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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 2.1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.3530#0596
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592 BESPRECHUNGEN.

Möller, 1907. — Zepler, Marg. N., Menschenkultur. 8". 94 S. Berlin,
Modern-pädagogischer u. psychologischer Verlag, 1907.

Ebenfalls von Delsarteschen Lehren wesentlich beeinflußt, wenngleich bei
mancher äußerlichen Gleichartigkeit von anderem Ausgangspunkt und in anderer
Weise, sind die Anweisungen, die Bess. M. Mensendiek in der »Körperkultur des
Weibes« gibt. Ein an sich vortreffliches Buch, trotzdem ich weder alles unter-
schreiben, noch manches unwidersprochen lassen möchte. Es ist mehr zum nach-
denklichen Einzelstudium als für allgemeine Verwendbarkeit geeignet; die beige-
gebenen praktischen Anweisungen sind höchst wertvoll, aber nur für diejenigen
ausführbar, die sich der guten Sache völlig hingeben. Diejenigen jedoch, die sich
dazu aufschwingen, werden sicherlich direkt oder indirekt einer erhöhten Auffassung
von der Notwendigkeit bewußter Körperkultur die Wege weisen helfen.

Grundlegend für eine solche ist, so betonen Dalcroze wie Mensendiek und
mit ihnen alle, die ernst zu nehmen sind, die Wichtigkeit einer richtig betriebenen
Atemgymnastik. Aus dem Büchlein »Die Atmungskunst des Menschen«, das zwar
nicht im besten Deutsch (es rührt von einer Holländerin her), und nicht rein sach-
lich, aber mit Ursprünglichkeit und Herzenswärme geschrieben ist, können alle, die
sich mit Atemgymnastik in Kürze vertraut machen wollen, viel Gutes lernen. Als
Vorstudie Dalcrozescher Prinzipien kann die kleine Schrift, die sich nicht auf die
Gymnastik der Atmungsorgane beschränkt, vielmehr die des ganzen Körpers als
dazu gehörig auffaßt und dankbar auf verwandte vorbildliche Lehrmethoden hin-
weist, warm empfohlen werden. Ein zerlegbares anatomisch-physiologisches Modell
unterstützt eingehendes Selbststudium.

Woher sollen uns aber, bei den durch all solche Hinweg mehr und mehr er-
kannten Forderungen, bei der durch wachsende Verbreitun olcher Schriften zu-
nehmenden Nachfrage die begehrten Lehrer, Männer und F len, kommen? Wie
könnten sich die neuen Anschauungen an die alten Betriebe anschließen oder gar in
sie einreihen lassen? Wie kann man die gewonnene Erkenntnis fruchtbar machen?

Für die Frauen habe ich in einer kleinen Schrift: »Menschenkultur« versucht,
einige bescheidene Hinweise zu geben, wie gymnastische Ausbildung mehr zum
Mittelpunkt aller Erziehung gemacht werden, wie sie zweckmäßig allen Klassen
zu gute kommen und wie die gebildete Frau eine erhabene ureigene Lebensaufgabe
in der Betätigung nach dieser Richtung hin finden könnte.

Berlin, Pfingsten 1907.

Margarete N. Zepler.
 
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