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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,2) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48522#0311
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Die holländifche Malerei des 17. Jahrhunderts. G. Die Meifter von Rotterdam etc. 839
Hirten und Herden« in derfelben Sammlung und fein Hirtenflück mit der
»Flucht nach Aegypten« im Braunfchweiger Mufeum; ähnlich find die »Hirten
im Gebet bei nahendem Unwetter« im Amflerdamer Reichsmufeum, der »Vieh-
markt« und die »Viehweide« in der Ermitage zu St. Petersburg. Die Jahres-
zahl 1658 trägt »Adam im Paradiefe« im Erfurter Mufeum. Von 1660 ift
ein »Viehmarkt« Saftlevens im Mufeum zu Valenciennes datirt; 1678 endlich
find die beiden Gegenftücke in der Dresdener Galerie »Hühnerfütterung in
einer Bauernhütte« und »Entenfütterung vor Bauernhütten«, gemalt.1)
Von den eigentlichen Rotterdamer Sittenmalern ift zunächfl Pieter de Bloot „ Andye
° . Rotterdamer
als ein, wie es fcheint, unter dem unmittelbaren Einflufs Adriaen Brouwer’s Sittenmaler.
. Pieter
(oben S. 509) flehender Meifter von Intereffe. Wir wiffen, dafs er in Rotter- de Bioot.
dam lebte und hier am 2. November 1652 begraben wurde. Er malte,
obgleich er lebendig zu gruppiren verftand, ruhigere Vorgänge als Brouwer, in
der Regel fittenbildlich aufgefafste biblifche Scenen oder Darfleilungen des
Bauernlebens in Binnenräumen; bei forgfältiger Ausführung ziemlich glatt im
Vortrag und kühl in der Farbe, manchmal aber auch flüchtig hingeftrichen.
Zu nennen find: feine noch leicht in hellem Ton gemalte »Rechtsanwaltsflube«
von 1628 im Amfterdamer Reichsmufeum, fein »Chriftus bei Martha und Maria«
von 1637 in der Galerie Liechtenftein zu Wien, feine forgfältiger ausgearbeitete
»Bauernftube« mit dem gefchlachteten Schwein von 1638 in der Caffeler Galerie;
ferner das ziemlich glatte, aber im guten Helldunkel durchgeführte Tobiasbild
und das flaue »ländliche Feft« in der Akademiefammlung zu Wien, denen
fich noch bezeichnete Bilder in der Pefter Galerie und im Aachener Mufeum
anfchliefsen. Manchmal erinnert er ebenfowohl an Ostade (oben S. 609), wie
an Brouwer. Er fcheint doch aus der Haarlemer Schule hervorgegangen zu fein.
Ein echt Rotterdamer Meifter von eigenartigem Gepräge war ferner
Hendrik Martenfz Sorgh, genannt Rokes, der nach Houbraken 1611 2) zu Mlrunfz
Rotterdam geboren wurde, hier ein Schüler des Willem Buyteweck war, aber Sorsh-
auch durch Corn. Saftleven beeinflufst wurde, zu Rotterdam anfäffig blieb
und 1669 oder 1670 dafelbft ftarb. Er malte theils biblifche Gegenftände Stogäiet
in fittenbildlicher Auffaffung, theils wirkliche Sittenbilder, die deflo frifcher und
anfprechender find, je unmittelbarer fie dem Rotterdamer Leben entlehnt find,
theils endlich auch Flufs- und Seeflücke. Seinen Darftellungen in gefchloffenen
Räumen liebte er ein tiefes goldbraunes Helldunkel zu geben; feine halb
oder ganz landfchaftlichen Bilder zeigen dagegen manchmal das feinfle, kühlfte,
wahrfte Naturlicht. Man vergleiche in diefer Beziehung nur den Silberton der
»FifchVerkäuferin« von 1664 mit dem Goldton der Parabel vom Weinberge
von 1667 in der Dresdener Galerie. In feiner Jugend malte Sorgh wiederholt
die »Anbetung der Hirten«. Sein Bild diefes Gegenflandes von 1642 befindet Anbetungen
fich in der Kopenhagener Galerie, eins von 1646 in der St. Petersburger Er- der Hirten-
mitage, von 1649 in der Pefter Galerie. Daneben kommen jedoch auch fchon
1) Die Bezeichnung diefer beiden Bilder ift allerdings ungewöhnlich, fcheint aber echt zu fein.
Wir können uns bis jetzt nicht entfchliefsen, fie mit Schlie und Scheibler dem Egb. van der Poel zuzu-
fchreiben, glauben vielmehr, dafs fie der letzten Stilentwicklung C. Saftleven’s entfprechen.
2) Nicht 1621. Vgl. Houbraken a. a. O. II (Ed. 1753), S. 90. — Nach Houbraken wäre
übrigens Rokes der Familienname, Sorgh der Beiname gewefen. Doch zeichnete er ftets Sorgh.
 
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