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Sechstes Buch. II. Abtheilung. Erfler Abfchnitt.
Die
Hiftorien-
bilder feiner
italienifchen
Zeit,
in Genua
(Pal. Balbi
Piovera),
(Pal. Brig-
nole),
in Rom
(Pal.
Borghefe),
(Acc. di
San Luca),
in Florenz
(Pal. Pitti),
in Turin,
felbft und feinem vlämifchen Grundgefühl untreu zu machen. Nur innerhalb der
Kunftweife, die er mitbrachte, wurden feine Umriffe hier reiner und runder,
wurde feine Modellirung hier beftimmter und plaftifcher, wurde feine Färbung
hier fatter, tiefer und feuriger. Die meiften der Werke, die er in Italien fchuf, find
dort geblieben. Von feinen kirchlichen Compofitionen diefer Zeit nennen wir die
beiden fchönen »heiligen Familien« im Palazzo Balbi Piovera, die befonders in
den realiftifchen Pharifäerköpfen ausgezeichnete, übrigens offenbar durch Tizians
berühmtes Bild eingegebene Darftellung des »Zinsgrofchens« im Palazzo Brignole
zu Genua, die »Grablegung« im Palazzo Borghese, die (leider verdorbene)
»heilige Familie« mit zwei Engeln in der Accademia di San Luca zu Rom,
die zugleich von irdifchem Eigenleben und von himmlifcher Schönheit erfüllte
gen Himmel blickende »Madonna« im Palazzo Pitti zu Florenz, die wunderbar
leuchtende grofse »heilige Familie« in der Galerie zu Turin, die »Madonna mit
in Mailand, dem hl. Antonius« in der Brera zu Mailand und das »Martyrium des hl. Lau-
in Venedig, rentius« in S. M. dell’ Orto zu Venedig. Einen weltlichen Gegenftand ftellt
in Vicenza, das fchöne Bild der vier Lebensalter im Mufeum zu Vicenza dar.
Vor allen Dingen aber erlebte van Dyck in Italien feine erfte grofse
Blüthezeit der Bildnifsmalerei. Seine italienifchen Bildniffe liehen auf einem
ganz anderen Boden, als die englifchen feiner fpäteren Zeit. Sie find weniger
zart, hell und vornehm-geiftreich, als diefe letzteren, aber dafür um fo frifcher,
kräftiger und farbenfroher. Zu den farbenkräftigflen Bildniffen van Dycks
gehört feine berühmte Darftellung des Cardinals Bentivoglio im Palazzo Pitti
zu Florenz. Elegant gewendet, fitzt der reich mit feinem Ornat bekleidete
Kirchenfürft in ganzer Geftalt an einem Tifche, auf dem ein Blumenglas fleht.
Von den Säulen des Hintergrundes wallt ein rother Seidenvorhang herab.
Will man die italienifche Bildnifsmalerei van Dycks aber in ihrem ganzen Um-
fange bewundern, fo mufs man immer noch die Paläfte Genuas auffuchen. Im
im Pal Brig- palazzo Brignole - Sale dafelbft tritt uns zunächft fein grofsartiges Reiterbildnifs
nole-Sale, ö ö . . .
des auf kühn verkürztem Rolfe faft von vorn gefehenen Antonio Giulio Brignole
entgegen, welcher den Hut grüfsend in der Rechten fchwenkt, fehen wir ferner
das Bildnifs der Gemahlin diefes Herrn in goldgefticktem, dunkelblauem Seiden-
kleide, eine Rofe in der Hand, fowie die Bildniffe einer Dame in fchwarzer
Seide neben ihrem weifsgekleideten Töchterlein und eines jungen Mannes in
^D^z/o’1' fpanifcher Tracht. Im Palazzo Fil. Durazzo (zugleich Galerie Pallavicini) hängt
van Dycks Prachtbild der Marchefa Durazzo, welche, reich in ganz hellgelbe
Seide gekleidet, vor rothem Vorhänge im Lehnftuhl neben ihren beiden Töchtern
fitzt, deren ältere ein blaues, goldgeflicktes Kleid trägt. Hier hängen aber auch
fein lebensvolles Bild der drei in vorwärtsfehreitender Bewegung dargeftellten
Kinder mit einem Hündchen und das Bildnifs eines weifsgekleideten, an einem
Stuhle flehenden Knaben mit einem Papageyen, einem Aeffchen und mit
im Pai. Früchten. Von feinen Bildniffen im Palazzo Balbi fei dasjenige einer roth-
im Pai. haarigen Dame, im Palazzo G. Doria dasjenige einer Dame in kirfchrothem
Sammet hervorgehoben. Am reichten an Bildniffen van Dycks in Genua find
aber die beiden Paläfte des Marchefe Cattaneo. In dem kleineren, vermietheten,
im kleinen an der Piazza Cattaneo, fällt unter acht Bildniffen feiner Hand befonders das-
P. Cattaneo, ... . . o r i • ••u i
jenige einer Dame auf, der ein Neger einen rothen Sonnemchirm über den
Die.
italienifchen
Bildniffe
van Dycks
im Pal. Pitti
zu Florenz,
in den
Paläften
Genuas :
Sechstes Buch. II. Abtheilung. Erfler Abfchnitt.
Die
Hiftorien-
bilder feiner
italienifchen
Zeit,
in Genua
(Pal. Balbi
Piovera),
(Pal. Brig-
nole),
in Rom
(Pal.
Borghefe),
(Acc. di
San Luca),
in Florenz
(Pal. Pitti),
in Turin,
felbft und feinem vlämifchen Grundgefühl untreu zu machen. Nur innerhalb der
Kunftweife, die er mitbrachte, wurden feine Umriffe hier reiner und runder,
wurde feine Modellirung hier beftimmter und plaftifcher, wurde feine Färbung
hier fatter, tiefer und feuriger. Die meiften der Werke, die er in Italien fchuf, find
dort geblieben. Von feinen kirchlichen Compofitionen diefer Zeit nennen wir die
beiden fchönen »heiligen Familien« im Palazzo Balbi Piovera, die befonders in
den realiftifchen Pharifäerköpfen ausgezeichnete, übrigens offenbar durch Tizians
berühmtes Bild eingegebene Darftellung des »Zinsgrofchens« im Palazzo Brignole
zu Genua, die »Grablegung« im Palazzo Borghese, die (leider verdorbene)
»heilige Familie« mit zwei Engeln in der Accademia di San Luca zu Rom,
die zugleich von irdifchem Eigenleben und von himmlifcher Schönheit erfüllte
gen Himmel blickende »Madonna« im Palazzo Pitti zu Florenz, die wunderbar
leuchtende grofse »heilige Familie« in der Galerie zu Turin, die »Madonna mit
in Mailand, dem hl. Antonius« in der Brera zu Mailand und das »Martyrium des hl. Lau-
in Venedig, rentius« in S. M. dell’ Orto zu Venedig. Einen weltlichen Gegenftand ftellt
in Vicenza, das fchöne Bild der vier Lebensalter im Mufeum zu Vicenza dar.
Vor allen Dingen aber erlebte van Dyck in Italien feine erfte grofse
Blüthezeit der Bildnifsmalerei. Seine italienifchen Bildniffe liehen auf einem
ganz anderen Boden, als die englifchen feiner fpäteren Zeit. Sie find weniger
zart, hell und vornehm-geiftreich, als diefe letzteren, aber dafür um fo frifcher,
kräftiger und farbenfroher. Zu den farbenkräftigflen Bildniffen van Dycks
gehört feine berühmte Darftellung des Cardinals Bentivoglio im Palazzo Pitti
zu Florenz. Elegant gewendet, fitzt der reich mit feinem Ornat bekleidete
Kirchenfürft in ganzer Geftalt an einem Tifche, auf dem ein Blumenglas fleht.
Von den Säulen des Hintergrundes wallt ein rother Seidenvorhang herab.
Will man die italienifche Bildnifsmalerei van Dycks aber in ihrem ganzen Um-
fange bewundern, fo mufs man immer noch die Paläfte Genuas auffuchen. Im
im Pal Brig- palazzo Brignole - Sale dafelbft tritt uns zunächft fein grofsartiges Reiterbildnifs
nole-Sale, ö ö . . .
des auf kühn verkürztem Rolfe faft von vorn gefehenen Antonio Giulio Brignole
entgegen, welcher den Hut grüfsend in der Rechten fchwenkt, fehen wir ferner
das Bildnifs der Gemahlin diefes Herrn in goldgefticktem, dunkelblauem Seiden-
kleide, eine Rofe in der Hand, fowie die Bildniffe einer Dame in fchwarzer
Seide neben ihrem weifsgekleideten Töchterlein und eines jungen Mannes in
^D^z/o’1' fpanifcher Tracht. Im Palazzo Fil. Durazzo (zugleich Galerie Pallavicini) hängt
van Dycks Prachtbild der Marchefa Durazzo, welche, reich in ganz hellgelbe
Seide gekleidet, vor rothem Vorhänge im Lehnftuhl neben ihren beiden Töchtern
fitzt, deren ältere ein blaues, goldgeflicktes Kleid trägt. Hier hängen aber auch
fein lebensvolles Bild der drei in vorwärtsfehreitender Bewegung dargeftellten
Kinder mit einem Hündchen und das Bildnifs eines weifsgekleideten, an einem
Stuhle flehenden Knaben mit einem Papageyen, einem Aeffchen und mit
im Pai. Früchten. Von feinen Bildniffen im Palazzo Balbi fei dasjenige einer roth-
im Pai. haarigen Dame, im Palazzo G. Doria dasjenige einer Dame in kirfchrothem
Sammet hervorgehoben. Am reichten an Bildniffen van Dycks in Genua find
aber die beiden Paläfte des Marchefe Cattaneo. In dem kleineren, vermietheten,
im kleinen an der Piazza Cattaneo, fällt unter acht Bildniffen feiner Hand befonders das-
P. Cattaneo, ... . . o r i • ••u i
jenige einer Dame auf, der ein Neger einen rothen Sonnemchirm über den
Die.
italienifchen
Bildniffe
van Dycks
im Pal. Pitti
zu Florenz,
in den
Paläften
Genuas :