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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,2) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48522#0054
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582

Sechstes Buch. II. Abtheilung. Zweiter Abfchnitt.

Seine
Radirungen.

Sein Bruder
Jan Gottlieb
Glauber.

Die Stil-
leben-Maler:

Jan Davidsz
de Heern.

Seine kunft-
gefchicht-
licbe Stel-
lung.

Galerie und in manchen anderen Sammlungen find nicht minder charakteriftifch
für ihn, als jene erfteren. Radirt hat er theils nach Gafp. Pouffin’s Gemälden,
theils nach eigenen Zeichnungen;1) und dafs feine Nadel fich ebenfowenig, wie
fein Pinfel, durch Leichtigkeit und geiflreiche Freiheit auszeichnet, ift erklärlich.
Sein jüngerer Bruder Jan Gottlieb Glauber, Myrtill genannt, welcher fchon
1703 zu Breslau geftorben fein foll, wird in feinen Gemälden kaum von ihm
unterfchieden; nur einige Radirungen2 3) laffen fich als fein Werk ausfondern.
Endlich haben wir noch der aufserhalb der Schule Bloemaerts flehenden
Utrechter Stilleben-, Frucht- und Blumenmaler zu gedenken; und auf diefem
Gebiete tritt uns nun in Jan Davidsz de Heern^} der gröfste Meifler nicht nur
Utrechts, nicht nur Hollands, fondern aller Zeiten und Völker entgegen. Jan
Davidsz und fein Sohn Cornelis de Heem gehören halb zur holländifchen, halb
zur Antwerpener Schule4). Den Letzteren würden wir, da er in Antwerpen nicht
nur gelernt, fondern auch hauptfächlich gewirkt hat, in der That fchon in der
Antwerpener Schule behandelt haben, wenn es möglich gewefen wäre, ihn, den
treuen Schüler und Nachahmer feines Vaters, vor diefem zu befprechen. Jan
Davidsz de Heem aber ift, obgleich er lange in Antwerpen gelebt und gemalt
hat, hier durch Daniel Seghers’ vielfarbige Art, die Blumen zu fehen und wieder-
zugeben, nicht unbeeinflufst geblieben, doch nicht nur feiner Herkunft, fondern
auch dem Grundcharakter feiner Werke nach Holländer geblieben. Innerhalb
der holländifchen Schule aber können wir ihn nur nach Utrecht weifen, wo er

Sein Leben. 16065) geboren wurde, wo er Schüler feines übrigens nicht weiter bekannten Vaters
David de Heem war, und wo er, nachdem er 1626 in Leiden geheirathet und
hier faft ein Jahrzehnt gelebt hatte, dann aber über dreifsig Jahre in Ant-
werpen anfäffig gewefen war, fich in feinen älteren Tagen, wenigflens auf ein
Jahrfünft, von 1667—-1672, wieder niederliefs, freilich um dann nach Antwerpen
zurückzukehren, wo er im Winter 1683—84 flarb. De Heem’s frühe Entwicke-
SeiBiidüheS lun£ ift noch nicht ganz aufgeklärt; doch fchlofs er fich in Leiden, wie fein Früh-
in Gotha, ftücksbild von 1628 in der Gothaer Galerie beweifl, zunächfl an die weniger
vielfarbige als bräunlich tonvolle Malerei an, wie fie damals befonders von Haar-
lem aus in Holland zur Herrfchaft gelangte.6) Seine charakteriflifchen Bilder
per Stil aber gehören, wie fchon die verhältnifsmäfsig feltenen Jahreszahlen auf ihnen
Zeit. beweifen, feiner Antwerpener Zeit an; doch bleibt er auch in ihnen, dem weniger
decorativ verwertheten, als feinfühlig durchgebildeten Realismus in der Dar-
flellung aller Einzelheiten nach, und dem, trotz mancher Anläufe, die Localfarben
der Blumen in ihrer ganzen, manchmal kühlen Pracht leuchten zu laffen, doch
immer wiederkehrenden goldigen Grundton nach, der holländifchen Anfchauungs-
weife getreu. Erflaunlich ift in der That die Naturwahrheit, welche er mit
vollem, kräftigem und doch zart und fein ausführendem Pinfel feinen einzelnen

1) Bartfeh, V. p. 377—398; Weigel, Suppl. p. 314—315.
2) Bartfeh, V. p. 398—400; Weigel Suppl. p. 315—316.
3) Hauptnachrichten bei F. J. v. d. Branden, Gefchiedenis der Antwerpfche Schilderfchool,
p. 866—871.
4) Vgl. F. Schlie im Repertorium VIII, 1885, S. 215—216.
5) Diefe richtigen Daten zuerfl durch A. Bredius veröffentlicht in Oud Holland IV p. 264.
6) Ueber diefe Frühzeit des Meifters befonders W. Bode, Studien, S. 229.
 
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