18 KAARLE S. LAURILA.
Wenn nun das Häßliche nicht zum Umkreis des Ästhetischen ge-
hörte, wäre eine fühlbare Lücke im Reich des Ästhetischen. Eine
bedeutungsvolle Seite des Seienden wäre uns dann ihrem intimsten
Wert nach verschlossen. Es bedeutet offenbar eine wesentliche Be-
reicherung und Erweiterung des Menschenlebens und seines Erlebnis-
inhalts, auch die mannigfachen Unlustgefühle in ihrer Reinheit durch-
zuleben, die die Erscheinungen durch die Zerrissenheit und Disharmonie
ihrer Sinnenform hervorrufen. Diese innere Vertiefung wird uns dann
zuteil, wenn wir bei dem reinen, unmittelbaren Oefühlseindruck des
Häßlichen verweilen, d. h. uns dazu ästhetisch verhalten.
3. Das Charakteristische und sein Gegenteil.
jetzt kehren wir noch einmal zum Begriff des Charakteristischen
zurück, um zunächst unsere Kritik an den Ausführungen Volkelts über
diesen Punkt ein wenig weiter zu führen.
Unsere früheren Bemerkungen bezogen sich nur darauf, inwieweit
es richtig ist, das Charakteristische als das Gegenteil des Schönen
aufzufassen und hinzustellen. — Aber abgesehen von diesem Punkt
ist die Fassung, die Volkelt dem Begriff des Charakteristischen gibt,
noch in anderer Beziehung auffallend. Volkelt scheint nämlich den
Begriff des Charakteristischen so zu fassen, daß er darunter etwas
ganz Abstraktes, von Dingen und von aller Gegenständlichkeit Los-
gelöstes und Unabhängiges versteht. Er sagt allerdings, daß »die
Entscheidung der Frage, ob ein Gegenstand als schön oder als charakte-
ristisch gefühlt wird, sich unter dem mitbestimmenden Ein-
fluß der dinglichen Natur des Gegenstandes vollziehe.« Aber er fügt
gleich hinzu, daß »trotzdem sich der Unterschied des Schönen und
Charakteristischen nur in der unter Absehen vom dinglichen
Inhalt aufgefaßten Sinnenform geltend macht« (Syst. II, S. 27). Und
in Übereinstimmung mit dieser Ansicht spricht er von Linienverhält-
nissen und räumlichen Formen, von Farbenzusammenstellungen und
Eigenschaften, die anund für sich entweder charakteristisch oder nicht
charakteristisch sind, ganz abgesehen davon, zu welchen Gegenstän-
den sie gehören. So kennzeichnet sich z. B. an räumlichen Formen das
Charakteristische für Volkelt »durch eine Linienführung, an der jäheUnter-
brochenheit und Zerrissenheit, schroffes Aneinanderstoßen, betontes Un-
gleichgewicht und harte Unregelmäßigkeit das für den Eindruck Entschei-
dende ist« (Syst. II, S. 26). Für schöne räumliche Formen sind wiederum
bezeichnend »sanfte Rundungen, allmähliche Schwellungen, wohlvor-
bereitete Richtungsänderungen.« Was die Farbenzusammenstellungen
Wenn nun das Häßliche nicht zum Umkreis des Ästhetischen ge-
hörte, wäre eine fühlbare Lücke im Reich des Ästhetischen. Eine
bedeutungsvolle Seite des Seienden wäre uns dann ihrem intimsten
Wert nach verschlossen. Es bedeutet offenbar eine wesentliche Be-
reicherung und Erweiterung des Menschenlebens und seines Erlebnis-
inhalts, auch die mannigfachen Unlustgefühle in ihrer Reinheit durch-
zuleben, die die Erscheinungen durch die Zerrissenheit und Disharmonie
ihrer Sinnenform hervorrufen. Diese innere Vertiefung wird uns dann
zuteil, wenn wir bei dem reinen, unmittelbaren Oefühlseindruck des
Häßlichen verweilen, d. h. uns dazu ästhetisch verhalten.
3. Das Charakteristische und sein Gegenteil.
jetzt kehren wir noch einmal zum Begriff des Charakteristischen
zurück, um zunächst unsere Kritik an den Ausführungen Volkelts über
diesen Punkt ein wenig weiter zu führen.
Unsere früheren Bemerkungen bezogen sich nur darauf, inwieweit
es richtig ist, das Charakteristische als das Gegenteil des Schönen
aufzufassen und hinzustellen. — Aber abgesehen von diesem Punkt
ist die Fassung, die Volkelt dem Begriff des Charakteristischen gibt,
noch in anderer Beziehung auffallend. Volkelt scheint nämlich den
Begriff des Charakteristischen so zu fassen, daß er darunter etwas
ganz Abstraktes, von Dingen und von aller Gegenständlichkeit Los-
gelöstes und Unabhängiges versteht. Er sagt allerdings, daß »die
Entscheidung der Frage, ob ein Gegenstand als schön oder als charakte-
ristisch gefühlt wird, sich unter dem mitbestimmenden Ein-
fluß der dinglichen Natur des Gegenstandes vollziehe.« Aber er fügt
gleich hinzu, daß »trotzdem sich der Unterschied des Schönen und
Charakteristischen nur in der unter Absehen vom dinglichen
Inhalt aufgefaßten Sinnenform geltend macht« (Syst. II, S. 27). Und
in Übereinstimmung mit dieser Ansicht spricht er von Linienverhält-
nissen und räumlichen Formen, von Farbenzusammenstellungen und
Eigenschaften, die anund für sich entweder charakteristisch oder nicht
charakteristisch sind, ganz abgesehen davon, zu welchen Gegenstän-
den sie gehören. So kennzeichnet sich z. B. an räumlichen Formen das
Charakteristische für Volkelt »durch eine Linienführung, an der jäheUnter-
brochenheit und Zerrissenheit, schroffes Aneinanderstoßen, betontes Un-
gleichgewicht und harte Unregelmäßigkeit das für den Eindruck Entschei-
dende ist« (Syst. II, S. 26). Für schöne räumliche Formen sind wiederum
bezeichnend »sanfte Rundungen, allmähliche Schwellungen, wohlvor-
bereitete Richtungsänderungen.« Was die Farbenzusammenstellungen