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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0532
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^20 Sechstes Buch. II. Äbtheilung. Erfler Abfchnitt.
felbft aber können wir, da er Holländer war, erft fpäter befprechen. Wir
jan Miel, haben uns in diefem Zufammenhange daher zunächft an Jan Miel *) zu halten.
Sein Leben. h)iefer ift um 1599 in Flandern, nach Einigen in der Gegend von Antwerpen,
geboren. Er foll in Antwerpen Schüler des Gerard Zegers (oben S. 471)
gewefen fein, was jedoch keineswegs erwiefen ift, fich dann nach Rom begeben
^ickimi"1' und hier an Andrea Sacchi (oben S. 167) angefchloffen haben. Jedenfalls nahm
er in der ewigen Stadt zuerft einen ernften Anlauf zur grofsen Kirchenmalerei.
Seine Seine »Taufe Conftantins« in S. Martino ai Monti foll noch dafelbft erhalten
Arbeiten
in Rom. fein. Auch an der Ausfchmückurig der römifchen Paläfte betheiligte er fich.
Um 1656 noch arbeitete er im Auftrage Papft Alexanders VII. in der Galerie
des Monte Cavallo.2) Aber inzwifchen war er durch P. van Laer auf die
»Bambocciadenmalerei« verfallen und hatte diefes Fach, in dem er fich Michel-
angelo Cerquozzi parallel entwickelte, zu feinem Hauptfache gemacht, durch
welches er fich einen Namen erwarb und Geld verdiente. Bald nach diefer
Seine Werke 2eit berief Carlo Emmanuelo II. ihn nach Turin. Hier wurde er durch Patent
in lunn.
vom 20. October 1658 3) zum Hofmaler ernannt, malte Fresken und Oelbilder
für Kirchen und Schlößer, befonders für die königliche Venaria, fand aber auch
noch Zeit, Staffeleibilder feiner gewohnten Art auszuführen, und hier flarb er
im April 1664, wie Baldinucci andeutet, aus Heimweh nach Rom Die Nach-
welt hielt Jan Miel nur als Sittenmaler in Ehren. Nur als folchen haben auch
wir ihn zu befprechen. Er weifs Scenen aus dem Jäger- und Soldatenleben,
vor allen Dingen aber aus dem Hirten- und Bauernleben im engften Anfchlufs
an P. van Laer lebendig und malerifch aufzufaffen, gefchickt im Zufammen-
hange mit dem ländfchaftlichen Hintergründe zu gruppiren, mit klarer, fefter,
manchmal faft harter, wenn auch Laer gegenüber weicherer Pinfeiführung durch-
zuführen und durch eine wirkfame Vertheilung von Licht und Schatten
zu beleben. Manche feiner Bilder find wegen des Bolusgrundes, auf den fie
Seine gemalt wurden, nachgedunkelt und unfeheinbar geworden. Die hell gebliebenen
erhaltenen » ö 4 4
Bilder aber find in ihrer Frifche und Natürlichkeit nicht ohne Reiz. Die gröfsten
in Turin, öffentlich ausgeftellten Bilder feiner Hand find zwei feiner Turiner Jagdftücke,
jetzt in der Pinakothek zu Turin: die »Affemblea« oder der Jägerfchmaus,
und die »Curea« oder der Aufbruch zur Jagd. Am reichlichften vertreten ift er
im Louvre, im Louvre zu Paris (z. B. das »Picknick«, die »Soldatenraft«, der »Barbier«,
in Madrid, der »Bettler«), im Mufeum zu Madrid (z. B. der »Carneval zu Rom«
mit feinem Gegenftück »der Dorfbarbier«, em »Jägeraufzug«, »Volksfpiele«,
in St. Peters-»der Mufiker«, »Landleute vor ihrer Hütte«), in der Eremitage zu St. Peters-
bürg, '
bürg (z. B. »Jägerraft«, »Jägerfrühftück«, »Bauernluftbarkeit« und einige haupt-
in Rom, fächlich landfchaftliche Darftellungen) und im Palazzo Corfini zu Rom (eine
Reihe von Bildern aus dem italienifchen Volksleben). Aber auch in der Dres-

Beiträge, II, S. 316. Er ift vielmehr um 1590 geboren und fomit älter, als Cerquozzi und Miel, was
feinen Einflufs auf diefe Meifter noch erklärlicher macht.
1) Hauptquelle: F. Baldinucci, Notizie etc. Ed. Milano, 1810, XIII, p„ 39—48. — Dazu
Ed. Fetis, Les artiftes beiges ä l’etranger I, p. 315—334-
2) Bertolotti: Artisti belgi ed olandesi a Roma (Firenze 1880), p. 142.
3) Bertolotti a. a. O., p. 143. — Vgl. auch G. Claretta, Notizie artistiche sul regno di C. E. II.
Torino 1873.
 
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