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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,2) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48522#0299
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Die holländifche Malerei des 17. Jahrhunderts. F. Die Delfter Schule.

827

Willem van
der Vliet.

DefTen Neffe
Hendrik
Cornelifz
van Vliet.

Ein Bildnifs
des H. C.
van Vliet.

in verfchie-
denenSamm-
lungen.

Die Archi-
tekturbilder
des H. C
van Vliet

Willem’s
Sohn
Hendrik Wil-
lemfz van
der Vliet.

fchlechte kennen zu lernen. Wir flehen bei Nennung^ diefes Namens freilich Die verfchie-
° • denenMeifter
fofort vor der Streitfrage, ob der Figurenmaler und der berühmte Architektur- Namens
maler Hendrik van Vliet eine und diefelbe Perfon find1). Houbraken'2) unter-
fcheidet den Hiflorien- und Bildnifsmaler 'Willem van der Vliet (geboren zu
Delft 1584, geftorben dafelbft 1642), deffen Bildniffe man z. B. im Brüffeler
Mufeum und in der Galerie Liechtenftein zu Wien kennen lernt, von feinem
Neffen Hendrik van Vliet, von dem er ausdrücklich berichtet, dafs er das
Bildnifsmalen bei Mierevelt gelernt habe, aber dafs feine Architekturftücke feinen
Bildniffen vorzuziehen feien. Von diefem wiffen wir jetzt, dafs er Hendrik Cor-
nelifz van Vliet hiefs, 1611 oder 1612 zu Delft geboren war und am 28. Oct. 1675
dafelbft begraben wurde3). Die Sache läge alfo fehr einfach, wenn die Delfter
Urkunden nicht aufserdem noch eines Hendrik Willemfz van der Vliet oder
van Vliet, alfo eines Sohnes jenes Willem, eines Vetters des Hendrik Cornelifz
van Vliet erwähnten, der 1632 der Gilde beitrat und fpäteftens 1650 ftarb4).
Von diefem letzteren rühren nach der Ueberzeugung des Verfaffers das »H van
der Vliet ano 1647« bezeichnete Bild eines luftigen Soldaten mit feiner Familie
in der Kopenhagener Galerie und das »H. van der Vliet 1650« bezeichnete Sitten-
bild »die Nähterin« im Vorrath des Berliner Mufeums her5). Das einzige
eigentliche Bildnifs, welches in Frage fteht, ein recht tüchtiges weibliches Bildnifs
von 1671 im Haarlemer Mufeum, rührt dann natürlich von dem erft 1675 geftor-
benen Hendrik Cornelifz van Vliet her6), von dem ja fchon Houbraken berichtet,
dafs er als Bildnifsmaler Schüler Mierevelt’s, hauptfächlich aber Architektur-
maler gewefen fei. Architekturbilder feiner Hand haben fich denn auch in
der That in beträchtlicher Anzahl erhalten: fchöne, feingeftimmte Bilder weifs-
getünchter holländifcher Kirchen von aufserordentlicher Klarheit und Feinheit
der malerifchen Perfpective, von höchftem Reiz des Helldunkels und der im
ganzen kühlen Farbenftimmung. Sie gehören nach denen Emanuel de Wittes
(oben S. 767), der, wie erwähnt, vorübergehend auch in Delft thätig war, zu
den gefchätzteften und vollendetften Bildern diefer Art. Bezeichnete Architektur-
bilder van Vliets befinden fich in der Akademie zu Wien (ihrer vier), in den
Mufeen des Haag, zu Stockholm, in der Kunfthalle zu Hamburg, bei Herrn
Landfchaftsmaler G. Oeder zu Düffeldorf, im Amfterdamer Reichsmufeum (von
1654), im Schweriner Mufeum (von 1659), in der Sammlung Speck-Sternburg
des Leipziger Mufeums (von 1659), im Amalienftift zu Deffau (von 1663) und
im Rotterdamer Mufeum (von 1666); nicht bezeichnete z. B. im Berliner Mufeum
und in der Münchener Pinakothek.

1) Die Frage wird von Schlie im grofsen Schweriner Verzeichnifs von 1882, S. 667, offen
gelaffen, von den Verfaffern des Berliner Verzeichniffes von 1883, S. 510, aber entfchieden bejaht.
2) Ed. 1753 I, p. 121.
3) Obreeris Archief IV, p. 11. — Vgl. Breditis, Amfterdamer Catalogus 1886, p. 84.
4) Obreeri's Archief I, p. 6, 27, 44.
5) Warum follte Hendrik Willemfz van der Vliet auch nicht zu Anfang 1650 noch gelebt
haben können? Houbraken nennt den Vater diefes Meifters ausdrücklich van der Vliet, im Gegen-
fatze zu dem Architekturmaler van Vliet; und der junge Hendrik Willemfz wird wenigftens in Obreeris
Archief I, p. 6 auch noch van der Vliet genannt, wie diefe Bilder bezeichnet find. Hendrik
Cornelifz aber zeichnete ftets van Vliet.
6) Es ift auch van Vliet, nicht van der Vliet bezeichnet.
 
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