ZUR ÄSTHETISCHEN MECHANIK. 15
in der horizontalen Richtung von einem Endpunkte zum anderen sich
erstreckt, und in den Endpunkten sich begrenzt. Heißen die End-
punkte A und B, und endigt die Linie in A und B frei, ist also keiner
dieser Punkte bevorzugt, so erstreckt sie sich ebensowohl von A
nach B als von B nach A, vielmehr sie verläuft weder in der einen,
noch in der anderen Richtung, sondern sie breitet sich in jedem Punkte
nach beiden Richtungen zumal aus. Dies Sichausbreiten in jedem
Punkte faßt sich aber, indem wir die Linie als ganze betrachten, in
einen einzigen Punkt zusammen. Dieser Punkt ist naturgemäß die
Mitte. Die fragliche horizontale Linie erscheint also als die von der
Mitte nach den beiden Seiten hin sich ausbreitende und in den End-
punkten sich begrenzende, oder von den Endpunkten her sich zusam-
menfassende. Hiermit sind drei Hauptpunkte gegeben, bei denen es
nahe liegt, sie ausdrücklich als solche anzuerkennen.
Im vorstehenden ist vorausgesetzt, daß die Linie an beiden Enden
frei endigt. Gesetzt nun aber, der Endpunkt A ist zugleich ein Punkt
einer anderen, etwa einer vertikalen Linie, dann ändert sich das Wesen
unserer Linie. Sie wird jetzt zu einer solchen, die einem in A und
nur in A wirksamen Bewegungsimpulse folgend nach B sich erstreckt,
und in B sich begrenzt, oder von da her sich zusammenfaßt.
Nehmen wir weiter an, die beiden Endpunkte A und B seien
gleichzeitig irgend welche mittlere Punkte vertikaler Geraden, dann
scheint die doppelte Betrachtungsweise von AB möglich: Die Linie
streckt sich zwischen den beiden vertikalen Linien und hält sie aus-
einander, oder aber sie faßt sie zusammen. Sie ist Streckverband oder
Zugverband. Da aber die vertikalen Linien die zwischen ihnen lie-
gende Fläche begrenzen und die begrenzende Tätigkeit eine nach
innen, d. h. nach dem Begrenzten zu, gehende ist, so erscheint jene
erstere Betrachtungsweise als die zunächst natürliche.
Das Wesen der Linie AB ändert sich von neuem, wenn A und
B die oberen Endpunkte der vertikalen Linien sind. Es ist dann
AB ein Teil der Begrenzung einer Fläche. Die Linie begrenzt die
Fläche von oben nach unten. Dagegen begrenzt die Linie AB eine
Fläche von unten nach oben, wenn A und B mit den unteren End-
punkten der beiden vertikalen Linien zusammenfallen. Hiermit sind
wiederum völlig neue Funktionen der einen und selben horizontalen
Linie aufgezeigt.
Gehen wir aber von der horizontalen nunmehr zur vertikalen Ge-
raden. Diese ist von der horizontalen von vornherein grundsätzlich
verschieden. Sie ist zunächst eine gegen die Schwere sich aufrichtende,
also die Schwere überwindende Linie; ihr unteres Ende ist Ansatz-
punkt der Bewegung, ihr oberes Endpunkt derselben, d. h. Punkt des
in der horizontalen Richtung von einem Endpunkte zum anderen sich
erstreckt, und in den Endpunkten sich begrenzt. Heißen die End-
punkte A und B, und endigt die Linie in A und B frei, ist also keiner
dieser Punkte bevorzugt, so erstreckt sie sich ebensowohl von A
nach B als von B nach A, vielmehr sie verläuft weder in der einen,
noch in der anderen Richtung, sondern sie breitet sich in jedem Punkte
nach beiden Richtungen zumal aus. Dies Sichausbreiten in jedem
Punkte faßt sich aber, indem wir die Linie als ganze betrachten, in
einen einzigen Punkt zusammen. Dieser Punkt ist naturgemäß die
Mitte. Die fragliche horizontale Linie erscheint also als die von der
Mitte nach den beiden Seiten hin sich ausbreitende und in den End-
punkten sich begrenzende, oder von den Endpunkten her sich zusam-
menfassende. Hiermit sind drei Hauptpunkte gegeben, bei denen es
nahe liegt, sie ausdrücklich als solche anzuerkennen.
Im vorstehenden ist vorausgesetzt, daß die Linie an beiden Enden
frei endigt. Gesetzt nun aber, der Endpunkt A ist zugleich ein Punkt
einer anderen, etwa einer vertikalen Linie, dann ändert sich das Wesen
unserer Linie. Sie wird jetzt zu einer solchen, die einem in A und
nur in A wirksamen Bewegungsimpulse folgend nach B sich erstreckt,
und in B sich begrenzt, oder von da her sich zusammenfaßt.
Nehmen wir weiter an, die beiden Endpunkte A und B seien
gleichzeitig irgend welche mittlere Punkte vertikaler Geraden, dann
scheint die doppelte Betrachtungsweise von AB möglich: Die Linie
streckt sich zwischen den beiden vertikalen Linien und hält sie aus-
einander, oder aber sie faßt sie zusammen. Sie ist Streckverband oder
Zugverband. Da aber die vertikalen Linien die zwischen ihnen lie-
gende Fläche begrenzen und die begrenzende Tätigkeit eine nach
innen, d. h. nach dem Begrenzten zu, gehende ist, so erscheint jene
erstere Betrachtungsweise als die zunächst natürliche.
Das Wesen der Linie AB ändert sich von neuem, wenn A und
B die oberen Endpunkte der vertikalen Linien sind. Es ist dann
AB ein Teil der Begrenzung einer Fläche. Die Linie begrenzt die
Fläche von oben nach unten. Dagegen begrenzt die Linie AB eine
Fläche von unten nach oben, wenn A und B mit den unteren End-
punkten der beiden vertikalen Linien zusammenfallen. Hiermit sind
wiederum völlig neue Funktionen der einen und selben horizontalen
Linie aufgezeigt.
Gehen wir aber von der horizontalen nunmehr zur vertikalen Ge-
raden. Diese ist von der horizontalen von vornherein grundsätzlich
verschieden. Sie ist zunächst eine gegen die Schwere sich aufrichtende,
also die Schwere überwindende Linie; ihr unteres Ende ist Ansatz-
punkt der Bewegung, ihr oberes Endpunkt derselben, d. h. Punkt des