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Wreszinski, Walter
Atlas zur altägyptischen Kulturgeschichte (2. Teil) — Leipzig: Verlag der J.C. Hinrichs'schen Buchhandlung, 1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.61828#0006
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Alle diese und noch manche andere Ursachen, die anzuführen sich erübrigt, haben
dazu beigetragen, dem Äußeren des Bandes ein etwas krauses Aussehen zu geben, den
Schein der mangelhaften Disposition, während gerade das Bestreben, trotz aller not-
wendigen Änderungen eine feste Ordnung einzuhalten, es hervorgerufen hat. Ich glaube
nicht, daß die Benutzung dadurch erschwert wird und ebensowenig durch das Format,
das mir die Größe der Originale aufgezwungen hat. War schon für die Wiedergabe der
viel kleineren Grabgemälde das im i. Bande verwendeteFormat gelegentlich unzureichend,
so konnten die weit größeren Dimensionen der Schlachtenbilder an denTempelwänden nur
auf dem Mehrfachen davon zu einiger Wirkung gebracht werden, doch habe ich mich be-
müht, dieHöhe derTafeln mäßig zu halten, um die Übersichtlichkeit zu wahren, nur in ganz
wenigen Fällen mußte ich die doppelte Höhe anwenden. Daß die Tafeln bis zu 105 cm
breit sind, ist für den Benutzer kaum unbequem, da er sie leicht hin und herschieben kann.
Stärker als im I. Bande habe ich auf Strichzeichnungen Wert gelegt, die die Orien-
tierung ermöglichen. Mehr als das sollen sie nicht leisten, doch wird man sie für schlecht
erhaltene oder sonst undeutliche Einzelheiten vertrauensvoll zu Rate ziehen können.
Meine beiden ausgezeichneten Helferinnen, die Damen Marg. Wessel und Hel. Weiß,
haben mir unermüdlich beigestanden, aus den oft kaum mehr enträtselbaren Resten noch
letzte Spuren herauszuholen, an Bilder wie die Schlacht von Qadesch in Abusimbel
haben wir wochenlange angestrengteste Arbeit gewendet. Daß wir trotzdem aus den
vergleichsweise kleinen Photographien nicht alles das haben herauslesen können, was
unter glücklicheren Umständen arbeitende Kollegen durch immer wiederholbare
Vergleiche an den Originalen, ist mir wohl bewußt.
Die Zeichnungen schienen zunächst für die gut erhaltenen Reliefs entbehrlich zu
sein, doch veranlaßten mich bald die Wünsche der Fachgenossen, alle Reliefs ohne Aus-
nahme durchzeichnen zu lassen.
Die Zusammensetzung der in Teilen aufgenommenen großen Bilder war äußerst
schwierig; so sehr wir bestrebt gewesen waren, die Aufnahmen selbst darauf einzurichten,
hat es doch der großen Kunst des Herrn Photographen Paul Fritsch bedurft, um aus
den manchmal nicht ganz winkelgleichen, verschieden großen und verschieden hellen
Platten die durchschnittlich vortrefflichen Lichtdrucknegative herzustellen.
Der Text hat sich nicht immer auf die Beschreibung des Dargestellten beschränken
können, wenn ich mich auch dem Plan gemäß von weitergreifenden Ausführungen,
oft sehr ungern, zurückgehalten habe. Einige Male glaubte ich mich aber doch zu um-
fangreicheren Angaben verpflichtet; wieviel Stoff für Einzelstudien in dem Bande steckt,
erkennt man schon bei der Durchsicht der Register, die auf den Sammlungen und Vor-
arbeiten des Herrn Dr. Erwin Zippert beruhen.
MancheTexte habe ich später großenteils wieder umstoßen müssen, wie die Liste der
Verbesserungen zeigt. Ich habe eben ausjeder Lieferung für die nächste zugelernt und mich
durch besser erhaltene Parallelen von der Unrichtigkeit früherer Deutungen überzeugt.

Bis auf die ersten und die letzten Tafeln enthält der Band ein in sich geschlossenes
Material, nämlich alle Darstellungen auswärtiger Kriege, die mir erreichbar gewesen sind.
Oft sind diese Bilder die einzigen Quellen, aus denen wir unser Wissen schöpfen können;
freilich ist das Tatsachenmaterial, das sie bieten, meist recht problematisch. Die begleiten-
den Inschriften gehen selten über eine Sammlung von Phrasen zum Preis des Königs hin-
aus, manchmal nur geben sie ein Datum, und nicht gerade häufig sind in die laudatio
Bemerkungen eingestreut, denen man feste Tatsachen entnehmen kann. Der Zweck der
Bilder war eben nicht der historische Bericht, sondern die Verherrlichung des Pharao,
deshalb kam es ihren Schöpfern weder auf eine wirkliche Schilderung der Vorgänge, noch
auch nur auf Genauigkeit in Einzelheiten wie Völkertypen oder Geländewiedergabe an.
Daher ist ihr dokumentarischer Wert aufs Ganze gesehen gering. Eine Ausnahme bildet
die Bilderfolge zur Schlacht von Qadesch, doch liegt ihre Bedeutung auch nicht so sehr
im Tatsächlichen wie darin, daß wir in ihr die mehrfache Abwandlung eines profanen
Illustrationswerkes besitzen.
Die dennoch außerordentliche Wichtigkeit dieser Darstellungen liegt außer in der
Fülle von Einzelheiten, die man ihnen trotz der oben hervorgehobenen Unzuverlässigkeit
im großen entnehmen kann, in der künstlerischen Form (vgl. hierzu m. Abh.: Löwen-
jagd im alt. Ägypten, Morgenland, Heft 23, S. 16 f.).
Die ältesten Schlachtenbilder aus der Zeit Sethos’ I zeigen deutlich, daß sie schon
eine lange Geschichte hinter sich haben, die jüngsten aus der Zeit Ramses* III stellen
das Ende dieser Entwicklung dar, hinter dem es kein Absinken gibt, sondern ein jähes
Aufhören. Diese Entwicklung der Bilderreihen durch 120 Jahre zu verfolgen ist nicht
so sehr um des erreichten Endziels halber interessant, denn dieses liegt im ganzen nicht
in der Richtung der künstlerischen Vertiefung oder auch nur der technischen Vollendung,
sondern in der Zunahme der Motive, also der Verbreiterung; interessant ist vielmehr die
Zähigkeit, mit der die Tradition auch diese neuen Kompositionen in das Schema der
hergebrachten Darstellungsweisen einzuzwängen wußte und keinen Versuch aufkommen
ließ, die neuen Bildvorwürfe in zeitgemäße Formen zu kleiden. Einen Sonderfall scheint
die Darstellung der Schlacht von Qadesch zu bilden, doch läßt sich wenigstens für das
Hauptbild, den Durchbruch des Königs gegenüber der Festung und dem bei ihr halten-
den Chattikönig, der Zusammenhang mit dem älteren Schema mit großer Wahrschein-
lichkeit nachweisen.
Die letzten Tafeln des Bandes enthalten Fest- und Opferzüge aus Luxor und Abydus.
Von der prächtigen Bilderreihe des Tut-anch-amun in Luxor hat Walther Wolf in
seinem Buch Das schöne Fest von Opet (Leipzig Hinrichs 1931) eine Durchzeichnung
nach meinen Tafeln und eine ausführliche Analyse gegeben. Die klaren und formschönen
Bilderreihen aus Abydus geben eine Vorstellung von etlichen besonders wichtigen Ver-
richtungen im öffentlichen Kultus.
Königsberg i. Pr., 17. IV. 1934. VüaltCt WPCSZlUski

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