Die englifche Malerei des 18. Jahrhunderts. B. Die jüngeren Maler. IIO5
Affociate, 1802 Mitglied, 1807 Profeffor der Royal Academy. Studienreifen
machte er nach und nach durch die verfchiedenften Länder Europas, lebte
daheim aber, grofse Schätze durch feine Kunft fammelnd (er hinterliefs gegen
3 000 000 Mk.), einfach und ungefellig, ja menfchenfcheu, bis er am 19. Dec.
1851 unter angenommenem Namen in einer kleinen Wirthfchaft an Batterfea
Bridge, in welcher er manchmal vorübergehend zu wohnen pflegte, erkrankte
und ftarb.
Neben feinen Landfchaften und Seeftücken, welche treue, wenn auch künft- Sein
. e . Stoffgebiet,
lenfch geweihte Spiegelbilder beftimmter Gegenden find und keine andere
Staffage haben, als die moderne, landfchaftlich - natürliche, malte Turner von
Anfang an hiftorifche und mythologifche Landfchaften, in denen die phantaftifche
Architektur oft wunderbar aus einem Guffe mit der Landfchaft erfcheint, die
handelnden Geftalten aber als folche keineswegs hervortreten, vielmehr in der
ftimmungsvollen GefammtWirkung verfchwinden. Je älter Turner wurde, defto
häufiger wählte er folche Vorwürfe aus der Gefchichte und der Dichtkunft, s|Xn^uf’
defto eigenartiger fuchte er aber die poetifche oder gefchichtliche Empfindung,
auf die es ihm ankam, nur durch die landfchaftliche Stimmung zum Ausdruck
zu bringen, und defto überzeugter und überzeugender Stellte er nicht lineare
Wirkungen, fondern nur Licht- und Farbenftimmungen in den Dienft diefer land-
schaftlichen Stimmung.
Während des erften Zeitraumes feiner Thätigkeit, etwa von 1800 181S, Seine Art
bilden realiftifche Gegenstände noch die Mehrzahl feiner Bilder, malt er bei i8o°— äs-
aller Breite und Leichtigkeit noch feft und gediegen in der Formengebung
und der doch fchon leuchtenden und feurigen Färbung, und kommen manch-
mal Anklänge an ältere Meifter, die er ftudirt, an Claude Lorrain und an
Cuyp, zum Durchbruch. An der Grenze diefer und der zweiten Epoche flehen Bjldej: differ
J 1 Art m der
die beiden Bilder Turner’s, welche er der National Gallery in London unter der National
' , Gallery.
Bedingung vermachte, dafs fie neben die fchönflen Claudes der Sammlung
gehängt würden. Die Bedingung ift erfüllt worden. Die beiden herrlichen,
leuchtenden, aber auch noch formen- und farbenfeflen Bilder »Sonnenaufgang
im Nebel über dem Meere« (1807) und »die Erbauung Karthagos durch Dido«
(1815) hängen neben den beften Bildern Claude’s der National Gallery — und
Schlägen fie an Grossartigkeit der GeSammtanordnung und an Leuchtkraft der
Färbung. Zu den beflen Bildern der National Gallery aus diefer erften Periode
Turners gehören ferner z. B., als realiftifche Stoffe, der Blick auf Clapham
Common mit den fchönen Bäumen, die Anficht des Hafens von Calais, »der
Schiffbruch«, »die Schmiede«, »die Kriegsfchifife bei Spithead«, die an Cuyp
erinnernden Bilder »Morgenlandfchaft mit der Anficht von Abingdon an der
Themfe«, »Croffing the Brook« (1805), »Sonnenaufgang an kaltem Morgen«
und »Erntemahlzeit am Themfeufer bei Kingfton«. Im Uebergang zu Turners
hiftoriSchen Bildern dieSes Zeitraumes fleht die groSsartige 1808 vollendete Dar-
stellung des Todes NelSon’s in der Schlacht bei Trafalgar. Poetifche, in der
Auffaffung Sich mehr oder weniger Claude Lorrain nähernde Bilder diefer Früh-
zeit des Meiflers find z. B. »die Zerstörung Sodoms«, »Eris im Garten der
Hefperiden«, »Apollon, den Python tödtend«, »die Sündfluth«, »Dido und Aeneas
auf die Jagd ziehend«, »Apulejus und Apuleja« und »der Verfall Karthago’s.«
Gefchichte d. Malerei. III. (III, 2.) 7®
Affociate, 1802 Mitglied, 1807 Profeffor der Royal Academy. Studienreifen
machte er nach und nach durch die verfchiedenften Länder Europas, lebte
daheim aber, grofse Schätze durch feine Kunft fammelnd (er hinterliefs gegen
3 000 000 Mk.), einfach und ungefellig, ja menfchenfcheu, bis er am 19. Dec.
1851 unter angenommenem Namen in einer kleinen Wirthfchaft an Batterfea
Bridge, in welcher er manchmal vorübergehend zu wohnen pflegte, erkrankte
und ftarb.
Neben feinen Landfchaften und Seeftücken, welche treue, wenn auch künft- Sein
. e . Stoffgebiet,
lenfch geweihte Spiegelbilder beftimmter Gegenden find und keine andere
Staffage haben, als die moderne, landfchaftlich - natürliche, malte Turner von
Anfang an hiftorifche und mythologifche Landfchaften, in denen die phantaftifche
Architektur oft wunderbar aus einem Guffe mit der Landfchaft erfcheint, die
handelnden Geftalten aber als folche keineswegs hervortreten, vielmehr in der
ftimmungsvollen GefammtWirkung verfchwinden. Je älter Turner wurde, defto
häufiger wählte er folche Vorwürfe aus der Gefchichte und der Dichtkunft, s|Xn^uf’
defto eigenartiger fuchte er aber die poetifche oder gefchichtliche Empfindung,
auf die es ihm ankam, nur durch die landfchaftliche Stimmung zum Ausdruck
zu bringen, und defto überzeugter und überzeugender Stellte er nicht lineare
Wirkungen, fondern nur Licht- und Farbenftimmungen in den Dienft diefer land-
schaftlichen Stimmung.
Während des erften Zeitraumes feiner Thätigkeit, etwa von 1800 181S, Seine Art
bilden realiftifche Gegenstände noch die Mehrzahl feiner Bilder, malt er bei i8o°— äs-
aller Breite und Leichtigkeit noch feft und gediegen in der Formengebung
und der doch fchon leuchtenden und feurigen Färbung, und kommen manch-
mal Anklänge an ältere Meifter, die er ftudirt, an Claude Lorrain und an
Cuyp, zum Durchbruch. An der Grenze diefer und der zweiten Epoche flehen Bjldej: differ
J 1 Art m der
die beiden Bilder Turner’s, welche er der National Gallery in London unter der National
' , Gallery.
Bedingung vermachte, dafs fie neben die fchönflen Claudes der Sammlung
gehängt würden. Die Bedingung ift erfüllt worden. Die beiden herrlichen,
leuchtenden, aber auch noch formen- und farbenfeflen Bilder »Sonnenaufgang
im Nebel über dem Meere« (1807) und »die Erbauung Karthagos durch Dido«
(1815) hängen neben den beften Bildern Claude’s der National Gallery — und
Schlägen fie an Grossartigkeit der GeSammtanordnung und an Leuchtkraft der
Färbung. Zu den beflen Bildern der National Gallery aus diefer erften Periode
Turners gehören ferner z. B., als realiftifche Stoffe, der Blick auf Clapham
Common mit den fchönen Bäumen, die Anficht des Hafens von Calais, »der
Schiffbruch«, »die Schmiede«, »die Kriegsfchifife bei Spithead«, die an Cuyp
erinnernden Bilder »Morgenlandfchaft mit der Anficht von Abingdon an der
Themfe«, »Croffing the Brook« (1805), »Sonnenaufgang an kaltem Morgen«
und »Erntemahlzeit am Themfeufer bei Kingfton«. Im Uebergang zu Turners
hiftoriSchen Bildern dieSes Zeitraumes fleht die groSsartige 1808 vollendete Dar-
stellung des Todes NelSon’s in der Schlacht bei Trafalgar. Poetifche, in der
Auffaffung Sich mehr oder weniger Claude Lorrain nähernde Bilder diefer Früh-
zeit des Meiflers find z. B. »die Zerstörung Sodoms«, »Eris im Garten der
Hefperiden«, »Apollon, den Python tödtend«, »die Sündfluth«, »Dido und Aeneas
auf die Jagd ziehend«, »Apulejus und Apuleja« und »der Verfall Karthago’s.«
Gefchichte d. Malerei. III. (III, 2.) 7®