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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,2) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48522#0510
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1038

Siebentes Buch. Fünfter Abfchnitt.

in ruhiger gemüthvoller Feinheit Vorgänge des
Seine eigene »Kinderftube« von 1764 (E. 24),
von 1771 (E. 75), feine beiden »L’Hombre-
»Damenbefuch im Künftleratelier« (E. 14) gehören

1) Herausgegeben Berlin 1885, Blatt, unter dem Titel: »Aus Daniel Chodowiecki’s
Künftlermappe.«

die Göttinger Tafchenkalender von 1792 und 1793 (E. 661 und 686). — Zu
Satiren, Chodowiecki’s beften fatirifchen Sittenpredigten gehören Darftellungen wie »der
Lebenslauf einer Buhlfchweiter« (1771; E. 82), die 12 Blätter »Leben eines
Lüderlichen« zum Berliner genealogifchen Kalender von 1774 (E. 90), das
»Maskenrecht« (E. 121), die 12 Blätter »moralifchen und fatirifchen Inhalts«
für den Lauenburger Kalender von 1779 (E. 231 und 269), die 24 Blätter
»natürlicher und affectirter Handlungen« für den Göttinger Kalender von 1779
und 1780 (E. 256 und 319), die 12 Blätter »Heirathsanträge« (E. 345), die
12 Blätter »Todtentanz« (E. 662) u. f. w. Am meiften er felbft aber iil Chodo-
wiecki doch, wenn er uns
Biidniffe, häuslichen Lebens fchildert.
fein »Familiengruppenblatt«
Tifche« (E. 13 und 22), fein
zu feinen hübfcheften und feinfühligflen Blättern. — Ferner find feine lebendig
aufgefafsten zeitgenöffifchen Biidniffe nicht zu vergeffen. Aufser denjenigen der
preufsifchen Königsfamilie und feiner eigenen Angehörigen, die er fehr oft wieder-
holt hat, feien diejenigen Bafedow’s (E. 105), der Maler Dietrich (E. 118), Graff
(E. 742) und Weitfeh (E. 181), der Dichter Gellert (E. 163), Goethe (E. 166) und
fchaften. Hölty (E. 197b, 204b) hervorgehoben. — Endlich giebt es auch einige Land-
fchaften und flädtifche Veduten feiner Hand (E. 29, 30, 39, 83, 119, 606, 786).—
Natürlich find alle diefe Blätter nur ein winziger Bruchtheil feines Gefammt-
werkes, welches nach Engelmann 2075 Darftellungen auf 978 Platten umfafst.
feichn^gel" Handzeichnungen feiner Hand haben fich ebenfalls in beträchtlicher An-
zahl erhalten. Am köftlichften find die der Berliner Akademie gehörigen 108
nachDanX Tagebuchblätter von feiner 1773 unternommenen »Reife nach Danzig«. Hätte
Chodowiecki nichts weiter hinterlaffen, als diefe Zeichnungen, fo würde er doch
der bedeutendfle deutfehe Sittenfchilderer des 18. Jahrhunderts fein (Fig. 676):
fo frifch, fo unmittelbar, fo lebendig find hier alle Erlebniffe des Künftlers
Heb^h’fche er^a^sb ur*d wiedergegeben. Eine intereffante Sammlung feiner Handzeichnungen ')
Sammlung, befitzt auch Herr J. C. D. Hebich in Hamburg.
Oeitemäide Oelgemälde Chodowiecki’s find ziemlich feiten geworden. Doch befitzt das
in Berlin, Berliner Mufeum zwei Biidniffe feiner Hand und feine Bildchen »Blindekuh«
inu Lf'Pw‘s und »Hahnenfchlag« von 1768, fieht man im Leipziger Mufeum feine charakte-
riftifche »Gefellfchaft im Thiergarten zu Berlin« und kamen auch auf der Ber-
liner Jubiläumsausftellung 1886 einige Bilder feiner Hand zum Vorfchein.
Farbenfrifche und Reiz der malerifchen Technik kann man ihnen nicht nach-
rühmen. Aber ein Stück von Chodowiecki’s Wahrheitsliebe und Beobachtungs-
fchärfe fpricht fich auch in ihnen aus.
Schiufs- Alles in Allem hat Chodowiecki uns ein fo treues Spiegelbild des preufsi-
Würdigung 10 r
chodo- fchen Volkes feiner Zeit hinterlaffen, dafs er uns, auch wenn er uns als Künftler
wiecki s.
weniger feffelte, als er es thut, doch vom fittengefchichtlichen Standpunkte aus
aufs Lebhaftefle anziehen müfste.
Eine Chodowiecki voll entgegengefetzte Natur war wieder Anton Raphael
 
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