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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0510
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Sechstes Buch. II. Abtheilung. Erfter Abfchnitt.

Gruppen- die Darftellung der Familie Verhelft auf der Terraffe ihres Kaufes im Buckingham
en'li^Privat- ^a^ace’ »die Mufikftunde« bei Sir Richard Wallace (Hertford Houfe) in London,
fammiungen. fowie Bilder aus der Sammlung Hope dafelbft und aus der Galerie zu Blen-
heim bei Oxford, während z. B. das Gruppenbild im Stafford Houfe zu London
unter der Verfchiedenheit der Hände, die an feinem Hintergründe und feinem
hiftorifchen ßeiweri<e gearbeitet haben, leidet. Sehr feiten malte Coques hiftorifche oder
Bilder allegorifche Bilder; doch muffen als folche »Rudolf von Habsburg und der
in Wien, Priefter« in der Kaiferlichen Galerie zu Wien, »Chriftus mit Martha und Maria«
i^ndon’ in der Galerie Arenberg zu Brüffel, »die fünf Sinne« in der Londoner National
Gallery genannt werden.
Ein verwandter, aber noch viel feltener gewordener Meifter ift Carl Emanuel
Bifet aus Mecheln (1633—1685), der fpäter in Antwerpen thätig war und in
Breda ftarb. Man hat ihn im Gegenfatze zu Coques, dem »kleinen van Dyck»,
den »kleinen Frans Hals« genannt: hauptfächlich wohl wegen des Gegenftandes
feines aufserordentlich frifch, beftimmt und klar durchgeführten Hauptbildes im
Brüffeler Mufeum, welches ein den Apfelfchufs Wilhelm Teils nachahmendes
Schützenkunftftück vor den mit Zufchauern befetzten Schranken der St. Sebaftianus-
Schützengilde zu Antwerpen darftellt. Die Caffeler Galerie befitzt feine Dar-
ftellung eines reichen Mannes, welcher Kleider an Arme austheilt; in der
Galerie Liechtenftein zu Wien ift er mit zwei Darftellungen aus der Praxis
eines Wundarztes vertreten; zwei feine, mit feinem Namen bezeichnete Bild-
niffe von warmer Färbung kamen 1883 auf der Berliner Ausftellung aus dem
Befitze des Herrn Itzinger zum Vorfchein1). Das ift fo ziemlich Alles, was von
diefem tüchtigen Meifter bekannt ift.
Wir kommen nun zu denjenigen Künftlern, welches Alles in allem genommen
eigentlichen jo
Sittenmaier. die bedeutenden, charaktervollften und einflufsreichften der vlämifchen Klein-
maler des 17. Jahrhunderts find, zu den eigentlichen Sittenmalern2), den
Meiftern, welche dem Volksleben der verfchiedenften Kreife feine künftlerifchen
Seiten abgewonnen und es, bald feiner, bald derber aufgefafst, mit hoher tech-
nifcher Meifterfchaft malerifch zur Darftellung gebracht haben.
Drei Haupt- Wir papen jn diefem Fache drei Hauptgruppen von Künftlern zu unter-
gruppen 10 ±1
viämifcher fcheiden, die fich neben einander entwickelt, aber hie und da auch gegenfeitig
beeinflufst haben. Die erfte diefer Gruppen bilden die Angehörigen der Familie
Teniers mit ihren Nachfolgern; die zweite befteht hauptfächlich aus Adriaen
Brouwer und einigen gleichftrebenden Künftlern, der dritten gehören die Mit-
glieder der Familie Ryckaert an. Die Teniers find die vielfeitigften, frucht-
barften und falonfähigften diefer Meifter. Sie verfchmähen neben den Dar-


1) Bode’s Katalog diefer Ausftellung S. 61 ; dazu Reifenberg in der Zeitfchrift f. b. K. 1883.
s. 325—326.
2) Den landläufigen Namen des «Genre» für die von ihnen vertretene Kunftgattung glauben
wir in Zukunft vermeiden zu follen, weil er ebenfo nichtsfagend wie undeutfeh ift. Nicht minder
nichtsfagend ift der Ausdruck »Gattungsmalerei«. Das Wort «Sittenmalerei» deckt den Begriff zwar
auch nicht in allen, aber doch in den meiften Beziehungen. Wir begrüfsen es daher mit Freuden,
dafs er fich neuerdings in untere Kunflfprache einbürgern zu wollen fcheint. So auch Bernh. Riehl-,
Gefchichte des Sittenbildes etc. bis zum Tode P. Brueghels des Älteren, Berlin und Stuttgart 1884. —
Auf diefes Werkchen, welches wir für untere diefelbe Zeit behandelnden Kapitel nicht mehr benutzen
konnten, fei hierdurch nachträglich hingewiefen.
 
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