Die englifche Malerei des 18. Jahrhunderts. B. Die jüngeren Maler.
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of Arts« ernannt; 1774 trat er felbft die Reife über den Ozean an, verweilte
fofort ein Jahr in Rom und liefs fich 1775 in London nieder, wo er rafch ein
gefchätzter Bildnifsmaler wurde, noch mehr Auffehen aber durch feine Gefchichts-
bilder erregte und nach einem thätigen Leben am 9. Sept. 1815 ftarb. Copley
war durch die italienifche Kunft unberührt geblieben. Er verlieh auch feinen
in der Regel der Zeitgefchichte entlehnten Gefchichtsbildern durch forgfältige
Beobachtung der Porträtähnlichkeit jeder einzelnen dargeflellten Perfönlichkeit
den Charakter realiftifch in Handlung verfetzter Bildnifsgruppen und wirkte
gerade dadurch günftig auf die Entwickelung der englifchen Schule ein. Die
Anordnung feiner Bilder ift gefchickt, ihre Malweife ift kräftig und gefund, ihre
Färbung, foweit fie nicht durch fpäteren Firnifs vergilbt ift, klar und frifch.
Sein bedeutendftes erhaltenes Bildnifswerk ift dasjenige der kleinen Prinzeffmnen
Mary, Sophia und Amalia, die mit Hunden und Papageien im Garten gruppirt
find. Früher befand es fich in Windfor Caftle, jetzt hängt es im Buckingham
Palace. Als Gefchichtsmaler ift er durch einige Hauptwerke in der National
Gallery zu London vertreten: durch fein berühmtes Bild, welches den Tod
(richtiger die Ohnmacht, welche feinen Tod zur Folge hatte) Lord Chathams
(William Pitt’s) im Haufe der Lords (1778) darftellt und durch fein nicht minder
gepriefenes Bild des Todes des Major Pierfon (1781) im fiegreichen Kampfe
gegen die Franzofen auf Jerfey. Auch befitzt die National Gallery die Skizze
zu feinem viel bewunderten grofsen Bilde in der Guildhall zu London, welches
die Befreiung Gibraltars durch Lord Heathfield veranfchaulicht, fich leider aber
in einem Zufland arger Befchmutzung befand, als der Verfaffer es fah.
Etwas jünger an Jahren als Copley, aber länger in Europa und früher eine
europäifche Berühmtheit als diefer, war Benjamin Weß]\ P. R. A. Am 10. October Bweft'n
1738 in Pennfylvanien in Nordamerika geboren, hatte er fich fchon einiges Sein Leben-
Anfehen als Bildnifsmaler in New York erworben, als er fich 1760 direct nach
Italien einfchiffte, in Livorno landete und fich drei Jahre in Rom, Florenz, Ve-
nedig und anderen italienifchen Kunftftädten aufhielt; 1763 liefs er fich als
fertiger Meifter in London nieder. Hier wurde er 1765 Director der »Incor-
porated Society«, ging aber gleich 1768 mit zur Royal Academy über, deren
Präfident er 1792 nach Reynolds’ Tode wurde. König Georg III., der ihn
1772 zu feinem Hofmaler, 1790 zum Oberauffeher feiner Gemäldefammlungen
ernannte, befchäftigte ihn in der umfaffendften Weife und zahlte ihm unerhörte
Preife für feine Bilder. Ueberhaupt gehörte er, folange er lebte, zu den höchft Seinu'^uhm
gefchätzten und bezahlten Meiftern feiner Zeit. Bald nachdem er am 11. März Nachruhm-
1820 das Zeitliche gefegnet, trat aber ein gewaltiger Umfchwung in feiner
Werthfehätzung ein. Für die »Verkündigung«, welche eine Zeit lang Marylebone
Church fchmückte, hatte der Meifter 16000 Mark bekommen, was für ihn, der
61000 Mark für einzelne Bilder erzielt hatte, fchon fehr wenig war; 1840 wurde
es für 200 Mark(!) verkauft. — In der That erklärt fich die gewaltige Schätzung,
die er in England erfuhr, nur daraus, dafs »Hiftorienbilder« grofsen Stils und
correcter Zeichnung vor feiner Zeit von Engländern überhaupt noch kaum
1) John Galt: The Life, studies and works of Benjamin Weil London 1820. — Neue Aus-
gabe 1826.
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of Arts« ernannt; 1774 trat er felbft die Reife über den Ozean an, verweilte
fofort ein Jahr in Rom und liefs fich 1775 in London nieder, wo er rafch ein
gefchätzter Bildnifsmaler wurde, noch mehr Auffehen aber durch feine Gefchichts-
bilder erregte und nach einem thätigen Leben am 9. Sept. 1815 ftarb. Copley
war durch die italienifche Kunft unberührt geblieben. Er verlieh auch feinen
in der Regel der Zeitgefchichte entlehnten Gefchichtsbildern durch forgfältige
Beobachtung der Porträtähnlichkeit jeder einzelnen dargeflellten Perfönlichkeit
den Charakter realiftifch in Handlung verfetzter Bildnifsgruppen und wirkte
gerade dadurch günftig auf die Entwickelung der englifchen Schule ein. Die
Anordnung feiner Bilder ift gefchickt, ihre Malweife ift kräftig und gefund, ihre
Färbung, foweit fie nicht durch fpäteren Firnifs vergilbt ift, klar und frifch.
Sein bedeutendftes erhaltenes Bildnifswerk ift dasjenige der kleinen Prinzeffmnen
Mary, Sophia und Amalia, die mit Hunden und Papageien im Garten gruppirt
find. Früher befand es fich in Windfor Caftle, jetzt hängt es im Buckingham
Palace. Als Gefchichtsmaler ift er durch einige Hauptwerke in der National
Gallery zu London vertreten: durch fein berühmtes Bild, welches den Tod
(richtiger die Ohnmacht, welche feinen Tod zur Folge hatte) Lord Chathams
(William Pitt’s) im Haufe der Lords (1778) darftellt und durch fein nicht minder
gepriefenes Bild des Todes des Major Pierfon (1781) im fiegreichen Kampfe
gegen die Franzofen auf Jerfey. Auch befitzt die National Gallery die Skizze
zu feinem viel bewunderten grofsen Bilde in der Guildhall zu London, welches
die Befreiung Gibraltars durch Lord Heathfield veranfchaulicht, fich leider aber
in einem Zufland arger Befchmutzung befand, als der Verfaffer es fah.
Etwas jünger an Jahren als Copley, aber länger in Europa und früher eine
europäifche Berühmtheit als diefer, war Benjamin Weß]\ P. R. A. Am 10. October Bweft'n
1738 in Pennfylvanien in Nordamerika geboren, hatte er fich fchon einiges Sein Leben-
Anfehen als Bildnifsmaler in New York erworben, als er fich 1760 direct nach
Italien einfchiffte, in Livorno landete und fich drei Jahre in Rom, Florenz, Ve-
nedig und anderen italienifchen Kunftftädten aufhielt; 1763 liefs er fich als
fertiger Meifter in London nieder. Hier wurde er 1765 Director der »Incor-
porated Society«, ging aber gleich 1768 mit zur Royal Academy über, deren
Präfident er 1792 nach Reynolds’ Tode wurde. König Georg III., der ihn
1772 zu feinem Hofmaler, 1790 zum Oberauffeher feiner Gemäldefammlungen
ernannte, befchäftigte ihn in der umfaffendften Weife und zahlte ihm unerhörte
Preife für feine Bilder. Ueberhaupt gehörte er, folange er lebte, zu den höchft Seinu'^uhm
gefchätzten und bezahlten Meiftern feiner Zeit. Bald nachdem er am 11. März Nachruhm-
1820 das Zeitliche gefegnet, trat aber ein gewaltiger Umfchwung in feiner
Werthfehätzung ein. Für die »Verkündigung«, welche eine Zeit lang Marylebone
Church fchmückte, hatte der Meifter 16000 Mark bekommen, was für ihn, der
61000 Mark für einzelne Bilder erzielt hatte, fchon fehr wenig war; 1840 wurde
es für 200 Mark(!) verkauft. — In der That erklärt fich die gewaltige Schätzung,
die er in England erfuhr, nur daraus, dafs »Hiftorienbilder« grofsen Stils und
correcter Zeichnung vor feiner Zeit von Engländern überhaupt noch kaum
1) John Galt: The Life, studies and works of Benjamin Weil London 1820. — Neue Aus-
gabe 1826.
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