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dass Karl in seniore eeclesia bestattet
worden ist. Ich beziehe dies senior durch-
aus nicht auf die jetzt zu Tage getretene
alte Basilika 5), bin aber gleichwohl aus
anderen Gründen der Ansicht, dass die
Karlsgruft sich thatsächlicli in derselben
befunden hat.
Erstens ist die gotische Karlskapelle
im Südende der alten römischen Basilika
errichtet. Pie Karlskapelle ist nach der
Heiligsprechung Karls erbaut worden. All-
zukühn ist nun die Behauptung nicht, dass
die Kapelle des Heiligen Karl über sein
Grab gewölbt worden ist, erstens aus der
allgemein menschlichen Rücksicht, um
eben diese Stelle zu ehren, und dann hatte
ja auch das Mittelalter noch Kenntnis von
dem uralten christlichen Brauche, die Al-
täre der Heiligen über den Gräbern der
Heiligen aufzuführen. Thatsächlicli trägt
heute noch ein weit ausladender, auffal-
lend grosser Rundbogen, der zur gotischen
Architektur der Kapelle selbst schlecht
stimmt, gerade denjenigen Teil, auf wel-
chem die Altarmensa des Karlsaltars steht.
Nach der Überlieferung ist der Sohn
des Longobardenkünigs Desiderius „zu den
Füssen" Karls bestattet worden. Die oben
erwähnten Grabungen haben wirklich den
Sarg des unglücklichen Königssohnes zu
Tage gefördert in der Nähe des ehemaligen
Altars der h. Corona. Per Coronaaltar
stand aber wieder in unmittelbarer Nähe
der gotischen Karlskapelle und der alten
Basilika.
Einen ferneren Hinweis auf die wirk-
liche Lage der Karlsgruft liefert eine Hand-
zeichnung 6) im Codex 263 Iliblioth. reg.
Christ, in der Vatikanischen Bibliothek.
Bas in romanischer Form gehaltene Grab-
mal, eine Steintumba mit entsprechender
Aufschrift, steht auswärts auf der Nord-
seite des Oktogons, d. h. an der hier be-
sprochenen Stelle der Kapelle und der
Basilika. Biese bereits lange bekannte
Zeichnung gewinnt heute an Bedeutung,
Ducange, Glossarium a. v. Ecclesia.
6) Herr Stadtbibliothekar Dr. Fromm in Aachen
hat 12 Blätter der diese Zeichnung enthaltenden
Handschrift in Rom photographisch nachbilden
lassen.
zumal die zwar flüchtige aber architekto-
nisch genaue Skizze verrät, dass ihr Zeich-
ner den Karolingerbau in Lage und Äusse-
rem kannte, auch also von Einzelheiten
und Merkwürdigkeiten unterrichtet sein
konnte.
War aber der Zeichner dieses Bild-
chens ein Mitglied des Aachener Stifts-
klerus, so musste er das Grab Karls
kennen. Zweifellos nämlich hat Karl auch
vor seiner Heiligsprechung zu Aachen
eine kirchliche Ehrung genossen; wie für
alle Stifter und Wohlthäter geistlicher
Anstalten hat man auch für Karl, den Er-
bauer der Aachener Pfalzkapelle, wenig-
stens einmal im Jahre eine Memorie ge-
feiert. Pies war eine besonders feierliche
Art des Anniversars, verbunden mit Besuch
und Einsegnung des Grabes, auf welchem
brennende Kerzen standen. Natürlich ist
die für Karl gehaltene Memorie oder com-
mendatio ad sepulcrum durch die Kano-
nisation des grossen Kaisers in Wegfall
gekommen.
Mit Rücksicht auf die in regelmässiger
Wiederkehr am Ort der Bestattung zu
feiernden Memorien ist in den älteren Ne-
krologien häufig angegeben, wo die ein-
zelnen Mitglieder eines Stifts oder die
Freunde und Wohlthäter desselben zur
Erde bestattet sind. Auch das älteste
Nekrolog des Aachener Stifts kennt diesen
Gebrauch, da es aber nach der bereits er-
folgten Heiligsprechung Karls angelegt ist
und die kirchliche Feier des Todestages
sich auf den Karlsschrein als Mittelpunkt
derselben übertrug, ist das Grab selbst
nach und nach in Vergessenheit geraten.
Pas Nekrolog spricht nur noch von dem
foretrum s. Caroli, unter welchem Otto III
ruht.
So viel der Kürze halber an dieser
Stelle; die in Gang befindlichen Unter-
suchungen über Alter, Zweck und Bedeu-
tung der hier besprochenen Baureste
mögen auch den hier mitangeregten Neben-
fragen ihre Beachtung schenken.
Köln. Br. II. Keil et er.
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dass Karl in seniore eeclesia bestattet
worden ist. Ich beziehe dies senior durch-
aus nicht auf die jetzt zu Tage getretene
alte Basilika 5), bin aber gleichwohl aus
anderen Gründen der Ansicht, dass die
Karlsgruft sich thatsächlicli in derselben
befunden hat.
Erstens ist die gotische Karlskapelle
im Südende der alten römischen Basilika
errichtet. Pie Karlskapelle ist nach der
Heiligsprechung Karls erbaut worden. All-
zukühn ist nun die Behauptung nicht, dass
die Kapelle des Heiligen Karl über sein
Grab gewölbt worden ist, erstens aus der
allgemein menschlichen Rücksicht, um
eben diese Stelle zu ehren, und dann hatte
ja auch das Mittelalter noch Kenntnis von
dem uralten christlichen Brauche, die Al-
täre der Heiligen über den Gräbern der
Heiligen aufzuführen. Thatsächlicli trägt
heute noch ein weit ausladender, auffal-
lend grosser Rundbogen, der zur gotischen
Architektur der Kapelle selbst schlecht
stimmt, gerade denjenigen Teil, auf wel-
chem die Altarmensa des Karlsaltars steht.
Nach der Überlieferung ist der Sohn
des Longobardenkünigs Desiderius „zu den
Füssen" Karls bestattet worden. Die oben
erwähnten Grabungen haben wirklich den
Sarg des unglücklichen Königssohnes zu
Tage gefördert in der Nähe des ehemaligen
Altars der h. Corona. Per Coronaaltar
stand aber wieder in unmittelbarer Nähe
der gotischen Karlskapelle und der alten
Basilika.
Einen ferneren Hinweis auf die wirk-
liche Lage der Karlsgruft liefert eine Hand-
zeichnung 6) im Codex 263 Iliblioth. reg.
Christ, in der Vatikanischen Bibliothek.
Bas in romanischer Form gehaltene Grab-
mal, eine Steintumba mit entsprechender
Aufschrift, steht auswärts auf der Nord-
seite des Oktogons, d. h. an der hier be-
sprochenen Stelle der Kapelle und der
Basilika. Biese bereits lange bekannte
Zeichnung gewinnt heute an Bedeutung,
Ducange, Glossarium a. v. Ecclesia.
6) Herr Stadtbibliothekar Dr. Fromm in Aachen
hat 12 Blätter der diese Zeichnung enthaltenden
Handschrift in Rom photographisch nachbilden
lassen.
zumal die zwar flüchtige aber architekto-
nisch genaue Skizze verrät, dass ihr Zeich-
ner den Karolingerbau in Lage und Äusse-
rem kannte, auch also von Einzelheiten
und Merkwürdigkeiten unterrichtet sein
konnte.
War aber der Zeichner dieses Bild-
chens ein Mitglied des Aachener Stifts-
klerus, so musste er das Grab Karls
kennen. Zweifellos nämlich hat Karl auch
vor seiner Heiligsprechung zu Aachen
eine kirchliche Ehrung genossen; wie für
alle Stifter und Wohlthäter geistlicher
Anstalten hat man auch für Karl, den Er-
bauer der Aachener Pfalzkapelle, wenig-
stens einmal im Jahre eine Memorie ge-
feiert. Pies war eine besonders feierliche
Art des Anniversars, verbunden mit Besuch
und Einsegnung des Grabes, auf welchem
brennende Kerzen standen. Natürlich ist
die für Karl gehaltene Memorie oder com-
mendatio ad sepulcrum durch die Kano-
nisation des grossen Kaisers in Wegfall
gekommen.
Mit Rücksicht auf die in regelmässiger
Wiederkehr am Ort der Bestattung zu
feiernden Memorien ist in den älteren Ne-
krologien häufig angegeben, wo die ein-
zelnen Mitglieder eines Stifts oder die
Freunde und Wohlthäter desselben zur
Erde bestattet sind. Auch das älteste
Nekrolog des Aachener Stifts kennt diesen
Gebrauch, da es aber nach der bereits er-
folgten Heiligsprechung Karls angelegt ist
und die kirchliche Feier des Todestages
sich auf den Karlsschrein als Mittelpunkt
derselben übertrug, ist das Grab selbst
nach und nach in Vergessenheit geraten.
Pas Nekrolog spricht nur noch von dem
foretrum s. Caroli, unter welchem Otto III
ruht.
So viel der Kürze halber an dieser
Stelle; die in Gang befindlichen Unter-
suchungen über Alter, Zweck und Bedeu-
tung der hier besprochenen Baureste
mögen auch den hier mitangeregten Neben-
fragen ihre Beachtung schenken.
Köln. Br. II. Keil et er.