Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 27.1933

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14172#0431
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DAS ERLEBNIS DER NÄHERUNG.

319

Voraussetzungen der chinesischen Tuschlandschaft einfühlen können.
Welchen Fortschritt dies aber gegenüber einem Zustande bedeutet, in
welchem wir, die wir diesem Kronjuwel aus der Schatzkammer ostasiati-
scher Hochkunst doch persönlich nähertreten wollen, darauf an-
gewiesen sind, auf der Suche nach dem Verstehen die Ähnlichkeit mit
der Kalligraphie, die exotisch-dekorative Wirkung und die anziehend
symbolischen Sujets zu bewundern oder nach weiteren technischen Eigen-
tümlichkeiten zu suchen, das bedarf wohl nicht vieler Worte.

Selbstverständlich dürfen wir uns nie der Hoffnung hingeben, als
könnten wir eine von uns durch Weltteile, Rasse und Jahrhunderte
geschiedene Kunst in ihrem innersten Kerne uns jemals zu eigen machen.
Bestehen doch sogar innerhalb unserer abendländischen Kulturen so
viele „Unübersetzbarkeiten"! Worte des Tagesbedarfs sind übersetzbar,
Zeichen und Formen können wir kopieren. Unübersetzbar aber ist all
das Unbewußte, das sich daran knüpft; und das bewirkt, daß ge-
rade große Künstler, Dichter, Musiker fremder Kulturen, deren Werk
wir Wort für Wort übersetzen oder Ton für Ton spielen können, doch
für unser Kunsterlebnis so oft noch einen ungelösten Rest behalten, der
vielleicht gerade das charakteristischste Erlebnis ihrer Landsleute
umschließt. e~

Der tiefste Seelengrund asiatischen Lebens u:="n
notgedrungen ein versiegeltes Buch sein und bleibt
bedingte Weltschau eines Kulturtypus ist die durch
bedingte Weltschau eines anderen Kulturtypus eir.e-17
mus, und nur die Symptome sind auf einem intel =- «
stellbar. Bestenfalls ist eine fremde Weltschau stüc e_r
Grenzen intuitiv zu erfassen. Haben wir aber einm|_ 5
facher Anschauung das asiatische Erlebnis der >e_2 ^
faßt, dann kann es nicht nur unseren Genuß am a e_ j£
vertiefen, sondern — und darin liegt ein methodolo = « ■§
— uns auch gute Dienste bei den bisher noch nicht 1
Ergebnissen unternommenen Versuchen leisten, irg = Q
fenden Stilunterschiede zwischen den £3
ostasiatischen Kunstgebieten zunächsE- £ >
wahrzunehmen und sodann stilkritisc f-^ O 1
schungen zugrundezulegen. |- >
 
Annotationen