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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,2) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48522#0099
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Die holländifche Malerei des 17. Jahrhunderts. B. Die Haarlemer Schule. 627

verweifen, fodafs wir uns hier nur mit Salomon van Ruisdael und mit Ifack’s

Sohn, dem grofsen Jacob van Ruisdael, und ihren Bildern zu befchäftigen haben.
Salomon van Rnysdael wird um 1600 zu Haarlem geboren fein; 1623 trat er
der Gilde feiner Vaterfiadt bei; 1648 war er Decan derfelben; am 1. November
1670 wurde er begraben. Wer fein Lehrer gewefen, ift nicht bekannt, doch
fcheint es, dafs er, wie van Goijen, aus dem Atelier E. van de Velde’s hervor-
gegangen ift und dafs auch Pieter Molyn und van Goijen nicht ohne Einflufs
auf feine Entwicklung gewefen find. Ihn, wenn nicht zum Schüler, fo doch
zum bewufsten Nachahmer van Goijens zu machen, wie in der Regel gefchieht,
ift fchon aus dem Grunde mifslich, weil er nur wenige Jahre jünger gewefen
fein kann als der letztere und weil diefer feine eigenartige, duftige Vortrags-
weife kaum früher ausbildete, als Salomon Ruysdael die feine. Eine parallele
Entwicklung beider ift viel wahrfcheinlicher. Doch bleibt es eine Thatfache,
dafs die früheren Bilder Salomon Ruysdaels nicht nur in ihren Motiven, baum-
reichen Flufsufern, Dörfern unter Bäumen und dergleichen, fondern auch in ihrer
breiten, leichtgetufchten Art des Baumfchlags und in ihrem halb verfchleierten,
duftigen Lichte eine fo grofse Aehnlichkeit mit denen der entwickelten Zeit
van Goijens haben, dafs fie diefen manchmal zum Verwechfeln ähnlich fehen.
Nur liebt Salomon gerade in diefer Zeit feiner Entwicklung eine kühlere,
grauere Tonleiter als van Goijen und Hellt er das Baumlaub doch in der Regel
nicht gelb und graubraun, wie diefer, fondern zart filbergrün dar. Das Erd-
reich fleht dann allerdings bräunlich, die Staffage farbig dagegen1). Hierher
gehören feine Bilder aus den dreifsiger Jahren: von 1631 die hübfche Land-
fchaft im Peffer und »das Gehöft unweit der See« im Berliner Mufeum, von

Salomon van
Ruysdael.

Sein Leben.

Seine Ent-
wicklung.

Seine
Kunftweife.

Seine Bilder
von 1631,

auch Bilder in der Akademie von Wien (hier dem grofsen Ruisdael zugefchrieben), im Städel’fchen
Inftitut zu Frankfurt a. M. (hier R. de Vries zugefchrieben), in der Münchner Pinakothek (im neuen Ka-
talog in der That als Ifack van Ruisdael) und im Berliner Mufeum (Nachtrag, 1885, S. 47, als Ifack)
werden hierher gerechnet. Entfcheidend würde das früher bei der Grofsfürftin Maria zu Quarto be-
findliche Bild fein, wenn es, wie berichtet, die Jahreszahl 1635 hug. Beftätigt fich diefe Jahreszahl,
fo wird der Verfaffer, welcher das Bild nicht gefehen hat, der Anficht, dafs alle diefe Bilder oder
doch die unter fich übereinftimmenden von ihnen von Ifack van Ruisdael, dem Vater des grofsen
Jacob, herrühren, zuftimmen können. Bis dahin aber kann auch er diefe Hypothefe nur als folche
bezeichnen. Houbraken berichtet ausdrücklich, der Vater Jacobs fei »Ebbenhoute Lyftemaker«
(Ebenholzrahmenmacher) gewefen. Dem Vernehmen nach fleht W. Bode im Begriffe, für die Wiener
»Graphifchen Künfte« eine gröfsere Arbeit über Ruisdael zu veröffentlichen. Hoffentlich wird in
ihr auch diefe Frage entfchieden werden. — II. Jacob van Ruisdael der jüngere, der Sohn
Salomon’s. Auch er ift durch van der Willigen in die Literatur eingeführt. Er war 1664 Mit-
glied der Haarlemer Gilde, liefs fich 1666 in Amfterdam nieder, kehrte dann aber nach Haarlem
zurück, wo er am 16. November 1681 begraben wurde. Ihm find neuere Forfcher geneigt, einige
flauere, fchwächere »J. v. R.« bezeichnete Bilder zuzufchreiben: gedruckt fah der Verfaffer die aller-
dings nur frageweife Zufchreibung eines Bildes an ihn zuerft im Kopenhagener Katalog (ohne Jahr,
1879 gekauft) p. 100, in Bezug auf das fchwache 1652 datirte Bild eines Schloffes im Park Nr. 460;
ohne Vorbehalt ift ihm aber zuerft von O. Eifenmann (Führer, ohne Jahr, 1886 gekauft, p. 10) das
Bild von 1655 in der Caffeler Galerie, welches früher Sal. Ruisdael getauft war, zugefchrieben worden.
Beide Bilder zeigen nicht diefelbe Hand. — Auch diefe Frage ift noch durchaus nicht als entfchieden
anzufehen. Jacob van Ruysdael, Salomon’s Sohn, bezeichnete fich 1673 in Amfterdam felbft als
»winkelier«, Ladenbefitzer, nicht als Maler. Oud Holland III, p. 312.
1) Ob das fchwer braune Bild von 1626 in der Akademie zu St. Petersburg wirklich eine noch
frühere, andere Entwicklungsftufe des Meifters bezeichnet, kann der Verfaffer nicht mit Beftimmtheit
fagen, weil ihm die Echtheit zweifelhaft erfchien.
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