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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0508
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Sechstes Buch. II. Abtheilung. Erfter Abfchnitt.

Ein anderer Meifter diefer Reihe, der hauptfächlich Bildnifsgruppen vor-
nehmer Familien in kleinem Mafsftabe und mit der ganzen Umgebung des
Zimmers oder des Gartens, in dem die Familie verfammelt ift, malte, uns aber
gerade auf diefe Weife im Gegenfatze zu v. d. Lamen und Janffens tiefe Blicke
in die gediegene Häuslichkeit der reichen Antwerpener Familien feiner Zeit
Coqueses thun läfst, war Gonzalez Coqzt.es [Cock}, ein Meifter, der trotz der fpanifchen
Sein Leben. Wendung, die er feinem Namen gegeben, ein gut vlämifcher Antwerpener
war; 1618 geboren, 1641 in die Gilde feiner Vaterftadt aufgenommen, blieb
er in ihr auch anfäffig und ftarb hier 1684. Man hat ihn den »kleinen van Dyck«
Schar^ter.' genannt; und in der That thut er es in feinem kleinen Mafsftabe an individu-
eller und doch vornehmer Auffaffung der einzelnen Perfönlichkeit, an mit Kraft
gepaarter Feinheit der Pinfeizeichnung, an leuchtender Wärme und Fülle der
Färbung den beften, frifcheften Schöpfungen van Dycks gleich. Dabei weifs er
die Geftalten feiner Gruppenbilder äufserft lebendig und fprechend in Beziehung
zu einander zu fetzen und das Ganze geiflreich und harmonifch abzurunden.
Gruppen- Die Bilder diefer Art malte er hauptfächlich für die reichen Antwerpener
blLderJnden Familien feiner Zeit; und in mancher von ihnen haben fie fich bis auf den
Sammlungen heutigen Tag erhalten. In den öffentlichen Sammlungen find fie ziemlich
feiten. Das ältefte derartige Bild des Meifters, mit feinem Namen und der
Jahreszahl 1640 bezeichnet, befizt die Caffeler Galerie: es ftellt einen jungen
Gelehrten, der am Tifch über feinem Buche fitzt und eine Dame dar, die am
zu Caffei, Flügel fleht. Die Caffeler Galerie befitzt aber auch noch ein zweites, aus
fünf mit verfchiedenen Handarbeiten befchäftigten Perfonen beftehendes Familien-
London, gqg feiner Hand. Ferner fieht man in der Londoner National Gallery ein
folches Familienftück des Meifters, welches einen Herrn, zwei Damen und fünf
kleine Mädchen, von denen das jüngfte noch Geh-Unterricht erhält, während
das ältefte die Laute fpielt, neben dem Springbrunnen vor ihrem Haufe vereinigt
Peft, zeigt; die Pefter Galerie befitzt in ihrem »Familienconcert« mit acht Theil-
nehmern wohl das feinfte und geiftvollfte aller diefer Bilder; im Mufeum zu
Nantes, Nantes befindet fich die Darftellung einer Familienfcene von zehn Perfonen; im
SDreVsd"en’ Schweriner Mufeum ein »Maleratelier«; und auch das Bild der Dresdener Galerie
(Fig. 545), welches eine Familienbegegnung auf der Terraffe eines Landhaufes
darftellt, gehört zu den charakteriftifchen Werken diefer Art. Das fpätefte der-
im Haag. feJben (Von 1671 datirt) befitzt das Haager Mufeum in feiner bekannten Darftellung
einer Gemäldegalerie. Hier rührt jedoch, wie bei manchen Bildern diefer Art,
nur die Familienfcene am Mitteltifche von der Hand Coques’ her. Die Archi-
tektur hat Ehrenberg gefchaffen, die einzelnen Gemälde an den Wänden find
zum Theil von den Künftlern, die fie vertreten, felbft gemalt und mit ihrem
SeibikiniftLel Namen gezeichnet'). Einzelbildniffe von der Hand des Gonzales Coques be-
Antwerpen, fitzen übrigens noch das Antwerpener, das Berliner und das Schweriner Mufeum,
SciwJrini 6ie Darmftädter Galerie, die Eremitage zu St. Petersburg und die National
St?rpeters- Gallery in London. Am zahlreichften überhaupt aber ift er in den englifchen
Lcmdon PGvatfammlungen vertreten. Zu feinen herrlichften Gruppenbildniffen gehören

i) In Bezug auf ein ähnliches Bild der Münchener Pinakothek ift es zweifelhaft, ob die Figuren
von Coques oder von Biset, den wir fogleich kennen lernen werden, herrühren.
 
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