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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,2) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48522#0156
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684

Sechstes Buch. II. Abtheilung. Zweiter Abfchnitt.

finden wir vom Jahre 1630, aufser der Darftellung im Tempel, ein kleines Blatt,
welches die Befchneidung Chrifli darflellt.
Schiufs- Was für einen Eindruck der 2 5 jährige Meifter fchon mit allen diefen bis
erfolg feiner J 0
Leidener 1631 in Leiden entflandenen Werken auf feine Zeitgenoffen gemacht, wie bahn-
brechend und fchulbildend er fchon mit ihnen in feiner Vaterftadt gewirkt,
werden wir bei der Befprechung der Leidener Schule weiter verfolgen.
SefieedYunger' Den Zeitpunkt der Ueberfiedlung Rembrandts nach Amfterdam verfetzt
a ifterdam a^ter Biograph Orlers ungefähr ins Jahr 1630; es wurde Ende 1631 ’),
bis er wirklich dort war.

Einflufs des
Ainfterdamer
Kunftlebens
auf
Rembrandt.

Seine
Vermählung.

Seine Bild-
niffe vom
Anfang der
dreifsiger
Jahre in den
Privat-
fammlungen

zu Paris,
zu London,
zu Hamburg.

Wie das Amfterdamer Kunftleben, in welches Rembrandt nunmehr eintrat,
befchaffen war, in welchem Maafse die grofse heimifche Bildnifsmalerei hier
den Ton angab, wie viele tüchtige Künftler einander hier fchon das Feld
streitig machten, haben wir bereits gefehen. Der beliebtefte und unzweifelhaft
auch der fortgefchrittenfte der damaligen Amfterdamer Bildnifsmaler war
Thomas de Keyfer (oben S. 664). Von ihm konnte Rembrandt noch Manches
lernen. Die phantaftifche Ader, welche in ihm fchlug, mufste er einftweilen
dämpfen; die Befteller von Bildniffen wollten fich in ruhigem Lichte und in
forgfältiger, gut verfchmolzener Modellirung dargeftellt fehen. In diefen Dingen
lernte Rembrandt in der That von de Keyfer, liefs ihn aber an Geift der Auf-
faffung und an Feinheit der Licht- und Schatten - Modellirung bald weit hinter
fich zurück. Es gelang dem jungen Leidener rafch, feinerfeits der Modebildnifs-
maler Amfterdams zu werden. Doch dauerte feine Neigung, beflellte Bildniffe
zu malen, nur fo lange, als er darauf angewiefen war. Als er fich 1634 mit
Saskia van Uilenburgh, einem vermögenden Mädchen aus angefehener friefifcher
Familie, verheirathet hatte, wandte er fich anderen Aufgaben zu.
Aus den Jahren 1632, 1633, 1634 haben fich zahlreiche Bildniffe von der
Hand Rembrandt’s erhalten. Sie werden von Jahr zu Jahr freier, innerlich leben-
diger, technifch meifterhafter. Die beften von ihnen, die freilich im Verhältnifs
zu feinen fpäteren*Bildniffen noch zahm, fchlicht und kühl erfcheinen, gehören
bereits zu den tüchtigften Leiftungen des Faches. Häufig findet man fie in den
grofsen Privatfammlungen, in denjenigen der Rothfchilds, der Fürftin Sagan, des
Baron Schneider zu Paris, des Lord Ellesmere, des Sir Richard Wallace, des
Mr. Holford, der Mrs. Hope, des Mr. Cartwright in London, des Herrn Weffel-
hoeft in Hamburg; doch können wir von diefen nur die beiden berühmten
Bilder von 1634 beim Baron Guftave Rothfchild in Paris hervorheben, welche
den Martin Daey und feine Gattin in ganzen, lebensgrofsen Geflalten, vornehm
in der Haltung, frei in der Anordnung, feft und frifch in der malerifchen
Behandlung darftellen.1 2) Herrlich aber ift auch das in weich vertriebener Pinfel-
führung gemalte, einheitlich in fchönem kühlgoldenen Helldunkel gehaltene
Doppelbildnifs des »Schiffbaumeiflers (wohl eher Rheders) und feiner Frau«
von 1633 im Buckingham Palace zu London.

1) Vgl. Bode Studien S. 362—363. — Wie Bredius uns mittheilt, durch feine neuefte Urkunden-
forfchung beftätigt.
2) Es find eben die Bilder, welche dem jetzigen Befitzer zufammen 700,000 Frcs., nach Em.
Michel (a. a. O.) p. 119 fogar jedes 700,000 Frcs., zufammen 1,400,000 Frcs. (?), gekoftet haben.
 
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