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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 27.1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14172#0354
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Besprechungen.

The Earl of Listowel: A critical history of modern aesthetics.
London, George Allen & Unwin Ltd. 1933.

Dies Buch, eine Londoner Doktorthese, besteht aus zwei Hauptteilen, einem
geschichtlichen und einem kritischen. Der geschichtliche Teil enthält manches, was
für deutsche Leser neu sein dürfte. Bosanquet, bei uns nur als Historiker der Ästhe-
tik bekannt, wird ebenso wie Alexander als Systematiker gewürdigt. Wir erfahren
von den „Cambridge Psychologists" C. K. Ogden, J. A. Richards, James Wood
(The Foundations of Aesthetics), die das ästhetische Erlebnis als „a state of equili-
brium" beschreiben; wir hören von. zwei Oxforder Philosophen C. F. Carritt und
R. G. Collingwood, daß sie Croces Lehre nach England gebracht haben; und wir
lernen den Hegelianer W. T. Stace kennen. Der wesentliche Inhalt des Abschnittes
besteht in der Schilderung der ästhetischen Hauptrichtungen. Kurz, aber zulänglich
werden dargestellt die Theorien des Ausdrucks, der Lust, des Spiels, des Scheins;
nur die wenigen Seiten über die phänomenologische Ästhetik (zu ergänzen durch
S. 192 f.) scheinen mir nicht auszureichen, um dem englischen Leser einen Begriff
von der Sache zu geben. Von den psychologischen Lehren geht der Verfasser dann
zu der allgemeinen Kunstwissenschaft über. Hier wird mit Recht Schmarsow aus-
führlich behandelt. Besonders geglückt scheint mir das Kapitel über die soziologi-
sche Ästhetik. Unbekannt war mir bisher das vom Verfasser erwähnte achtbändige
Werk des Amerikaners G. L. Raymond: zwei Bände beschäftigen sich mit Kunst
und Schönheit im allgemeinen, der Rest hat es mit den einzelnen Künsten zu tun. —
Wenn man diesen ganzen ersten Teil überblickt, so muß man sagen, daß er brauch-
bare Auszüge in geschickter Anordnung bringt. Bedauert habe ich, daß Listowel
mein Buch nicht in der zweiten Auflage verwendet hat und daß auch von den
Ergänzungen, die meine „Beiträge" enthalten, die meisten nicht berücksichtigt wor-
den sind.

Im zweiten Teil setzt sich der Verfasser vornehmlich mit der deutschen Ästhetik
der Gegenwart auseinander. Vortrefflich ist, was er zur Einfühlungstheorie sagt.
Er weist darauf hin, daß für Lipps Einfühlung die einzige Quelle des ästhetischen
Erlebens ist, daß aber auch Lipps auf formale Grundsätze wie Einheit in der Man-
nigfaltigkeit und monarchische Unterordnung nicht verzichten kann; daß er zwar
einerseits Psychologie treibt, andrerseits jedoch die Bedeutung der objektiven Ge-
füge nicht völlig leugnen kann. Auch Listowel verwirft den Satz de gustibus non
est disputandum und hält an Normen fest, geht indessen nicht so weit wie Lipps,
der die Ästhetik in dasselbe Verhältnis zur Kunst bringt, wie die Mechanik zu den
Leistungen des Ingenieurs, oder die Physiologie zur Behandlung von Krankheiten.
Man kann nicht Künstler werden auf Grund von Lehrbüchern. Dennoch bleibt den
ästhetischen Normen der Wert, daß sie uns im Zusammenhang halten mit bester
Kunst. Im Anschluß an Volkelt und Scheler wird nochmals die Einfühlung als ein
ursprünglicher und eigenartiger Vorgang geschildert. Ausführlich spricht dann
Listowel über Volkelts großes Werk, das ihm trotz seiner Ausdehnung unvoll-
 
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