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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0457
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Die vläm.Malerei d. 17. Jahrh. C. Ant. v.Dyck u. die übrigen Schüler u. Mitarbeiter desRubens. 445

Silen. von Satyrn und einer Bacchantin geführt«, darftellt, ift offenbar durch eine
Rubens’fche Compofition (man vergleiche z. B. das Bild im Palazzo Marcello
Durazzo zu Genua) eingegeben worden; aber in der zarten, blaffen Ausführung,
die zu anderen frühen Bildern ftimmt, zeigt es auch erft einen mittelbaren
Einflufs des Meifters. Wir glaubten bei diefen Bildern der Dresdener Galerie ')
verweilen zu müffen, weil fie wichtiger als irgendwelche andere für untere
Kenntnifs der früheften Entwicklung des Meifters find. Ihnen fchliefst die
»Kreuztragung« in der St. Paulskirche zu Antwerpen fich an, ein noch etwas
unbeholfen angeordnetes Bild, welches Bellori als früheftes Werk von Be- P^uiskirche
deutung nennt, das van Dyck gefchaffen habe. werpen.
In Rubens’ Werkftatt wurde der junge Meifter bald kräftiger in der Pinfel- Va"n^rcks
führung, leuchtender in der Farbe, klarer in der Anordnung. Es folgt nun die ^urbe"s’Ei?
keineswegs unbeträchtliche Reihe feiner reifen Jugendwerke, in denen er, wenn Jugend-
auch immer durch eine weichere Farbenharmonie und eine ftillere, ja melancholifche
Seelenftimmung unterfchieden, dem Rubens doch fo nahe kam, wie es ihm über-
haupt möglich war. Hierher gehören feine »Verfpottung Chrifti«, nebft der »Aus-
giefsung des heiligen Geiftes« und den »beiden Johannes« im Berliner Mufeum, in Berlin,
hierher die ganz ähnliche »Verfpottung« nebft der »Gefangennahme Chrifti«
und einem »hl. Hieronymus« in der Madrider Galerie, hierher vor Allem aber, in Madrid,
als das eigentliche Hauptwerk feiner voritalienifchen Zeit, das prächtige Reiter-
bild des »hl. Martin«, welcher, von einem zweiten Reiter begleitet, im Begriff MJ^rinhlz\,
ift, feinen Mantel zwifchen den beiden am Boden hockenden, halbnackten Saventhem-
Bettlern zu theilem Diefes grofse, gut angeordnete, individuell gezeichnete und
fatt gefärbte Gemälde fchmückt noch immer die Pfarrkirche zu Saventhem, für
die es gemalt worden -).
An vier Jahre verweilte van Dyck in Italien, vornehmlich in Genua, wohin ^ajt^^k
er, da er gerade hier mit Beftellungen überfchüttet wurde, immer wieder zurück-
kehrte. Doch war er auch zweimal in Rom und wenigftens einmal in Florenz,
in Bologna, in Venedig, in Mantua, in Turin und auf Sicilien. Wie Rubens,
akklimatifirte er fich, von allen Seiten gefchätzt und gefucht, leicht in Italien;
und das Vorbild der grofsen italienifchen, befonders der venezianifchen Kunft Sti,Iwand-
. lung.
übte auch auf ihn einen nachhaltigen und heilfamen Einflufs aus, ohne ihn fich
1) Auch in Bezug auf die Rubens zugefchriebenen köftlichen Bildniffe eines Herrn, der fich die
Handfchuhe anzieht, und einer Dame, die ihr Kind auf dem Schoofse hält, in der Dresdener Galerie,
bereitet fich in Kennerkreifen die Anficht vor, dafs fie dem van Dyck zurückgegeben werden müffen,
deffen Namen fie trugen, als fie, jedes für 1000 Lire, um die Mitte des vorigen Jahrhunderts aus der
Sammlung des Duc de Tallard in Paris erworben wurden. In der That zeigen fie, fo deutlich
Rubens’ Einflufs fich in ihnen ausfpricht, doch eine weniger energifche, wenn man will eine fein-
fühligere und nervöfere Hand, als die feine. Sie würden jedoch einer etwas fpäteren Zeit des Meifters
angehören.
2) Ein ganz ähnliches Bild hängt unter Rubens’ Namen in Windfor Caftle. Waagen war an-
fangs geneigt, es ganz für ein Jugendwerk van Dycks zu halten; fpäter (Treasures of Art. II, S. 435)
erklärte er es für eines der Werke, welche Rubens unter van Dycks Mitwirkung gemalt. Demnach wäre
es das Original zu dem Bilde in Saventhem und bewiefe, wie eng van Dyck fich damals, wenn er
eigene Aufträge erhielt, an feinen Meifter anfchlofs. Michiels (a. a. O., p. 40—45) hält es dagegen
unter Berufung auf Waagens frühere Anficht für eine Wiederholung des Bildes in Saventhem, die van
Dyck in Italien ausgeführt hätte. — Dem Verfaffer erfchien, als er das Bild in Windfor fall, die fpätere
Anficht Waagens zutreffender.
 
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