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Miscetianea.
53. Eine MM Deutung der sog. Juppiter-
Gigantensäulen. Ein Moment ist bei der
Beurteitung der Gruppe des Reiters mit
dem Giganten trotz der sehr umfangreichen
Litteratur bisher ausser Acht gelassen
worden, wetchcs meiner Meinung nach
die his jetzt von den meisten Gelehrten
vertretene Auffassung eines Kampfes zwi-
schen Reiter und Schlangenmensch aus-
schliesst. h'lorschütz hat hei der Beschrei-
bung der im Museum von Wiesbaden be-
findiiehen „Oigantensäule von Schierstein",
dieses Moment wohl erkannt und kurz
erwähnt, jedoch unterlassen, Me nahe
liegende Foigerung zu ziehen, ebenso
Wagner in: „Neptun im Gigantenkampf
auf römischen Monumenten", Wd. Zs. I,
welcher es bei vier Gruppen nur eben
erwähnt hat.
Das Moment, welches mir so bedeu-
tungsvoll erscheint, besteht darin, dass
hei den allermeisten Denkmälern
dieser Art und besonders bei der
Schiersteiner Säule der Bildhauer
absichtlich die Gruppe vorn weit
über diePlinthe und damit über
den Abakus des Säulenkapitäls hat
hervorragen lassen.
Florschützsagta. a. 0. S. 5: „Die
wenigsten der uns bekannten Gruppen sind
steil und centriert aufgebaut, die Mehr-
zahl von ihnen zeigt ein weites Vor-
ragen des Gigantenkörpers und
wohl auch des Pferdes über den Vor-
derrand des Abakus des Kapitals, zu wel-
chem die Ausdehnung der l'linthe der
Gruppe in direktem Verhältnis steht. Durch
diese Anordnung gewannen die Gigan-
tensäulen ein höchst eigentümliches
Aussehen, das ihnen geradezu als
typisch zuerkannt werden muss".
Wagner a. a. 0. sagt von der zweiten
P f o r z h e i m e r Gruppe: „Dass der Körper
des Ungetüms vorn über sie (diePlinthe)
hinaushängt, was eigentümlich be-
lebend wirkt". (Die erste Gruppe von
Pforzheim zeigt aber ebenfalls diese
Erscheinung, nur nicht in so ausge-
prägtem Maasse). Von der L a d e n b u r g e r
Gruppe sagt er: „Dass der Leib des Un-
getüms stark niedergestreckt und
nach vorwärts geneigt erscheint".
Ganz ebenso soll sich nach ihm die
Gruppe von Dicdcnkopf verhalten. Fer-
ner bei der Gruppe von Selz sei „das
Ungetüm stark nach vorn geneigt".
Es war mir diese eigentümliche An-
ordnung der Gruppe längst bei einer gan-
zen Reihe von Exemplaren aufgcfallen *).
Es schien mir unzweifelhaft, dass dadurch
ein Kampf zwischen Reiter und Schlangen-
mensch ausgeschlossen sein müsse, ja dass
geradezu der Künstler das Nichtvorhanden-
sein eines Kampfes, dagegen eine Iliilfe-
leistung, eine Bundesgenossenschaft zwi-
schen Reiter und Schlangenmensch aus-
drücken wollte. Da geschah die Auffindung
und Wiederaufrichtung der Säule von Schier-
stein, eines Denkmals, welches wegen seiner
vorzüglichen Erhaltung, wie kein anderes
dieser Gattung, den Gesamteindruck, wie
er ehemals dem antiken Beschauer ge-
wohnt war, wiederzugeben und auf uns
wirken zu lassen geeignet ist. Es ist das
dadurch möglich geworden, dass man nach
der nötigen Ergänzung der fehlenden Teile
die Gruppe genau wieder auf den ur-
sprünglichen Standplatz des Säulenkapitäls
gesetzt hat, was sich noch bei keiner an-
deren Gruppe erreichen liess. Nächst der
Schiersteiner ist die lleddernheimer Säule
die am besten erhaltene, auch bei ihr ist das
Hervorragen der Gruppe über die Plinthe
sehr in die Augen fallend, jedoch ist die
Gruppe nicht richtig auf das Kapital auf-
gesetzt '"). Wir knüpfen die folgenden Aus-
hafte Stellung jedoch ganz mit Absicht angeord-
net worden zu sein, denn auch auf der Zeichnung
(Donner von Richter: „Heddernheimer Ausgrabun-
gen") ragt die Gruppe hinten (!) über das Kapital
hervor, während sie vorn zurück tritt (!). Es geht
dies aus einer Bemerkung des Autors hervor, a. a.
0. S. 4, Anmerknng 1: „Die starke Hervor-
ragung des Giganten über die Kapitälüäche
bestimmte den Zeichner zur Verchiebung
der Plinthe (!!)). Mir ist jedoch dieses Hervor-
ragen sympatiseb."
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Miscetianea.
53. Eine MM Deutung der sog. Juppiter-
Gigantensäulen. Ein Moment ist bei der
Beurteitung der Gruppe des Reiters mit
dem Giganten trotz der sehr umfangreichen
Litteratur bisher ausser Acht gelassen
worden, wetchcs meiner Meinung nach
die his jetzt von den meisten Gelehrten
vertretene Auffassung eines Kampfes zwi-
schen Reiter und Schlangenmensch aus-
schliesst. h'lorschütz hat hei der Beschrei-
bung der im Museum von Wiesbaden be-
findiiehen „Oigantensäule von Schierstein",
dieses Moment wohl erkannt und kurz
erwähnt, jedoch unterlassen, Me nahe
liegende Foigerung zu ziehen, ebenso
Wagner in: „Neptun im Gigantenkampf
auf römischen Monumenten", Wd. Zs. I,
welcher es bei vier Gruppen nur eben
erwähnt hat.
Das Moment, welches mir so bedeu-
tungsvoll erscheint, besteht darin, dass
hei den allermeisten Denkmälern
dieser Art und besonders bei der
Schiersteiner Säule der Bildhauer
absichtlich die Gruppe vorn weit
über diePlinthe und damit über
den Abakus des Säulenkapitäls hat
hervorragen lassen.
Florschützsagta. a. 0. S. 5: „Die
wenigsten der uns bekannten Gruppen sind
steil und centriert aufgebaut, die Mehr-
zahl von ihnen zeigt ein weites Vor-
ragen des Gigantenkörpers und
wohl auch des Pferdes über den Vor-
derrand des Abakus des Kapitals, zu wel-
chem die Ausdehnung der l'linthe der
Gruppe in direktem Verhältnis steht. Durch
diese Anordnung gewannen die Gigan-
tensäulen ein höchst eigentümliches
Aussehen, das ihnen geradezu als
typisch zuerkannt werden muss".
Wagner a. a. 0. sagt von der zweiten
P f o r z h e i m e r Gruppe: „Dass der Körper
des Ungetüms vorn über sie (diePlinthe)
hinaushängt, was eigentümlich be-
lebend wirkt". (Die erste Gruppe von
Pforzheim zeigt aber ebenfalls diese
Erscheinung, nur nicht in so ausge-
prägtem Maasse). Von der L a d e n b u r g e r
Gruppe sagt er: „Dass der Leib des Un-
getüms stark niedergestreckt und
nach vorwärts geneigt erscheint".
Ganz ebenso soll sich nach ihm die
Gruppe von Dicdcnkopf verhalten. Fer-
ner bei der Gruppe von Selz sei „das
Ungetüm stark nach vorn geneigt".
Es war mir diese eigentümliche An-
ordnung der Gruppe längst bei einer gan-
zen Reihe von Exemplaren aufgcfallen *).
Es schien mir unzweifelhaft, dass dadurch
ein Kampf zwischen Reiter und Schlangen-
mensch ausgeschlossen sein müsse, ja dass
geradezu der Künstler das Nichtvorhanden-
sein eines Kampfes, dagegen eine Iliilfe-
leistung, eine Bundesgenossenschaft zwi-
schen Reiter und Schlangenmensch aus-
drücken wollte. Da geschah die Auffindung
und Wiederaufrichtung der Säule von Schier-
stein, eines Denkmals, welches wegen seiner
vorzüglichen Erhaltung, wie kein anderes
dieser Gattung, den Gesamteindruck, wie
er ehemals dem antiken Beschauer ge-
wohnt war, wiederzugeben und auf uns
wirken zu lassen geeignet ist. Es ist das
dadurch möglich geworden, dass man nach
der nötigen Ergänzung der fehlenden Teile
die Gruppe genau wieder auf den ur-
sprünglichen Standplatz des Säulenkapitäls
gesetzt hat, was sich noch bei keiner an-
deren Gruppe erreichen liess. Nächst der
Schiersteiner ist die lleddernheimer Säule
die am besten erhaltene, auch bei ihr ist das
Hervorragen der Gruppe über die Plinthe
sehr in die Augen fallend, jedoch ist die
Gruppe nicht richtig auf das Kapital auf-
gesetzt '"). Wir knüpfen die folgenden Aus-
hafte Stellung jedoch ganz mit Absicht angeord-
net worden zu sein, denn auch auf der Zeichnung
(Donner von Richter: „Heddernheimer Ausgrabun-
gen") ragt die Gruppe hinten (!) über das Kapital
hervor, während sie vorn zurück tritt (!). Es geht
dies aus einer Bemerkung des Autors hervor, a. a.
0. S. 4, Anmerknng 1: „Die starke Hervor-
ragung des Giganten über die Kapitälüäche
bestimmte den Zeichner zur Verchiebung
der Plinthe (!!)). Mir ist jedoch dieses Hervor-
ragen sympatiseb."