Die holländifche Malerei des 17. Jahrhunderts. C. Die Amfterdamer Schule.
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Etwas ausführlicher muffen wir uns Rembrandts Bildniffe aus diefen Jahren Sel"e Blld'
J nilie von
in den -eigentlichen öffentlichen Sammlungen anfehen. Die Jahreszahl 1632 öffentlichen
tragen ein in fein verfchmelzender Technik gemaltes Selbffbildnifs des Meifters Sammlungen
im Dulwich College, das Bildnifs feiner Schwefter in der Brera zu Mailand, das zuc^1“1eg^h
Bildnifs einer Dame, in dem vielleicht fchon feine nachmalige Gattin Saskia zu zu Mailand>
erkennen ift, im Stockholmer Mufeum, das Bildnifs eines jungen Mannes in der Stoc^holm
Gothaer Galerie, das treffliche Bildnifs einer fitzenden jungen Dame in derzu Gotha,
Akademiefammlung zu Wien und das Bruftbild eines jungen Mannes mit kurzem, (AzkuaJem^e),
kaftanienbraunen Haare im Braunfchweiger Mufeum. Als Hauptbild fchliefst z“c®^gn"
fich ihnen das nicht datirte, vorzügliche, ffimmungsvolle Bild des »Coppenol«
in derCaffelerGalerie an. Einen glänzenderen Beweis von Rembrandts Leiftungs- zu Caflei.
fahigkeit als Bildnifsmaler im Jahre 1632 als alle diefe Einzelbildniffe aber giebt
fein in diefem Jahre gemaltes erftes grofses Werk auf dem Gebiete der »Schützen- ))Anaet‘omie«
und Regentenftücke«, feine berühmte »Anatomie« des Haager Mufeums. (Fig. 585.) i^Haager
Rembrandt hatte von der Amfterdamer Chirurgengilde den Auftrag erhalten, Mufeum.
ihre Vorfteher in einer anatomifchen Vorlefung des berühmten Profeffors Dr. Tulp
zu malen. In der Mitte auf dem Secirtifch, kühn verkürzt, mit den Füfsen nach
rechts vorn, liegt der Leichnam. Dr. Tulp in fchwarzem Mantel und Hut fitzt
rechts und beginnt mit der Secirfcheere in der Rechten fein Werk, während
er lehrend die Linke erhebt. Sieben andere Aerzte find ohne Kopfbedeckung
links ums Kopfende der Leiche angeordnet; die meiften fchauen dem Profeffor
aufmerkfam auf die Hand; einige laufchen im Hintergründe. Helles Sonnenlicht
fällt auf die Mitte des faft nackten Körpers, auf die Hand und auf den Kopf
des Profeffors, fowie auf die Köpfe der nächftfitzenden, aufmerkfamften Zu-
hörer. Das Uebrige erfcheint verfchleiert durch das natürliche Halblicht des
gefchloffenen Raumes. Vorn befinden fich die Füfse des Leichnams fchon in
vollem Schatten. Das ungeheure Auffehen, welches diefes Werk, gleich als
es bekannt wurde, erregte, beruhte nicht allein auf der fprechenden Lebens-
wahrheit der einzelnen Dargeftellten und auf der foliden, plaftifch wirkenden
und doch weichen und flüffigen Malweife des Bildes, es beruhte zunächft auf
der lebendig zufammengefafsten Handlung, die hier an die Stelle des mehr
oder weniger unmotivirten Nebeneinander der einzelnen Figuren getreten war,
wie es uns bei den Amfterdamer Vorgängern Rembrandts, wie es uns felbft
bei dem grofsen Haarlemer Frans Hals noch manchmal entgegentritt; es beruhte
aber auch auf der harmonifch abgewogenen Anordnung, vor allen Dingen auf
der Rolle, welche, Rembrandts eigenfter Eigenheit entfprechend, dem Lichte
anftatt der Linienführung bei diefer Anordnung zugefallen war, alfo, wie
fchon zum erften Bilde Rembrandts bemerkt wurde, nur in gefteigertem Mafse,
auf der malerifch vollendeten Verwendung des Lichtes, des Schattens und der
Uebergänge zwifchen beiden zur Hervorhebung des künftlerifchen Grund-
gedankens des Bildes. Die auf diefe Weife erzielte technifche und geiftige
»Bildwirkung« war bei einer lebensgrofsen Bildnifsgruppe noch nicht dagewefen;
fie läfst Rembrandts »Anatomie« noch heute auch jedem, dem die dargeftellten
Perfonen gleichgültig find, als ein Kunftwerk von höchftem Werthe erfcheinen.
Die Jahreszahl 1633 findet fich auf dem frei und warm behandelten Blld"l6^®von
Selbstbildniffe des Meifters im Louvre zu Paris, auf dem fchlichten, wahren in Paris,
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Etwas ausführlicher muffen wir uns Rembrandts Bildniffe aus diefen Jahren Sel"e Blld'
J nilie von
in den -eigentlichen öffentlichen Sammlungen anfehen. Die Jahreszahl 1632 öffentlichen
tragen ein in fein verfchmelzender Technik gemaltes Selbffbildnifs des Meifters Sammlungen
im Dulwich College, das Bildnifs feiner Schwefter in der Brera zu Mailand, das zuc^1“1eg^h
Bildnifs einer Dame, in dem vielleicht fchon feine nachmalige Gattin Saskia zu zu Mailand>
erkennen ift, im Stockholmer Mufeum, das Bildnifs eines jungen Mannes in der Stoc^holm
Gothaer Galerie, das treffliche Bildnifs einer fitzenden jungen Dame in derzu Gotha,
Akademiefammlung zu Wien und das Bruftbild eines jungen Mannes mit kurzem, (AzkuaJem^e),
kaftanienbraunen Haare im Braunfchweiger Mufeum. Als Hauptbild fchliefst z“c®^gn"
fich ihnen das nicht datirte, vorzügliche, ffimmungsvolle Bild des »Coppenol«
in derCaffelerGalerie an. Einen glänzenderen Beweis von Rembrandts Leiftungs- zu Caflei.
fahigkeit als Bildnifsmaler im Jahre 1632 als alle diefe Einzelbildniffe aber giebt
fein in diefem Jahre gemaltes erftes grofses Werk auf dem Gebiete der »Schützen- ))Anaet‘omie«
und Regentenftücke«, feine berühmte »Anatomie« des Haager Mufeums. (Fig. 585.) i^Haager
Rembrandt hatte von der Amfterdamer Chirurgengilde den Auftrag erhalten, Mufeum.
ihre Vorfteher in einer anatomifchen Vorlefung des berühmten Profeffors Dr. Tulp
zu malen. In der Mitte auf dem Secirtifch, kühn verkürzt, mit den Füfsen nach
rechts vorn, liegt der Leichnam. Dr. Tulp in fchwarzem Mantel und Hut fitzt
rechts und beginnt mit der Secirfcheere in der Rechten fein Werk, während
er lehrend die Linke erhebt. Sieben andere Aerzte find ohne Kopfbedeckung
links ums Kopfende der Leiche angeordnet; die meiften fchauen dem Profeffor
aufmerkfam auf die Hand; einige laufchen im Hintergründe. Helles Sonnenlicht
fällt auf die Mitte des faft nackten Körpers, auf die Hand und auf den Kopf
des Profeffors, fowie auf die Köpfe der nächftfitzenden, aufmerkfamften Zu-
hörer. Das Uebrige erfcheint verfchleiert durch das natürliche Halblicht des
gefchloffenen Raumes. Vorn befinden fich die Füfse des Leichnams fchon in
vollem Schatten. Das ungeheure Auffehen, welches diefes Werk, gleich als
es bekannt wurde, erregte, beruhte nicht allein auf der fprechenden Lebens-
wahrheit der einzelnen Dargeftellten und auf der foliden, plaftifch wirkenden
und doch weichen und flüffigen Malweife des Bildes, es beruhte zunächft auf
der lebendig zufammengefafsten Handlung, die hier an die Stelle des mehr
oder weniger unmotivirten Nebeneinander der einzelnen Figuren getreten war,
wie es uns bei den Amfterdamer Vorgängern Rembrandts, wie es uns felbft
bei dem grofsen Haarlemer Frans Hals noch manchmal entgegentritt; es beruhte
aber auch auf der harmonifch abgewogenen Anordnung, vor allen Dingen auf
der Rolle, welche, Rembrandts eigenfter Eigenheit entfprechend, dem Lichte
anftatt der Linienführung bei diefer Anordnung zugefallen war, alfo, wie
fchon zum erften Bilde Rembrandts bemerkt wurde, nur in gefteigertem Mafse,
auf der malerifch vollendeten Verwendung des Lichtes, des Schattens und der
Uebergänge zwifchen beiden zur Hervorhebung des künftlerifchen Grund-
gedankens des Bildes. Die auf diefe Weife erzielte technifche und geiftige
»Bildwirkung« war bei einer lebensgrofsen Bildnifsgruppe noch nicht dagewefen;
fie läfst Rembrandts »Anatomie« noch heute auch jedem, dem die dargeftellten
Perfonen gleichgültig find, als ein Kunftwerk von höchftem Werthe erfcheinen.
Die Jahreszahl 1633 findet fich auf dem frei und warm behandelten Blld"l6^®von
Selbstbildniffe des Meifters im Louvre zu Paris, auf dem fchlichten, wahren in Paris,