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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,2) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48522#0117
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Die holländifche Malerei des 17. Jahrhunderts. B. Die Haarlemer Schule.

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Pieter Molyn’s ausgegeben und als folcher Pieter Molyn d. j. genannt. Da
aber Pieter Molyn nach der Haarlemer Urkundenforfchung gar keinen Sohn
Namens Pieter hatte1), wogegen Pieter Malier Vater und Sohn urkundlich be-
glaubigte Künftler find2), da ferner Houbraken felbft an anderer Stelle den
Meifter Pieter Molier nennt3) und da eine anfcheinend wohl unterrichtete
italienifche Quelle4) ihn ausdrücklich als Pieter Malier bezeichnet, fo wird man
von feiner Benennung als Pieter Molyn d. j. in Zukunft beffer abfehen.
Pieter Malier, genannt »il Cavaliere Tempefla« foll 1637 in Haarlem ge- Sein Leben,
boren, aber früh nach Italien gegangen fein, wo er fich und feine Malweife voll-
kommen italifirte. Er lebte in Rom, in Genua, wo er wegen des Verdachtes,
feine Gattin ermordet zu haben, lange Jahre im Gefangnifs fafs, und fchliefslich
in Mailand, wo er 1701 ftarb. Seine in bräunlich glühender Tonart breit und Sein Stil-
flott, aber auch ganz decorativ gemalten, übrigens durch befondere Licht-
wirkungen und atmofphärifche Erfcheinungen wirkfam gemachten Landfchaften
mit bald hiftorifcher, bald idyllifcher Staffage fchliefsen fleh nicht einmal an
diejenigen Pouffin’s an, fondern folgen ganz der äufserlichen, mehr fpielenden,
landfchaftlichen Richtung der eigentlichen Italiener feiner Zeit. Nördlich der Sei"f. ?ilder
Alpen find feine Bilder ziemlich feiten, wenngleich doch z. B. die Dresdener Alpen,
Galerie, das Braunfchweiger Mufeum, die kaiferl Galerie zu Wien, die Pefler
Galerie, die Galerie Liechtenftein zu Wien und das Breslauer Mufeum jedes
mehrere Bilder feiner Hand befitzen. In den beiden zuletzt genannten Samm-
lungen ift er fogar mit »Cavagliere P. Tempefla«. bezeichneten, von 1696
und 1701 datirten Bildern vertreten. Südlich den Alpen ift er in den meiften füdli,ch der
Sammlungen zu finden: befonders in den Privatfammlungen der römifchen
Grofsen. Die meiften Bilder feiner Hand aber find in einem der Gemäldefäle
der Ifola Bella im Lago maggiore vereinigt.
Der dritte diefer Meifter, Jan van Nickelen, in deffen Vater wir einen tüchtigen ^Vien
Haarlemer Architekturmaler kennen lernen werden, war 1649 in Haarlem ge-
boren und ftarb 1716 zu Caffel. Er war ein ftiliftifcher Landfehafter jener durch
Cafp. Dughet beeinflufsten Glauber’fchen Richtung. Bezeichnete Bilder feiner
Spätzeit (von 1714 und 1715) fieht man im Schlofse zu Schleifsheim; zwei
andere in der Dresdener Galerie. Auch einige Radirungen feiner Hand find
bekannt.
Im Anfchlufs an die Landfehafter haben wir nun zunächft einige Haar- du Tiüer-
lemer Künftler kennen zu lernen, welche Landfehafter, Thiermaler und fitten-Haarlemer
Schule,
bildliche Figurenmaler zugleich waren, das Hauptgewicht aber auf die Thiere
legten, fo dafs fie in der Regel zu den Thiermalern gerechnet werden. Die
einen von ihnen ftellten Vorzugs weife Rinder, Ziegen, Schafe mit ihren Hütern
in ihrer landfchaftlichen Umgebung dar, die anderen hauptfächlich Pferde, die
fie natürlich im Dienfte der Menfchheit, alfo in Bildern des Strafsen- und Stall-
verkehrs, in Jagdftücken und in Gefechtsfcenen zur Anfchauung brachten.

1) Van der Willigen a. a. O. p. 226.
2) Van der Willigen a. a. O. p. 229.
3) Houbraken ed. 1753 II p. 750.
4) Mufeo Fiorentino III (1756) p. 281.
 
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