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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,2) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48522#0065
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Die holländifche Malerei des 17. Jahrhunderts. B. Die Haarlemer Schule.

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ihm wegen feines hohen Alters der Gildenbeitrag erlaffen; 1662 mufste er fich,
da feine Kunft ihn nicht mehr ernährte, mit der Bitte um Unterftützung an die
Gemeindeverwaltung feiner Vaterftadt wenden. Er erhielt auch ein einmaliges
Gefchenk von 50 Gulden und bis auf weiteren Befcheid ’) 150 Gulden fürs
Jahr 1662 in vierteljährigen Theilzahlungen; 1664 wurde ihm endgültig eine
jährliche Unterflützung von 200 Gulden zugefagt, die er jedoch nur zwei Jahre
mehr genofs. Er darb Ende Auguft 1666.
Die künftlerifche Jugendentwickelung des Meifters ift nicht vollftändig auf- Seine
geklärt. Sein früheftes bezeichnetes und datirtes Bild befindet fich bei Mr. entwickiung.
Warneck in Paris. Es ift ein kleines Bildnifs des Scriverius, welches die Jahres- sve™ ’^d
zahl 1613 trägt und noch lebhaft an die ältere Haarlemer Schule, an in Paris-
Frans de Grebber, an Corn. Corneliffen und felbft an Karel van Mander er-
innern foll 1 2). Befonders früh hat Frans Hals fich demnach überhaupt nicht ent-
wickelt; und zur Selbfländigkeit hindurchgedrungen erfcheint er erft in feiner
Schützenmahlzeit von 1616 im Haarlemer Mufeum. Diefes Mufeum feiner Vater- s®me
Schutzen-
fladt bewahrt überhaupt faft alle feine lebensgrofsen Schützen- und Regenten- ftücpe im
Rücke; indem wir fie zuerft betrachten, werden wir uns zugleich am beften Mufeum.
den ganzen künftlerifchen Entwickelungsgang des Meifters feit 1616 vergegen-
wärtigen.
Das Bild von 1616 ftellt die Offiziere der St. Georgs-Schützen, die meiften Sch?tazsen.
in fchwarzen Röcken mit roth-weifsen Schärpen, zu denen die orangenfarbene ftü^ on
Schärpe des Oberften einen wirkungsvollen Gegenfatz bildet, beim heiteren
Feftmahl vereinigt dar. Die Anordnung der zwölf Geftalten ift fchlicht, aber
wirkungsvoll und gut abgerundet; die Behandlung ift aufserordentlich kräftig
und ftofflich; das feine weifse Damaft-Tafeltuch und die Schüffeln und Gläfer
auf dem Tifche zeigen Frans Hals auch als Stillebenmaler erften Ranges; doch
find diefe Gegenftände hier natürlich nur das Beiwerk; der Hauptreiz des Bildes
liegt in den bei aller Breite noch kräftig-plaftifch herausmodellirten, fprechend
lebenswahren und lebendig individualifirten Bildnifsköpfen der ehrenfeften
Haarlemer Bürgerfchützen. Der Gefammtton ift braun, wie er damals noch
Mode war, aber tief und fatt, von goldenfonniger Wirkung.
Das zweite Bild, von 1627, ftellt die Offiziere derfelben Schützen elf Jahre St ^‘®rtrs
fpäter, ebenfalls beim heiteren Feftmahl dar. Die Mode hat fich inzwifchen fchützen von
1 . 1627.
verändert; über den zum Theil fchwarzen, zum Theil gelben Waffenröcken tragen
nur noch die älteren der elf Schützen die kurzen runden Halskraufen; die jün-
geren tragen fchon anliegende Faltenkragen; die Schärpen find blau, weifs
oder orange. Roth leuchtet uns, neben diefen Farben, nur aus der Fahne über
der Schulter des fchmucken jungen Fahnenträgers entgegen, welcher fo frifch
und keck dafteht, fo liebenswürdig heiter dreinblickt, dafs er alle Herzen ge-
winnt. (Fig. 558.) Aber auch Hals hatte in den elf Jahren fich wefentlich
weiter entwickelt. Die Anordnung der elf Geftalten ift bedeutend freier und
malerifcher. Links ift fogar ein grofser brauner Vorhang hinter ihnen aufgehängt.
Die Pinfeiführung ift breiter, kecker und geiftvoller. als auf feinem früheren

1) Nur fo ift »par provision« (v. d. Willigen a. a. O. p. 147) zu überfetzen.
2) Der Verfaffer hat es nicht gefehen. Man vgl. jedoch Bode, Studien, S. 34—44.
Gefchichte d. Malerei. III. 3&
 
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