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Regen als würdiger Genosse eines unausstehlich heißen
Sommers. Eine ignorante, phlegmatische, dummstolze,
mürrische Bevölkerung, welche die Fremden, von denen
sie lebt, roh behandelt und verachtet; ein bornirter, den
Pfaffen ergebener, unerträglich stolzer Adel, der in
dumpfer Abgeschlossenheit auf seinen Goldkisten
vermodert und sich nur im Volke zeigt, um es mit
seinen Carossen zu überfahren. Und wann geschieht
das? Wenn es gilt, mit dem „Gefangenen" über die
schlechten Zeiten und die Gräuel der „perfiden Revolution"
zu weinen.
Ein Klerus, roh und unwissend wie Volk und
Adel, aber ingrimmig eingedenk, daß er beide beherrschte.
Eine unerhörte, auch die Einheimischen erdrückende, aber
dennoch von ihnen den „Fremden" zum Trotz künstlich
gesteigerte Theurung aller Lebensbedürfnisse; ein Volk,
das den König nicht grüßt, ein Adel, der nicht zu Hof
geht, ein Klerus, der ihn verwünscht; der König in
einem ehemaligen Palast des Papstes, aus dessen
Fenstern er seines Mitregenten heilige Insel, den
Complex von St. Peter sehen kann; eine Stadt mit
einer einzigen passablen Straße, und diese elend ge-
pflastert und mit Trottoirs für kaum zwei Fußgänger,
eine künstlich erhaltene Universität mit anderthalb
Studenten, keine Centralbibliothek, kein Staatsmuseum^
kein Leben, keine Gemächlichkeit, keine Industrie, kein
Handel, ein unvergessenes Gestern, ein verwünschtes
Heute, ein todtgeborenes Kind, eine galvanisirte Leiche
— 6u voilü uns Oapitultz!
Heute habe ich, wie ich sehe, von Rom, anstatt
von Neapel geredet. Entschuldigen Sie, von morgen
an sind und bleiben wir in Napoli.
 
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