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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,2) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48522#0183
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Die holländifche Malerei des 17. Jahrhunderts. C. Die Amfterdamer Schule.

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Wir muffen, gerade der Verwechfelungen wegen, Adriaen Backer doch Backer”
gleich hier einreihen. Diefer war, wie gefagt, 1635 oder 1636 in Amfterdam
geboren und ift 1684 dafelbft geftorben. Nach Houbraken wäre er ein Neffe feinT
des Jacob gewefen. Es giebt unzweifelhafte Hiflorienbilder und unzweifelhafte Kunftweife-
Bildniffe feiner Hand. In den erfleren ift er den idealifirenden Utrechter

Meiftern näher verwandt, als den Rembrandtfchülern; in den letzteren knüpft
er an die Bilder feines Oheims Jakob Adriaensz an, ift aber verblafener und
flauer im Vortrag als diefer. Zu den fchon ihrer Jahreszahl nach nur auf ihn
zurückzuführenden Werken gehören das flaue Semiramis - Bild von 1669 im
Haarlemer Mufeum und der mit feinem voll ausgefchriebenen Namen ver-
fehene »Raub der Sabinerinnen« von 1671 im Braunfeh weiger Mufeum. Un-
zweifelhaft bezeichnete und datirte Regentenftücke feiner Hand find: »Die ana-
tomifche Vorlefung des Prof. Ruyfch von 1670« und die «Sieben Infpectoren
des Collegium Medicum von 1683« im Amfterdamer Reichsmufeum, fowie das
Bild der Vorfteher und der Vorfteherinnen des Alten Männer- und Frauen-
Krankenhaufes von 1676 im Amfterdamer Rathhaus. Ihnen fchliefst fleh das
Bildnifs des Daniel Niellius von 1671 im Reichsmufeum an.
Govaert Flinck^} ift am 25. Jan. 1615 in Cleve geboren und am 2. Febr. 1660
in Amfterdam geftorben. Er war, ehe er zu Rembrandt kam, Schüler deffelben
Meifters in Leeuwarden, wie Jacob A. Backer. In Amfterdam fchlofs er fleh
zunächft in Gefchichtsbildern und Bildniffen eng an Rembrandt an; doch hat
er oft eine eigene, kühlere Farbentonleiter und ift in feinen Compofitionen von
Anfang an nicht fo unabhängig von der alten Ueberlieferung wie fein Meifter.
Später, befonders feitdem die Ausfchmückung des neuen Amfterdamer Rath-
haufes den Künftlern in der Amftelftadt ähnliche grofse decorative Aufgaben
ftellte, wie es im Haag die Auszierung des Huis ten Rofch gethan hatte, ging
er mit Bewufstfein und nicht ganz ohne Grund zu der akademifcheren, mit Um-
riffen und Linien, mit Geberden und Bewegungen rechnenden Kunftweife über,
ohne jedoch die tief einheitliche Farbenftimmung, die er in Rembrandts Werk-
ftatt gelernt hatte, ganz preiszugeben. Diefer künftlerifche Entwickelungsgang des
Meifters drängt fleh uns von felbft auf, wenn wir feine frühften Hiflorienbilder
mit feinen fpäteften vergleichen. Das frühefte ift: «Ifack segnet Jacob« von 1638
im Amfterdamer Reichsmufeum; klar und leuchtend im Helldunkel, ganz Rem-
brandtifch. Bilder deffelben Gegenftandes befitzen die Sammlung Six zu Amfter
dam und die Pinakothek zu München. Ihnen fchliefsen die bezeichnete, von
1640 datirte kleine Verftofsung der Hagar im Pefter Mufeum2) und die bezeich-
nete grofse »Verftofsung der Hagar« im Berliner Mufeum (Fig. 594) fleh an;
dann folgen unbezeichnete Bilder, wie »David und Urias« in der Dresdener
Galerie und die »Verkündigung an die Hirten« im Louvre zu Paris. Den
akademifcheren Decorationsftil feiner fpäteften Zeit dagegen zeigen feine beiden
grofsen Compofitionen im ehemaligen Rathhaufe zu Amfterdam: im Empfangs-
faal das in manchen Beziehungen wirklich grofsartige Riefenbild, welches Curius
Dentatus mit den Samniten, die ihn beftechen wollten, darftellt; im (jetzigen)

Seine Bilder
in Haarlem,
in Braun-
fchweig.

im Reichs-
mufeum und
im Rath-
haufe zu
Amfterdam.

Govaert
Flinck.
Sein Leben
und fein Ent-
wicklungs-
gang.

Seine
Gefchichts-
bilder
im Amfter-
damer
Mufeum,
bei Six in
Amfterdam,
in München,
in Peft,
in Berlin,
in Dresden,
in Paris,

im Amfter-
damer Rath-
haufe.

1) Ausführliche Monographie von H. Havard in L’art et les artistes hollandais II (1880)
p. 72—177 und 197—202.
2) Th. Frimmel in der Chronique des Arts 1887, p. 53.
 
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