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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,2) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48522#0300
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g2g Sechstes Buch. II. Abtheilung. Zweiter Abfchnitt.
Da wir auf diefe Weife bereits in die Architekturmalerei gerathen find,
fo wollen wir den zweiten tüchtigen Delfter Meifter diefes Faches, der, wenn
er auch kein Delfter, vielmehr wahrfcheinlich Haager1 2 3) von Geburt war, doch
Houck-eeft. 1^>39 Mitglied der Gilde zu Delft wurde, Gerrit van Houckgeeß oder Hoeckgeeß'1},
gleich hier anreihen. Seine Bilder fehen denen des van Vliet oft recht ähnlich,
pflegen aber einfacher in der Anordnung, breiter in der Lichtwirkung, gelber
im Gefammtton, weniger reizvoll in der Durchbildung zu fein. Zwei fchöne
Bilder des Inneren der Delfter Kirche feiner Hand von 1650 und 1651 fleht
man im Haager Mufeum, von 1650 auch ein fchönes Kirchen-Innere bei Herrn
Conful Weber in Hamburg, von 1654 eins im Brüffeler Mufeum, von 1655 eins
in der Kopenhagener Galerie, die noch ein zweites bezeichnetes Bild feiner
Hand befltzt; andere in der Ermitage zu St. Petersburg und in den Mufeen zu
Oldenburg und Aachen.
D1i)eliftefen Kehren wir zu den Delfter F'igurenmalern zurück, fo müßen wir zunächft
FmaUiern’ ^es Adriaen Comelifz van Linfchoten9} gedenken, eines in Italien im Anfchlufs
unfchote" an Caravaggio und Ribera gebildeten Meifters, der um 1590 in Delft geboren
wurde, 1634 oder 1635 das Meifterrecht der dortigen Gilde erwarb4), fpäter
aber im Haag lebte, wo er 1677 ftarb. In allen Quellen und Verkaufskatalogen
fpielt er und fpielen feine Bilder eine Rolle. Doch hat fleh unter feinem Namen
keins erhalten. Wahrfcheinlich gehen fle unter dem Namen italienifcher Meifter.
Dann folgt der Delfter Vertreter jener in Italien durch Elsheimer beeinflufsten
Richtung, als deren mafsgebenden Amfterdamer Meifter wir Pieter Laftman (oben
S. 666) kennen gelernt haben. Der Delfter Meifter diefer Richtung, Leonard
Bramen der 1595 in Delft geboren wurde, jung Italien befuchte, feit 1629 aber
ftets in feiner Vaterftadt wohnte, wo er 1674 ftarb5 *), fchlofs fleh in feinen
^ickiu^g1." noch häufig im Handel vorkommenden, in den Sammlungen aber feltenen
kleinen Jugendbildern eng an Elsheimer an; doch fteigert er fofort die Gegen-
fätze von Licht und Schatten, die paftofe Breite des Farbenauftrags und die
SeiBHdeUrhen kühle, bläuliche Tiefe des Gefammttons. Diefe Richtung fpricht fich z. B. noch
in leinen beiden energifchen kleinen Bildern des Madrider Mufeums aus, welche
»Abraham und die Pingel« und »den Schmerz der Hecuba« (von 1630) dar-
Seinfpäterer ftellen. Gegen Ende der dreifsiger Jahre vergröfserte er fein Format, ohne
jedoch der verhältnifsmäfsigen Kleinheit der Figuren vor ausgebildetem Hinter-
gründe, der jetzt in der Regel Binnenräume darftellt, untreu zu werden, wurde
er wärmer in den mächtig einfallenden Lichtwirkungen, ohne die bläuliche
Kühle der Schatten aufzugeben, wurde er immer freier, aber auch zügellofer
in der Zeichnung, immer kräftiger, aber auch roher im F'arbenauftrag. In
feinen Bildern diefer Art, die in den Sammlungen nicht feiten find, wirkt er
immer derb, oft bis . zur Unerquicklichkeit, dabei aber doch geiftvoll und
intereffant. Er erreicht in ihnen eine, von der gröfseren Derbheit abgefehen,
1) Obreert's Archief IV, p. 8, Anm. 1.
2) Obreen’s Archief I, p. 33.
3) Abr. Bredius’ Auffatz über ihn in Oud Holland II (1884), p. 135—140.
4) Obrem’s Archief I, p. 6.
5) Obreen’s Archief I, p. 25, 44, 59, 64, 70, 71; VI, p. 26. — Vofmaer, Rembrandt, 2. Aufl.
p. 59—61, p. 469—470. — Bode, Studien, S. 19, S. 351—353, S. 393.
 
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