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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Beissel, Stephan: Miniaturen aus Prüm, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0022

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1906. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. I.

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bei derselben dargestellt sind. Nur zehn
Apostel umgeben Maria. Der Heiland steigt
in einer Mandorla auf. Doch erfaßt er nicht
die Hand, welche Gott ihm zeigt. Der Minia-
tor versucht offenbar, die Sequenz zu illu-
strieren, worin Notker Christi Himmelfahrt
schildert als eiligen Lauf, ja als Sprung in die
Höhen des Himmels.10) Ohne Beziehung auf
Notkers Text bleibt das Bild unverständlich,
weil es sich zwar auf ältere Vorbilder stützt,
aber die Bewegung Christi steigert und die
Gruppe der Apostel lebhafter gestaltet.

Die Darstellung des Pfingstfestes (Abb. 4)
ist durch manche Einzel-
heiten eigenartig. Zuerst
vermißt man sowohl
Strahlenbündel als feurige
Zungen,wodurch gewöhn-
lich die Herabkunft des
Heiligen Geistes versinn-
bildet wird. Dann sind
nur elf Apostelyersammelt.
Maria, welche in den
meisten Pfingstbildern des
X. und XL Jahrh. sich
nicht findet, sitzt auf der
Ehrenstelle,einem Apostel
gegenüber, Petrus thront
mit seinem Schlüssel hinter
ihr. DerMalerstellteMaiia
hier dar, weil die Apostel-
geschichte (1, 14) hervor-
hebt, sie habe mit den
Aposteln im Coenakulum
betend die Ankunft des
Heiligen Geistes erwartet. ^^^^^^^^^^^^

Zum 15. August ist zuerst Marias Tod
dargestellt. Die Leiche der Gottesmutter liegt
auf der Bahre. Christus steht hinter derselben
zwischen den Aposteln. Er reicht die als
kleines Kind dargestellte Seele dem Erzengel
Michael. In der oberen Hälfte des Rahmens
sieht man, wie Michael emporschwebt und die
Seele der aus einem lichten Halbkreise her-

■0) Notker, >In ascensione Domini« : Saltum de
coelo dedit in virginalem Ventrem, inde in pelagus
saeculi. Postquam illud suo mitigavit Potentatu,
tetras Phlegethontis Assiliit tenebras. Denique saltum
dederat hodie Maximum, nubes polosque Cursu prae-
peti transiens. — Migne, »Patrol. lat.« CXXXI ,
1012. Wie in dieser Miniatur ältere Vorlagen umge-
arbeitet sind, zeigen die Abbildungen bei Rohault,
»L'evangile«, II, pl. 98 s. und »La sainte Vierge«,
L pl. 52 s.

tretenden Hand Gottes bringt, welche bereit
ist, eine Krone auf deren Haupt zu setzen.
Sowohl die Seele als der Erzengel sind also
zweimal dargestellt.11)

In einem zweiten Bilde thront Maria,
von einer purpurnen Mandorla umgeben, mit
ausgebreiteten, zum Gebet erhobenen Händen
auf einer lilafarbigen Kugel. Ihr Haupt trägt
einen kreisförmigen Heiligenschein; ein ähn-
licher Kreis umgibt ihre Füße. Ihre Brust ist
durch zwei runde Spangen geziert.12)

Zum Feste der Apostelfürsten
(29. Juni) gibt der Miniator in zwei Bildern
vier Szenen. Die erste
(Abb. 5) ist erklärt worden
als „Bekenntnis Petri an
den Heiland", die zweite
als „Petri Befreiung aus
dem Kerker durch einen
Engel". Ein andererKunst-
gelehrter wurde durch die
erste Szene an den Be-
richt erinnert, der erzählt,
„wie Paulus den Magier
Barzeser blind machte".1S)

Abb. 4. Das Pfingstfest.
(Aus dem Tropar von Prüm.)

") Sauerland und
Haseloff, »Der Psalter
Erzbischof Egberts« (Trier
1901), S. 103; Vöge, »Maler-
schule, Westdeutsche Zeit-
schrift«, Erg. VII, S. 12 Anm.
In Notkers Martyrologium
heißt es: Cum audissent (apos-
toli), quod (Maria) esset assu-
menda de mundo, vigilabant
cum ea simul. Et ecce Do-
minus Jesus advenit cum an-
gelis suis et aeeipiens animam ejus tradidit
archangelo Michaeli et recessit. Die Stelle ist
entnommen aus Gregor. Tur. »Liber in gloria martv-
rum« c. 4 (Mon. Germ. SS. rerum Meroving I, 489).
Gregor erhielt seine Nachricht aus Pseudo-Melito
»De transitu Mariae« (Bibl. max. Patrum II, 2 p., 214).
12) Die thronende Madonna im Heidelberger
Sakramentar des X. Jahrh. (abgebildet bei v. Oechel-
häuser, »Die Miniaturen der Universitätsbibliothek
zu Heidelberg« (Heidelberg 1887), Tafel 2, vgl.
S. 34 f.) hat mit dieser Prümer Darstellung Marias
keinerlei Schulverwandtschaft. Dagegen erinnert die
Anordnung der Maria umgebenden Kreise sehr an
das Bild des Erlösers im Evangelienbuche von Upsala.
Vgl. diese Zeitschrift, 1898, Sp. 23 und den Licht-
druck.

ls) Reyners, in der »Westdeutschen Zeitschrift,
Korrespondenzblatt«, VII, (1888), 278; Ed. Braun,
im »Erg. IX der Westdeutschen Zeitschrift«, 91.
Farbige Abbildung bei Louandre. Über die Kapelle
Johanns VII. vgl. Beissel, »Bilder aus der Ge-
 
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