Die deutfche Malerei des 18. Jahrhunderts. B. Die hervorragenderen Meifter. i
oben (S. 1030) charakterifirten Anfichten- oder Profpekten-Malerei. Obgleich BeBgü"ung
Hackert von feinen Zeitgenoffen als der gröfste feines Faches anerkannt wurde, fo
hat fein Name bei der Nachwelt doch fo wenig Klang bewahrt, dafs wir ihn kaum
zu den zwölf hervorragendften deutfchen Meiftern des 18. Jahrhunderts zu hellen
wagen würden, wenn nicht Goethe felbft feine Lebensbefchreibung veröffent-
licht hätte. Ein Künftler, dem Goethe *) ein ganzes Buch gewidmet hat, mufs
den Deutfchen für alle Zeiten befonders beachtenswert!} erfcheinen. Jacob
Philipp Hackert wurde am 15. Sept. 1/37 zu Prenzlau in der Uckermark Sein Leben,
geboren; 1753 ging er nach Berlin, wo er Schüler der Akademie wurde; 1762
unternahm er eine landfchaftliche Studienreife nach Rügen; 1765 ging er nach
Paris, wo er Bilder Jofeph Vernet’s (oben S. 982) copirte; 1768 traf er in Rom
ein, von wo aus er in den nächften 14 Jahren zahlreiche Reifen durch ganz
Italien und nach der Schweiz unternahm; 1782 fiedelte er für den gröfsten Theil
des Jahres nach Neapel über, wo er mit einem feiner Brüder in den Dienft
des Königs trat; feit 1786 lebte er als Kammermaler des Königs, der ihn in
jeder Hinficht verwöhnte, in Neapel, bis die Truppen der franzöfifchen Republik
der ganzen dortigen Herrlichkeit ein Ende bereiteten. Hackert liefs fich dar-
auf in Florenz nieder, wo er fich 1803 eine eigene Villa kaufte und im April
1807 ftarb. — Seine grofsen italienifchen Landfchaftsbilder find mit fchlichter, Charakter
feiner Land-
gewiffenhafter Treue beftimmten Gegenden abgefehen, erfcheinen uns für unfer fchaften.
heutiges Urtheil aber trotz ihrer oft vorzüglichen, klaren Luftperfpective, die
eben doch nicht ganz künftlerifch durchempfunden ift, hart, kalt, nüchtern,
manchmal fogar kleinlich in der Behandlung. Befonders gilt dies von feinen Seine Bilder
neapolitanifchen, in der Regel mit königl. Jagden ausgeilatteten Bildern, wie
man fie im Schlöffe Capodimonte und in den anderen neapolitanifchen Schlöffern
fieht. Etwas wärmer und poetifcher find feine fünf grofsen Campagnaland-
fchaften in der Villa Borghefe bei Rom. Andere Werke feiner Hand, unter 1Borg1hefela
ihnen auch componirte Ideallandfchaften, fah der Verfaffer z. B. im Seminario
patriarcale zu Venedig, in den öffentlichen Sammlungen zu Caffel, Hamburg, sl"mrciungen
Gotha, Weimar, Oldenburg, Montpellier und Chantilly. Zu Hackert’s meift
befprochenen Werken gehörten die fechs ganz grofsen Gemälde, welche er
1770 im Auftrag der Kaiferin Katharina von Rufsland malte. Sie ftellen den
Sieg der Ruffen über die Türken in der Seefchlacht bei Tfchesme und die
darauf folgende Verbrennung der türkifchen Flotte dar. Da der Künftler die
rechte Wirkung des in die Luft fliegenden Schiffes nicht fofort herausbrachte,
liefs der ruffifche Admiral mit der Erlaubnifs feiner und der toscanifchen Re-
gierung auf der Rhede von Livorno eine ruffifche Fregatte in die Luft fprengen,
ohne Zweifel das koftbarfte und grofsartigfte Modellfchaufpiel, welches jemals
einem Künftler gewährt worden. Die Bilder hängen vermuthlich noch im
Schlöffe zu Peterhof bei St. Petersburg, in dem fie fich zu Anfang diefes in Peterhof.
Jahrhunderts befanden. — Auch radirt und geftochen hat Hackert fein
Leben lang.
Zu Hackert’s römifchem Kreife, der zugleich der Kreis Goethes war,
1) Zuerft erfchien Goethe’s »Philipp Hackert« 1811. In der 4obändigen Cotta’fchen Hand-
ausgabe der Werke Goethe’s ift fie dem 30. Bande eingefügt. Als Anhang: Heinrich Meyer: Hackert’s
Kunftcharakter und Würdigung feiner Werke.
oben (S. 1030) charakterifirten Anfichten- oder Profpekten-Malerei. Obgleich BeBgü"ung
Hackert von feinen Zeitgenoffen als der gröfste feines Faches anerkannt wurde, fo
hat fein Name bei der Nachwelt doch fo wenig Klang bewahrt, dafs wir ihn kaum
zu den zwölf hervorragendften deutfchen Meiftern des 18. Jahrhunderts zu hellen
wagen würden, wenn nicht Goethe felbft feine Lebensbefchreibung veröffent-
licht hätte. Ein Künftler, dem Goethe *) ein ganzes Buch gewidmet hat, mufs
den Deutfchen für alle Zeiten befonders beachtenswert!} erfcheinen. Jacob
Philipp Hackert wurde am 15. Sept. 1/37 zu Prenzlau in der Uckermark Sein Leben,
geboren; 1753 ging er nach Berlin, wo er Schüler der Akademie wurde; 1762
unternahm er eine landfchaftliche Studienreife nach Rügen; 1765 ging er nach
Paris, wo er Bilder Jofeph Vernet’s (oben S. 982) copirte; 1768 traf er in Rom
ein, von wo aus er in den nächften 14 Jahren zahlreiche Reifen durch ganz
Italien und nach der Schweiz unternahm; 1782 fiedelte er für den gröfsten Theil
des Jahres nach Neapel über, wo er mit einem feiner Brüder in den Dienft
des Königs trat; feit 1786 lebte er als Kammermaler des Königs, der ihn in
jeder Hinficht verwöhnte, in Neapel, bis die Truppen der franzöfifchen Republik
der ganzen dortigen Herrlichkeit ein Ende bereiteten. Hackert liefs fich dar-
auf in Florenz nieder, wo er fich 1803 eine eigene Villa kaufte und im April
1807 ftarb. — Seine grofsen italienifchen Landfchaftsbilder find mit fchlichter, Charakter
feiner Land-
gewiffenhafter Treue beftimmten Gegenden abgefehen, erfcheinen uns für unfer fchaften.
heutiges Urtheil aber trotz ihrer oft vorzüglichen, klaren Luftperfpective, die
eben doch nicht ganz künftlerifch durchempfunden ift, hart, kalt, nüchtern,
manchmal fogar kleinlich in der Behandlung. Befonders gilt dies von feinen Seine Bilder
neapolitanifchen, in der Regel mit königl. Jagden ausgeilatteten Bildern, wie
man fie im Schlöffe Capodimonte und in den anderen neapolitanifchen Schlöffern
fieht. Etwas wärmer und poetifcher find feine fünf grofsen Campagnaland-
fchaften in der Villa Borghefe bei Rom. Andere Werke feiner Hand, unter 1Borg1hefela
ihnen auch componirte Ideallandfchaften, fah der Verfaffer z. B. im Seminario
patriarcale zu Venedig, in den öffentlichen Sammlungen zu Caffel, Hamburg, sl"mrciungen
Gotha, Weimar, Oldenburg, Montpellier und Chantilly. Zu Hackert’s meift
befprochenen Werken gehörten die fechs ganz grofsen Gemälde, welche er
1770 im Auftrag der Kaiferin Katharina von Rufsland malte. Sie ftellen den
Sieg der Ruffen über die Türken in der Seefchlacht bei Tfchesme und die
darauf folgende Verbrennung der türkifchen Flotte dar. Da der Künftler die
rechte Wirkung des in die Luft fliegenden Schiffes nicht fofort herausbrachte,
liefs der ruffifche Admiral mit der Erlaubnifs feiner und der toscanifchen Re-
gierung auf der Rhede von Livorno eine ruffifche Fregatte in die Luft fprengen,
ohne Zweifel das koftbarfte und grofsartigfte Modellfchaufpiel, welches jemals
einem Künftler gewährt worden. Die Bilder hängen vermuthlich noch im
Schlöffe zu Peterhof bei St. Petersburg, in dem fie fich zu Anfang diefes in Peterhof.
Jahrhunderts befanden. — Auch radirt und geftochen hat Hackert fein
Leben lang.
Zu Hackert’s römifchem Kreife, der zugleich der Kreis Goethes war,
1) Zuerft erfchien Goethe’s »Philipp Hackert« 1811. In der 4obändigen Cotta’fchen Hand-
ausgabe der Werke Goethe’s ift fie dem 30. Bande eingefügt. Als Anhang: Heinrich Meyer: Hackert’s
Kunftcharakter und Würdigung feiner Werke.