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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,2) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48522#0411
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Die fpanifche Malerei des 18. Jahrhunderts.

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bild, welches am unteren Rande hinter einem gemalten Geländer die Ver-
nehmung eines zu diefem Zwecke erweckten Toten durch den heil. Antonius
inmitten lebendig bewegter Volksgruppen darftellt, während im oberen Theil
der Kuppel der Himmel fich über Bergen und Bäumen wölbt. Der Einflufs
Tiepolo’s ift hier unverkennbar, ebenfo unverkennbar aber der trotzig reali-
flifche Sinn Goyas, welchem die heilige Bedeutung des Vorganges gleich-
gültig war.
Genügt die Hervorhebung diefer beiden Werke zur Charakteriftik Goya’s
° ° y religioien
als Freskenmaler, fo können wir auch von feinen religiöfen Oelbildern nur die Oeibiider
wichtigften hervorheben. Seiner unentwickelten Frühzeit gehört der heil.
Franciscus in deffen Kirche zu Madrid an. Sehr charakteriftifch find »die in Madrid,
Gefangennahme Chrifti« in der Sacriftei der Kathedrale zu Toledo und diein Toledo,
Scenen aus dem Leben des heil. Franz von Borja in der Kathedrale zu
Valencia. Werke feines Alters find die beiden weiblichen Heiligen von 1817 in Valencia,
in der Kathedrale zu Sevilla und »die Communion des heil. Jofeph von Cala- Sevilla,
fanz« in der Kirche des heil. Abt Antonius zu Madrid. Dem letzteren Bilde in Madrid,
gegenüber ift am merkwürdigften die Erwägung, dafs 1820 irgendwo in Europa
noch, unbekümmert um die Zeitftrömungen, fo durchaus realiftifch von einem
Akademiedirector gemalt werden durfte
Eine Reihe der charakteriflifchften Bildniffe Goya’s lernt man im Mufeum Bn^niffe
von Madrid kennen, z. B. das grofse, etwas nüchterne Gruppenbild der Familie in Madrid,
Karls IV. und verfchiedene Einzelbildniffe von Mitgliedern der königlichen
Familie, unter ihnen die Darftellungen des Königs und der Königin zu Pferde.
Auch die Academia de San Fernando zu Madrid befitzt noch einige der vor-
züglichften Bildniffe des Meifters. Aufserdem feien noch das eigenthümliche
Bild von Goya’s Freund Afenfi im Palafte San-Telmo zu Sevilla und das 1798 in Sevilla,
gemalte Bild des franzöfifchen Gefandten zu Madrid im Louvre zu Paris Louvre,
erwähnt. Die meiften übrigen befinden fich, zum Theil fchwer zugänglich, noch imb^t7at'
im Privatbefitze der fpanifchen Grofsen.
Von Goya’s eigentlichen Gefchichtsbildern find die berühmteften die beiden Ge(?b;"bts.
grofsen, graufigen, unglaublich wild und breit gemalten Bilder des Madrider
Mufeums, welche Würge-Scenen aus der franzöfifchen Invafion von 1808 dar-
ftellen: am ergreifendften »die Erfchiefsung« vom 3. Mai (in der Regel »el
dos de Mayo«, der 2. Mai, genannt).
Von feinen Sittenbildern müffen zunächft die 22 Darftellungen hervor- Seibie1de1“en'
gehoben werden, welche das Landhaus der Herzöge von Offuna bei Madrid (bHer^,agd"or
fchmücken. Sie ftellen zum Theil phantaftifche Spukgefchichten, zum gröfseren offuna),
Theil aber heitere ländliche Fefte dar, die manchmal an Watteau erinnern,
manchmal, wie »La Romeria de San Isidro«, eine bedeutende landfchaftliche
Wirkung haben. — Von den Stoffen, die er vorzugsweife behandelte, geben
im übrigen fchon die Titel feiner Bilder in der Academia de San Fernando (Xc^demil
einen Begriff: »das Innere eines Narrenhaufes«, »das Stiergefecht im Dorfe«, Fdrenf*d0)
»die Sitzung des Inquifitions-Tribunals«, »die Geifsler«, »das Begräbnifs der
Sardina«. Es find fünf eigenartig behandelte, fein und geiftvoll getönte kleine
Bilder. Berühmt find hier ferner die beiden Bilder der »Maja«: ein ruhendes
junges Weib, einmal bekleidet, einmal nackt, von eigenthümlichem Sinnenreize
 
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