedoch in diefem Zeitraum
Ruhe hatte, als im vorigen, neben den zahlreichen Werkftattsbildern, an
Ausführung er fich nur in geringem Mafse betheiligte, auch eigenhändige
Schöpfungen zu vollenden, fo haben fich gerade aus diefer Zeit viele köftliche
Bilder feiner Hand erhalten, die doppelt werthvoll find, weil fie uns zugleich
die Wandlung veranfchaulichen, die feine Malweife im Laufe von zwanzig bis
Seme letzte fünfundzwanzig Jahren durchgemacht hatte. Wie viel weichflüffiger, wie viel
mehr auf den Gefammtton hin er jetzt malte, als früher, ift fchon weiter oben
betont worden. Helles Licht und »blumige« Farben find in feinen Gemälden
aus diefer Zeit zu einem Ganzen von unbefchreiblich leuchtendem Schmelze
verbunden.
Die Gemälde
derTriumph-
bögen zur
Feier des
Einzugs des
Cardinal-
Infanten.
Von gröfseren Gemäldefolgen, die in diefem Zeiträume aus Rubens Atelier
hervorgingen, kommen zunächft die decorativen Bilder in Betracht, welche er
1635 aus Anlafs des Einzugs des neuen fpanifchen Statthalters, des Cardinal-
Infanten Ferdinand (Ifabella war ihrem Gatten 1633 ins Jenfeits gefolgt) zum
Schmucke der Siegesbögen erfand und theilweife auch felbft ausführte1 2). Die
Entwürfe des Rubens befinden fich an verfchiedenen Orten, z. B. im Mufeum
von Antwerpen und in der Eremitage zu St. Petersburg. Von den ausgeführten
Gemälden haben fich einige erhalten. Berühmt ift die grofse, unter dem Namen
»Quos ego« bekannte Darftellung des die Fluten beruhigenden Neptun in der
Dresdener Galerie. Sie fchmückte urfprünglich den Siegesbogen bei der Georgs-
kirche, fcheint im Wefentlichen eigenhändig ausgeführt zu lein und zeigt gerade
in intereffanter Weife, wie der Meifter in feinen letzten Jahren malte, wenn er
rafch für einen decorativen Zweck arbeitete. Andere Darftellungen von anderen
Siegesbögen haben fich in der kaiferlichen Galerie zu Wien (»Die Begegnung
des Infanten Carl Ferdinand mit dem König Ferdinand von Ungarn«), im
1) Die näheren Angaben in des Verfaffers Text zu Brauns Dresdener Galeriewerk, Lief, t
(1885), S. 191.
2) Stichwerk: Pompa introitus Ferdinand!. Geftochen in Antwerpen. Hauptlächlich von
Th. v. Thulden.