12 MAX DERI.
keiten. Die Anlässe für die Sinnesgefühle der fünf äußeren Sinne
kann ich mir künstlich herstellen. Habe ich ein Rot in der Natur,
etwa an einem Blütenblatt, erlebt, so kann ich mir durch Mischung
einer roten Erde mit einem Bindemittel oder sonstwie im Laboratorium
den Anlaß für genau dieselbe Rot-Sensation künstlich herstellen. Ebenso
kann ich etwa das Geräusch eines fallenden Tropfens durch ein In-
strument, durch einen von mir zu diesem Zwecke gebauten Apparat,
oder auch durch Schlagen einer Platte mit einem Klöppel künstlich
hervorrufen und mir damit das betreffende Sinnesgefühl vermitteln.
In gleicher Weise ist dies beim Geschmack durch chemische Her-
stellung, etwa des Zitronengeschmackes, möglich; beim Geruch durch
einen künstlichen Veilchengeruch; beim Tasten durch künstliche Her-
stellung etwa einer Spitze, die das Gefühl, das ich beim Betasten einer
Tannennadel habe, hervorruft. Ich kann mir also die natürlich erlebten
Sinnesgefühle für alle fünf äußeren Sinne auch künstlich vermitteln.
Bei den Dinggefühlen ist es ebenso. Ein Sehding,, etwa ein
Baum, vermittle mir ein bestimmtes, nur ihm zukommendes Begleit-
gefühl. Er stehe in einer Landschaft, in bestimmter Beleuchtung; der
Geruch der Wiese werde auch wahrgenommen, das Rauschen der
Blätter gehört, das Wehen des Windes gefühlt. Diesen ganzen Er-
lebenskomplex (der alle äußeren Sinne mit Ausnahme des Geschmack-
sinnes beschäftigt) kann ich mir künstlich herstellen. Mögen die
technischen Schwierigkeiten auch noch so große sein: wir fragen hier
nur nach der theoretischen Möglichkeit eines Tuns, das in Teilaus-
führungen tausendfach in der Kunstgeschichte zu belegen ist. Es sind
keine prinzipiellen, nur technische Hindernisse, die es zu überwinden
gilt, wenn ich mir den Baum, genau so wie er natürlich gewachsen
war, in derselben Größe, Dicke und Farbe des Stammes, in derselben
Form, mit gleichviel gleich geformten und gefärbten Blättern und
Blüten, auf derselben Wiese, mit demselben Parfüm, mit demselben
Luftzug, unter gleicher Beleuchtung künstlich herstelle. In irgend-
welchen geeigneten Materialien. Der Unterschied zwischen dem so-
hergestellten Ersätze und dem Naturgegenstande ist unseren Sinnen,
bei völligem Gelingen der Abformung, nicht wahrnehmbar. Und wenn
wir auch selber die Sache hergestellt haben, wenn wir also auch noch
so sicher wissen, daß alle Gefühlsanlässe »künstliche« sind, muß
doch das Gefühlserlebnis, das von diesen künstlichen Gefühlsanlässen
hervorgerufen wird, völlig jenem gleichen, das wir vor der »Natur«,
dem »gewachsenen« Baum, den »wirklichen« Farben, dem »natürlichen«
Wind usw. erlebt haben. Luftdruckverschiedenheiten verursachen den
Wind; ein Ventilator von geeigneter Größe und richtiger Abstimmung
kann »denselben« Wind hervorrufen; der für unser Erleben eben der-
keiten. Die Anlässe für die Sinnesgefühle der fünf äußeren Sinne
kann ich mir künstlich herstellen. Habe ich ein Rot in der Natur,
etwa an einem Blütenblatt, erlebt, so kann ich mir durch Mischung
einer roten Erde mit einem Bindemittel oder sonstwie im Laboratorium
den Anlaß für genau dieselbe Rot-Sensation künstlich herstellen. Ebenso
kann ich etwa das Geräusch eines fallenden Tropfens durch ein In-
strument, durch einen von mir zu diesem Zwecke gebauten Apparat,
oder auch durch Schlagen einer Platte mit einem Klöppel künstlich
hervorrufen und mir damit das betreffende Sinnesgefühl vermitteln.
In gleicher Weise ist dies beim Geschmack durch chemische Her-
stellung, etwa des Zitronengeschmackes, möglich; beim Geruch durch
einen künstlichen Veilchengeruch; beim Tasten durch künstliche Her-
stellung etwa einer Spitze, die das Gefühl, das ich beim Betasten einer
Tannennadel habe, hervorruft. Ich kann mir also die natürlich erlebten
Sinnesgefühle für alle fünf äußeren Sinne auch künstlich vermitteln.
Bei den Dinggefühlen ist es ebenso. Ein Sehding,, etwa ein
Baum, vermittle mir ein bestimmtes, nur ihm zukommendes Begleit-
gefühl. Er stehe in einer Landschaft, in bestimmter Beleuchtung; der
Geruch der Wiese werde auch wahrgenommen, das Rauschen der
Blätter gehört, das Wehen des Windes gefühlt. Diesen ganzen Er-
lebenskomplex (der alle äußeren Sinne mit Ausnahme des Geschmack-
sinnes beschäftigt) kann ich mir künstlich herstellen. Mögen die
technischen Schwierigkeiten auch noch so große sein: wir fragen hier
nur nach der theoretischen Möglichkeit eines Tuns, das in Teilaus-
führungen tausendfach in der Kunstgeschichte zu belegen ist. Es sind
keine prinzipiellen, nur technische Hindernisse, die es zu überwinden
gilt, wenn ich mir den Baum, genau so wie er natürlich gewachsen
war, in derselben Größe, Dicke und Farbe des Stammes, in derselben
Form, mit gleichviel gleich geformten und gefärbten Blättern und
Blüten, auf derselben Wiese, mit demselben Parfüm, mit demselben
Luftzug, unter gleicher Beleuchtung künstlich herstelle. In irgend-
welchen geeigneten Materialien. Der Unterschied zwischen dem so-
hergestellten Ersätze und dem Naturgegenstande ist unseren Sinnen,
bei völligem Gelingen der Abformung, nicht wahrnehmbar. Und wenn
wir auch selber die Sache hergestellt haben, wenn wir also auch noch
so sicher wissen, daß alle Gefühlsanlässe »künstliche« sind, muß
doch das Gefühlserlebnis, das von diesen künstlichen Gefühlsanlässen
hervorgerufen wird, völlig jenem gleichen, das wir vor der »Natur«,
dem »gewachsenen« Baum, den »wirklichen« Farben, dem »natürlichen«
Wind usw. erlebt haben. Luftdruckverschiedenheiten verursachen den
Wind; ein Ventilator von geeigneter Größe und richtiger Abstimmung
kann »denselben« Wind hervorrufen; der für unser Erleben eben der-