Die fpanifche Malerei des 18. Jahrhunderts.
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umfloffen. Auch die Balconfcene im Palazzo San-Telmo zu Sevilla, die »junge (sänSTZimo)
Frau« im Louvre zu Paris und »die Verkäuferin« in der Pefter Galerie find in m f a"s’
in Peft,
diefem Zufammenhange zu nennen. Manches der Art befindet fich noch im „ . im ,
Pnvatbefitz.
Privatbefitze.
Am bekannteren ift Goya aufserhalb Spaniens durch feine Radirungen, ,, G°ya’s
die in der That nicht nur technifch meifterhaft in ihrer flüchtigen, nur das
Wefentliche hervorhebenden und diefes karikirenden Behandlung find, fondern
auch ihrem wefentlich phantaflifch-fatirifchen Inhalt nach zu den eigenthümlich-
flen Erzeugniffen der Kunft aller Zeiten und Völker gehören. Aufser einer
Reihe von Einzelblättern (obras sueltas) hat Goya fünf gröfsere Folgen radirt.
Die »Caprichos« ]) (Einfälle) (1793—1798) beftehen aus 80 Blättern, welche »caprfchos«.
die Thorheiten, den Aberglauben und die Lafter der Hofgefellfchaft und der
Geifllichkeit, fchliefslich aber auch aller übrigen Stände geifseln. Viele der
Satiren follen fich auf beftimmte Vorgänge beziehen; doch find fie fchon durch
ihre Unterfchriften möglichft verallgemeinert worden. — Die »Kriegsleiden« D\Vden«ss'
(Los Desastres de la Guerra) beftehen ebenfalls aus 80 Biättern, von denen 60
Greuelfcenen aus der Zeit der franzöfifchen Invafion, oft mit phantaftifchen
Zuthaten, fchildern, 20 aber an andere Zeitfragen anknüpfen. Viel befprochen
ift das Blatt »Nada«: ein Toter entfteigt feinem Grabe und fchreibt mit feinem
Leichenfinger das Wort »Nada«, »nichts!« — Die »Tauromaquia« fchildert in
33 Blättern die Gefchichte der fpanifchen Stiergefechte bis zum Tode des 1801
gefallenen Pepe Hillo. — »Los Proverbios« (die Sprüchwörter) oder »Los D‘wörter«d '
Suenos« (die Träume), wie Goya fie felbft genannt hat, find eine Art Fortfetzung
der »Caprichos«. Sie beftehen aus 18 Blatt. Von den »Gefangenen« (Fig. 649), f^|enenü.
welche, um Mitleid zu erwecken, in kraffem Realismus die Qualen der Ge-
feffelten hinter den Kerkermauern fchildern, find nur einige wenige Blätter
erhalten oder fertig geworden.
Wunderbar ift, dafs Goya dem Zorn der Inquifition und dem Verdachte
des Hofes entrann. Gegen die Inquifition, welche ihn allerdings anklagte,
fchützte ihn der König; gegen den Verdacht des Königs aber fchützte Goya
fich felbft durch gefchickte Auslegung. Vielleicht hing feine fchliefsliche
Selbftverbannung nach Frankreich aber doch damit zufammen, dafs er fich in
Spanien nicht ficher fühlte.
Goya leitet die fpanifche Kunft ganz ohne Klafficismus und mit wenig
Romantik unmittelbar aus der Zeit des Verfalles in einen Realismus hinüber, G°ya’s-
welcher ein Vorläufer desjenigen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war.
1) Paul Lefort in der Gazette d. B. A. 1867, XXII, p. 191—205 und 382—395-
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umfloffen. Auch die Balconfcene im Palazzo San-Telmo zu Sevilla, die »junge (sänSTZimo)
Frau« im Louvre zu Paris und »die Verkäuferin« in der Pefter Galerie find in m f a"s’
in Peft,
diefem Zufammenhange zu nennen. Manches der Art befindet fich noch im „ . im ,
Pnvatbefitz.
Privatbefitze.
Am bekannteren ift Goya aufserhalb Spaniens durch feine Radirungen, ,, G°ya’s
die in der That nicht nur technifch meifterhaft in ihrer flüchtigen, nur das
Wefentliche hervorhebenden und diefes karikirenden Behandlung find, fondern
auch ihrem wefentlich phantaflifch-fatirifchen Inhalt nach zu den eigenthümlich-
flen Erzeugniffen der Kunft aller Zeiten und Völker gehören. Aufser einer
Reihe von Einzelblättern (obras sueltas) hat Goya fünf gröfsere Folgen radirt.
Die »Caprichos« ]) (Einfälle) (1793—1798) beftehen aus 80 Blättern, welche »caprfchos«.
die Thorheiten, den Aberglauben und die Lafter der Hofgefellfchaft und der
Geifllichkeit, fchliefslich aber auch aller übrigen Stände geifseln. Viele der
Satiren follen fich auf beftimmte Vorgänge beziehen; doch find fie fchon durch
ihre Unterfchriften möglichft verallgemeinert worden. — Die »Kriegsleiden« D\Vden«ss'
(Los Desastres de la Guerra) beftehen ebenfalls aus 80 Biättern, von denen 60
Greuelfcenen aus der Zeit der franzöfifchen Invafion, oft mit phantaftifchen
Zuthaten, fchildern, 20 aber an andere Zeitfragen anknüpfen. Viel befprochen
ift das Blatt »Nada«: ein Toter entfteigt feinem Grabe und fchreibt mit feinem
Leichenfinger das Wort »Nada«, »nichts!« — Die »Tauromaquia« fchildert in
33 Blättern die Gefchichte der fpanifchen Stiergefechte bis zum Tode des 1801
gefallenen Pepe Hillo. — »Los Proverbios« (die Sprüchwörter) oder »Los D‘wörter«d '
Suenos« (die Träume), wie Goya fie felbft genannt hat, find eine Art Fortfetzung
der »Caprichos«. Sie beftehen aus 18 Blatt. Von den »Gefangenen« (Fig. 649), f^|enenü.
welche, um Mitleid zu erwecken, in kraffem Realismus die Qualen der Ge-
feffelten hinter den Kerkermauern fchildern, find nur einige wenige Blätter
erhalten oder fertig geworden.
Wunderbar ift, dafs Goya dem Zorn der Inquifition und dem Verdachte
des Hofes entrann. Gegen die Inquifition, welche ihn allerdings anklagte,
fchützte ihn der König; gegen den Verdacht des Königs aber fchützte Goya
fich felbft durch gefchickte Auslegung. Vielleicht hing feine fchliefsliche
Selbftverbannung nach Frankreich aber doch damit zufammen, dafs er fich in
Spanien nicht ficher fühlte.
Goya leitet die fpanifche Kunft ganz ohne Klafficismus und mit wenig
Romantik unmittelbar aus der Zeit des Verfalles in einen Realismus hinüber, G°ya’s-
welcher ein Vorläufer desjenigen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war.
1) Paul Lefort in der Gazette d. B. A. 1867, XXII, p. 191—205 und 382—395-