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Fr. Boltz, der Thiermaler. Von Fr. Pecht.
Ziegen zu verzieren, sondern er giebt uns diese Geschöpfe durchaus naiv, selten dramatisch
Heftig bewegt und bewußt, am liebsten als bloße Ergänzung und Belebung der landschaft-
lichen Scenerie wieder. Er verbindet durchaus keine anderen, als rein malerische Zwecke
mit ihrer Darstellung; es fällt ihm weder ein, die Lämmer als Bock, noch sie als
Theolog zu betrachten. Er überläßt das jenen, die vielleicht geistreichere Leute und jeden-
falls schlechtere Koloristen sind.
Wäre also seine Auffassung der Thierwelt eine durchaus der malerischen Verwend-
barkeit derselben entsprechende, meist ruhige, gemüthliche, so giebt uns gerade diese Schil-
derung des Naturlebens in ihrer seltenen Unbefangenheit und Harmlosigkeit den indivi-
duellen Charakter der Hausthiere, denn auf diese beschränkt sich seine Darstellung, am
reinsten wieder, und adelt ihn zugleich sehr oft auch durch eine wahrhaft wohlthuende,
frische und kernige Poesie, die ja auch beim Bildniß in der schönen Harmonie der Erschei-
nung mit der Empfindung, aus der es Hervorgequollen, besteht. Solch rein malerischen
Standpunkt festzuhalten, ist nicht so leicht, es gehört ein sehr gesundes ächtes Talent
dazu; denn so wenig es unserem Meister einfällt, ein Schaf als Lamm Gottes aufzu-
fafsen, eben so wenig kommt es ihm auch bei, dasselbe bloß als eineu Träger von Wolle
zu geben, aus der Wiedergabe des Fells und nicht aus der des lebendigen Wesens selber
die Hauptsache zu machen.
Aber auch die Thiere, uud hier ist der entscheidende Punkt, sind ihm nur Theile
eines Ganzen, Voltz malt nicht Vieh, sondern Bilder mit Thieren. — Das Bild ist ihm
die Aufgabe, zu welcher er mit richtigem künstlerischen Instinkte von jeher sowohl die
landschaftliche als die Thier-Natur verwendete. Anch die Menschen, die er da und dort
anbringt und bei deren Auffassung er gerade so specifisch malerisch verfährt, wie bei der des
Viehes. Hier unterscheidet er sich durchaus von den modernen Franzosen, er komponirt
oder dichtet seine Landschaften wirklich und sucht nicht blos das erste beste Stück Natur
mit möglichster Wahrheit und realistischer Treue aber auch Nüchternheit wiederzugeben.
Er spricht nicht in Prosa wie diese, sondern entschieden in wohllautenden Versen, in sorg-
fältig abgewogenen, rhythmisch durchgebildeten Formen. Denn so gut etwas überhaupt
erst Musik sein muß und nicht ein bloßer Lärm, um zur Harmonie zu gelangen, so gut
muß die Darstellung anch erst ein Bild machen, bevor man sich um das Weitere kümmern
kann, und zwar muß nicht nur das Ganze, sondern auch jedes Einzelne wieder für sich ein
Bild geben. Macht man die Erzählung, die Charakteristik, die symbolische Bedeutung oder
was immer zum Hauptzweck, so wird man immer in Gefahr sein, die vornehmlichste
Anforderung an ein Kunstwerk aus den Augen zu verlieren.
Wer halbwegs Augen hat, wird nun freilich sehen, daß Raffael mit seinen Aposteln
nicht um ein Haar anders umging, als unser Voltz mit seinen Ochsen, und daß der letztere
gerade seinen eben so wohlverdienten als unbestreitbar großen Erfolg dem vollendet künstle-
rischen Eindruck verdankt, welchen seine Bilder machen. Diese harmlose Lust an der Er-
scheinung, das unbefangene Auge für die malerische Schönheit unserer vaterländischen
Natur, sei es nun, daß er sie in der gemüthvollen Fülle unserer Dörfer, aus weiter Haide
oder sonniger Alme belausche, sei es, daß er uns die Schwüle des Mittags oder die wür-
zige Luft des Morgens mit gleicher Meisterschaft einathmen lasse, immer wird es die
Gesundheit und Anspruchslosigkeit, das ächte Natur-, aber ganz besonders das ächte Kunst-
gefühl sein, was uns für ihn einnimmt.
Da diese animalischen Konversationsstücke, wie wir Boltz' Bilder im Gegensatz zu den
heiligen Konversationen wohl nennen dürfen, bei der außerordentlichen Fruchtbarkeit des
Meisters bald einförmig werden müßten, fo hat er die landschaftliche Umgebung, in
Fr. Boltz, der Thiermaler. Von Fr. Pecht.
Ziegen zu verzieren, sondern er giebt uns diese Geschöpfe durchaus naiv, selten dramatisch
Heftig bewegt und bewußt, am liebsten als bloße Ergänzung und Belebung der landschaft-
lichen Scenerie wieder. Er verbindet durchaus keine anderen, als rein malerische Zwecke
mit ihrer Darstellung; es fällt ihm weder ein, die Lämmer als Bock, noch sie als
Theolog zu betrachten. Er überläßt das jenen, die vielleicht geistreichere Leute und jeden-
falls schlechtere Koloristen sind.
Wäre also seine Auffassung der Thierwelt eine durchaus der malerischen Verwend-
barkeit derselben entsprechende, meist ruhige, gemüthliche, so giebt uns gerade diese Schil-
derung des Naturlebens in ihrer seltenen Unbefangenheit und Harmlosigkeit den indivi-
duellen Charakter der Hausthiere, denn auf diese beschränkt sich seine Darstellung, am
reinsten wieder, und adelt ihn zugleich sehr oft auch durch eine wahrhaft wohlthuende,
frische und kernige Poesie, die ja auch beim Bildniß in der schönen Harmonie der Erschei-
nung mit der Empfindung, aus der es Hervorgequollen, besteht. Solch rein malerischen
Standpunkt festzuhalten, ist nicht so leicht, es gehört ein sehr gesundes ächtes Talent
dazu; denn so wenig es unserem Meister einfällt, ein Schaf als Lamm Gottes aufzu-
fafsen, eben so wenig kommt es ihm auch bei, dasselbe bloß als eineu Träger von Wolle
zu geben, aus der Wiedergabe des Fells und nicht aus der des lebendigen Wesens selber
die Hauptsache zu machen.
Aber auch die Thiere, uud hier ist der entscheidende Punkt, sind ihm nur Theile
eines Ganzen, Voltz malt nicht Vieh, sondern Bilder mit Thieren. — Das Bild ist ihm
die Aufgabe, zu welcher er mit richtigem künstlerischen Instinkte von jeher sowohl die
landschaftliche als die Thier-Natur verwendete. Anch die Menschen, die er da und dort
anbringt und bei deren Auffassung er gerade so specifisch malerisch verfährt, wie bei der des
Viehes. Hier unterscheidet er sich durchaus von den modernen Franzosen, er komponirt
oder dichtet seine Landschaften wirklich und sucht nicht blos das erste beste Stück Natur
mit möglichster Wahrheit und realistischer Treue aber auch Nüchternheit wiederzugeben.
Er spricht nicht in Prosa wie diese, sondern entschieden in wohllautenden Versen, in sorg-
fältig abgewogenen, rhythmisch durchgebildeten Formen. Denn so gut etwas überhaupt
erst Musik sein muß und nicht ein bloßer Lärm, um zur Harmonie zu gelangen, so gut
muß die Darstellung anch erst ein Bild machen, bevor man sich um das Weitere kümmern
kann, und zwar muß nicht nur das Ganze, sondern auch jedes Einzelne wieder für sich ein
Bild geben. Macht man die Erzählung, die Charakteristik, die symbolische Bedeutung oder
was immer zum Hauptzweck, so wird man immer in Gefahr sein, die vornehmlichste
Anforderung an ein Kunstwerk aus den Augen zu verlieren.
Wer halbwegs Augen hat, wird nun freilich sehen, daß Raffael mit seinen Aposteln
nicht um ein Haar anders umging, als unser Voltz mit seinen Ochsen, und daß der letztere
gerade seinen eben so wohlverdienten als unbestreitbar großen Erfolg dem vollendet künstle-
rischen Eindruck verdankt, welchen seine Bilder machen. Diese harmlose Lust an der Er-
scheinung, das unbefangene Auge für die malerische Schönheit unserer vaterländischen
Natur, sei es nun, daß er sie in der gemüthvollen Fülle unserer Dörfer, aus weiter Haide
oder sonniger Alme belausche, sei es, daß er uns die Schwüle des Mittags oder die wür-
zige Luft des Morgens mit gleicher Meisterschaft einathmen lasse, immer wird es die
Gesundheit und Anspruchslosigkeit, das ächte Natur-, aber ganz besonders das ächte Kunst-
gefühl sein, was uns für ihn einnimmt.
Da diese animalischen Konversationsstücke, wie wir Boltz' Bilder im Gegensatz zu den
heiligen Konversationen wohl nennen dürfen, bei der außerordentlichen Fruchtbarkeit des
Meisters bald einförmig werden müßten, fo hat er die landschaftliche Umgebung, in