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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 27.1933

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Noack, Hermann: Das Spiel: über die Versuche seiner Erklärung und die Aufgaben seiner Sinndeutung
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https://doi.org/10.11588/diglit.14172#0113

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DAS SPIEL.

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listisch-ästhetischen Spieltheorie ausspricht. „Der Mensch soll mit der
Schönheit nur spielen, und er soll nur mit der Schönheit
spielen. Denn ... der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des
Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er
spiel t."

In der philosophischen Lehre Schillers wird grundsätzlich der Be-
griff des Spieles vom Ideal des Schönen ästhetisch bestimmt, und dieser
Bedeutung des Spieles entspringt eine idealistische Auffassung der Ent-
wicklung von der „Barbarei" zur Kultur. Mit der „Freude am
S c h e i n", der „Neigung zum Putz und zum Spiele" enthebt sich
der Mensch „der Sklaverei des tierischen Standes"; so werden die nega-
tiven Vorbedingungen für das künstlerische Spiel geschaffen. Ja, zu
diesen kann nun sogar gerechnet werden, was sich schon bei den Tieren
als ein „Schimmer von Freiheit" findet. „Das Tier arbeitet, wenn
ein Mangel die Triebfeder seiner Tätigkeit ist, und es spielt, wenn
der Reichtum der Kraft diese Triebfeder ist, wenn das überflüssige
Leben sich selbst zur Tätigkeit stachelt. Selbst in der unbeseelten Natur
zeigt sich ein solcher Luxus der Kräfte und eine Laxität der Bestim-
mung, die man in jenem materiellen Sinne gar wohl Spiel nennen
könnte." Die Natur nimmt also „von dem Zwang des Bedürfnisses oder
dem physischen Ernste ... durch den Zwang des Überflusses
oder das p h y s i s c h e S p i e 1 den Übergang zum ästhetischen Spiele,
und ehe sie sich in der hohen Freiheit des Schönen über die Fessel
jedes Zweckes erhebt, nähert sie sich dieser Unabhängigkeit wenigstens
von ferne schon in der freien Bewegung, die sich selbst Zweck
und Mittel ist". Auch die freie Bewegung der Phantasie des Menschen
als „materielles Spiel", „in welchem sie, ohne alle Beziehung auf Gestalt,
bloß ihrer Eigenmacht und Fessellosigkeit sich freut", gehört noch „zu
seinem animalischen Leben" und beweist „bloß seine Befreiung von
jedem äußeren sinnlichen Zwang, ohne auf eine selbständige bildende
Kraft in ihm schließen zu lassen". Hier macht Schiller eine Anmerkung,
welche seinen Begriff der gewöhnlichen Spiele näher erläutert: „Die
mehresten Spiele, welche im gemeinen Leben im Gange sind, beruhen
entweder ganz und gar auf diesem Gefühle der freien Ideenfolge oder
entlehnen doch ihren größten Reiz von demselben. So wenig es aber auch
an sich selbst für eine höhere Natur beweist, und so gerne sich gerade
die schlaffesten Seelen diesem freien Bilderstrome zu überlassen pflegen,
so ist doch eben diese Unabhängigkeit der Phantasie von äußern Ein-
drücken wenigstens die negative Bedingung ihres schöpferischen Ver-
mögens. Nur indem sie sich von der Wirklichkeit losreißt, erhebt sich
die bildende Kraft zum Ideale, und ehe die Imagination in ihrer produk-
tiven Qualität nach eignen Gesetzen handeln kann, muß sie sich schon
 
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