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Miscellanea.
88. Germanische Gottheiten und Heimatan-
gahen auf den Steinen der Equites singu-
läres in Rom.
M o m m s e n verdanken wir folgende
Zuschrift:
Es wird Ihnen erwünscht sein bald
Ihren Lesern bringen zu können, was die
neuerdings in den ccistra equitum singu-
larium am Lateran gefundenen, jetzt von
Henzen in den Annalen des römischen In-
stitutes für 1885 S. 235 fg. veröffentlichten
Inschriftsteine, ausser dem bereits früher
mitgeteilten Altar des Hercules Macusanus,
für die speziell germanische Forschung
Heues lehren. Es ist dessen nicht allzuviel.
Bisher unbekannte Götternamen, die mit
einiger Wahrscheinlichkeit als keltisch oder
germanisch angesprochen werden könnten,
finden sich nur zwei: eine Göttin Men-
marihia in der Inschrift dae(= deae) \ Men-
nig ' iihiae \ Aurelius | Placidus \ v. s. 1.1. m.,
und die Gottheit, welcher die mit guten
Buchstaben geschriebeneDedication gehört:
Petiganus | Placidus | Toutati \ Medwrini \
votum sol'vet (— sdlvit) anni \versarium. Ob
die Mcnmanhia hieher gehört, bleibt freilich
problematisch; der Grott Toutatis Medurinis
oder Meduris aber ist ohne Zweifel verwandt
dem Mars Toutatis der britannischen In-
schrift C. VII, 84, Mars Latobius Harmo-
gius Toutatis Sinatis Mog. . . eniits der
norischen C. III, 5320. Wichtiger ist es,
dass in einer Reihe von Weihgeschenken
aus der Zeit des Hadrian und des Pius,
welche die Reiter bei der Verabschiedung
einem ziemlich gleichmässig gestalteten
Götterkomplex dargebracht haben'), die
matres Suleviae *) regelmässig erscheinen.
1) Es sind dies Iupiter optimus maxi-
mus — Inno — Minerva — Mars —• Vic-
toria -r- Hercules — Fortuna -Mercurius
— Felicitas — Salus — die Fatae (weiblich)
— die Campestres (ebenfalls weiblich) — Sil-
vanus — Apollo — Diana — Epona — ma-
tres Suleviae — der Genius der Truppe. Öfter
werden die ‘übrigen Götter’ daneben genannt,
einmal der Sol divinu». Zuweilen fehlen ei-
nige; die Reihenfolge aber ist ziomlich fest. Auf
einer Dedication sind die Götter und die Göttinnen
in zwei Gruppen geschieden.
2) So werden sie genannt worden sein, da auf
dem Stein von Andernach Suleviabus steht; die
übrigen Inschriften, auch die römischen, haben
durchgängig im Dativ Sulevis oder S ul eis.
Denselben hat ausserdem ein Decurio dieser
Reitertruppe im J. 207 einen Altar gewid-
met als matribus paternis et matervis meisque
Sulevis, welchen Henzen mit Recht zusam-
menstellt mit der Dedication von Lausanne
(inscr. Ilelv. 134): Suleis suis qui euram
vestra(m) agunt und mit dem weiter ver-
glichen werden können die niederrheini-
schen Dedicationon matribus Arsacis pa-
ternis sive maternis (Brambach 1969),
matribus paternis Hannanef (Brambach 321),
matribus trisavis paternis (Brambach 1970),
matribus suis (Brambach 684). Da die
beiden früher gefundenen stadtrömischen
Inschriften der Suleviae (C. I. L. VI, 767.
768) allem Anschein nach von derselben
Truppe herrühren ‘), so war ihr dieser
Cult augenscheinlich vorzugsweise eigen
und ist durch sie nach Italien gekommen.
Dies ist eine nicht unwichtige Bestätigung
der — von Henzen nach meiner Meinung
mit Unrecht bezweifelten — Herkunft dieser
Gardereiter aus der niederrheinischen Ge-
gend. Was wir jetzt zuerst erfahren,
dass diese Suleviae zu den matres gehören* 1 2 3),
genügt allein, um sie eben Unterger-
manien zu vindicieren: die ludices der be-
treffendenSammlungen zeigen die Verehrung
der matres daselbst in Nimwegen, Trier,
Xanten, Köln, Bonn, verbreitet wie keine
andere, nicht minder in Britannien, aber
hier als heriibergekommen vom Continent’),
Andernach': Brambach 673. — Lausanne: inscr.
Helv. 134. — Nassenfels in Raetien: C. III, 5900.
— Dacien: C. III 1601 Sul(ovis) mont(anis?).
— Bath: C. VII, 361, zusammen gefunden mit
einer Trierer Dedication. Die Göttin Sulis
(auch Sula oder ZcoX genannt, C. I. L. III, 1156
mit dem Nachtrag p. 1015), welche in Bath einen
Tempel hatte und der Stadt den Namen gab, dürfte
ebenfalls den Suleviae nicht fremd sein. — Bin-
chestor C. VII, 1344 b.
1) Beide Inschriften sind von Soldaten gesetzt,
die eine von einem duplicarius, deren viele
sich in der Truppe finden, die zweite von einem
Legionscenturio, die, wie Henzen gut nachgewiesen
hat, bei derselben als exercitatore s fungieren.
Die Gottheiten S ul evis et Campestribus oder
bloss Sulevis kommen iu Rom nur bei diesen
Reitern vor.
2) Die römische Inschrift C. VI, 768 gleicht
auch darin den Müttersteinen, dass sie drei Frauen
darste'.lt; freilich ist sie zugleich den Campes-
tres gewidmet, die in britannischen Inschriften
auch matres Campestres heissen.
3) Sie heissen hier mehrfach tramarinae, frei-
lich auch Italae, German ao, Gallae, Bri-
tarinae und matres omnium gentium Es
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Miscellanea.
88. Germanische Gottheiten und Heimatan-
gahen auf den Steinen der Equites singu-
läres in Rom.
M o m m s e n verdanken wir folgende
Zuschrift:
Es wird Ihnen erwünscht sein bald
Ihren Lesern bringen zu können, was die
neuerdings in den ccistra equitum singu-
larium am Lateran gefundenen, jetzt von
Henzen in den Annalen des römischen In-
stitutes für 1885 S. 235 fg. veröffentlichten
Inschriftsteine, ausser dem bereits früher
mitgeteilten Altar des Hercules Macusanus,
für die speziell germanische Forschung
Heues lehren. Es ist dessen nicht allzuviel.
Bisher unbekannte Götternamen, die mit
einiger Wahrscheinlichkeit als keltisch oder
germanisch angesprochen werden könnten,
finden sich nur zwei: eine Göttin Men-
marihia in der Inschrift dae(= deae) \ Men-
nig ' iihiae \ Aurelius | Placidus \ v. s. 1.1. m.,
und die Gottheit, welcher die mit guten
Buchstaben geschriebeneDedication gehört:
Petiganus | Placidus | Toutati \ Medwrini \
votum sol'vet (— sdlvit) anni \versarium. Ob
die Mcnmanhia hieher gehört, bleibt freilich
problematisch; der Grott Toutatis Medurinis
oder Meduris aber ist ohne Zweifel verwandt
dem Mars Toutatis der britannischen In-
schrift C. VII, 84, Mars Latobius Harmo-
gius Toutatis Sinatis Mog. . . eniits der
norischen C. III, 5320. Wichtiger ist es,
dass in einer Reihe von Weihgeschenken
aus der Zeit des Hadrian und des Pius,
welche die Reiter bei der Verabschiedung
einem ziemlich gleichmässig gestalteten
Götterkomplex dargebracht haben'), die
matres Suleviae *) regelmässig erscheinen.
1) Es sind dies Iupiter optimus maxi-
mus — Inno — Minerva — Mars —• Vic-
toria -r- Hercules — Fortuna -Mercurius
— Felicitas — Salus — die Fatae (weiblich)
— die Campestres (ebenfalls weiblich) — Sil-
vanus — Apollo — Diana — Epona — ma-
tres Suleviae — der Genius der Truppe. Öfter
werden die ‘übrigen Götter’ daneben genannt,
einmal der Sol divinu». Zuweilen fehlen ei-
nige; die Reihenfolge aber ist ziomlich fest. Auf
einer Dedication sind die Götter und die Göttinnen
in zwei Gruppen geschieden.
2) So werden sie genannt worden sein, da auf
dem Stein von Andernach Suleviabus steht; die
übrigen Inschriften, auch die römischen, haben
durchgängig im Dativ Sulevis oder S ul eis.
Denselben hat ausserdem ein Decurio dieser
Reitertruppe im J. 207 einen Altar gewid-
met als matribus paternis et matervis meisque
Sulevis, welchen Henzen mit Recht zusam-
menstellt mit der Dedication von Lausanne
(inscr. Ilelv. 134): Suleis suis qui euram
vestra(m) agunt und mit dem weiter ver-
glichen werden können die niederrheini-
schen Dedicationon matribus Arsacis pa-
ternis sive maternis (Brambach 1969),
matribus paternis Hannanef (Brambach 321),
matribus trisavis paternis (Brambach 1970),
matribus suis (Brambach 684). Da die
beiden früher gefundenen stadtrömischen
Inschriften der Suleviae (C. I. L. VI, 767.
768) allem Anschein nach von derselben
Truppe herrühren ‘), so war ihr dieser
Cult augenscheinlich vorzugsweise eigen
und ist durch sie nach Italien gekommen.
Dies ist eine nicht unwichtige Bestätigung
der — von Henzen nach meiner Meinung
mit Unrecht bezweifelten — Herkunft dieser
Gardereiter aus der niederrheinischen Ge-
gend. Was wir jetzt zuerst erfahren,
dass diese Suleviae zu den matres gehören* 1 2 3),
genügt allein, um sie eben Unterger-
manien zu vindicieren: die ludices der be-
treffendenSammlungen zeigen die Verehrung
der matres daselbst in Nimwegen, Trier,
Xanten, Köln, Bonn, verbreitet wie keine
andere, nicht minder in Britannien, aber
hier als heriibergekommen vom Continent’),
Andernach': Brambach 673. — Lausanne: inscr.
Helv. 134. — Nassenfels in Raetien: C. III, 5900.
— Dacien: C. III 1601 Sul(ovis) mont(anis?).
— Bath: C. VII, 361, zusammen gefunden mit
einer Trierer Dedication. Die Göttin Sulis
(auch Sula oder ZcoX genannt, C. I. L. III, 1156
mit dem Nachtrag p. 1015), welche in Bath einen
Tempel hatte und der Stadt den Namen gab, dürfte
ebenfalls den Suleviae nicht fremd sein. — Bin-
chestor C. VII, 1344 b.
1) Beide Inschriften sind von Soldaten gesetzt,
die eine von einem duplicarius, deren viele
sich in der Truppe finden, die zweite von einem
Legionscenturio, die, wie Henzen gut nachgewiesen
hat, bei derselben als exercitatore s fungieren.
Die Gottheiten S ul evis et Campestribus oder
bloss Sulevis kommen iu Rom nur bei diesen
Reitern vor.
2) Die römische Inschrift C. VI, 768 gleicht
auch darin den Müttersteinen, dass sie drei Frauen
darste'.lt; freilich ist sie zugleich den Campes-
tres gewidmet, die in britannischen Inschriften
auch matres Campestres heissen.
3) Sie heissen hier mehrfach tramarinae, frei-
lich auch Italae, German ao, Gallae, Bri-
tarinae und matres omnium gentium Es