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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 31.1937

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Töwe, Christian: Die Methoden der Kunstgeschichtsschreibung : ein systematischer Einteilungsversuch
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https://doi.org/10.11588/diglit.14170#0368
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BEMERKUNGEN

Streit die beteiligten Historiker immer so aufregt: beruht doch eine Entscheidung
hierüber nicht so sehr auf einer nüchternen Prüfung und vorsichtigen Interpretation
der geschichtlichen Tatsachen (die in dieser Hinsicht freilich meist mehrdeutig sind);
sondern sie gründet sich auf ganz primäre, meist unbewußte, in den Historikern sehr
tief wurzelnde Einstellungen, die gar keine „Erzeugnisse des Denkens" darstellen
und damit jeder Diskussion entzogen sind. Je nach den Grundeinstellungen eines
Historikers, eines Volkes oder einer Zeit zum Leben, zur Welt im allgemeinen und
zur Kunst im besonderen wird die Wahl seiner Methode ausfallen: Für Schnaase war
das gesamte Kulturleben eine unteilbare, innige Einheit, und so mußte er Kunst-
historie als Kulturhistorie schreiben. Für Karl Justi waren die Kunstwerke in erster
Linie Dokumente des Lebens ihrer Schöpfer, Bekenntnisse großer Künstler, und so
wurde ihm die Kunsthistorie zur Biographie. Semper und seine Zeit „sahen" vor-
wiegend die technisch-materielle Schicht der Kunstwerke, und so mußte die Historie
eine erklärend naturwissenschaftliche, eine Kunsthistorie als Historie der Technik
und des Materials werden. Wölfflin sah vor allem die allgemeine Form in jedem
Werke, den Stil, und so wurde er zum Historiographen und Charakterologen großer
Stile.
 
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