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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Beissel, Stephan: Miniaturen aus Prüm, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0043

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1906. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 2.

52

Mann mit seiner Frau) und einen von Hunden
gehetzten Hasen. S. 238 thront in der Ini-
tiale die hl. Anna mit ihrer Tochter. Eine
Frau schüttet Wasser in ein Becken zum Bade
und versucht mit der Hand, ob es warm genug
sei. Der Rand zeigt eine in einem Tierleib
endende Frau, welche gegen zwei ebenso
endende Mönche Pfeile abschießt, und zwei
kniende, Kerzen tragende Engel neben der
Gottesmutter. S. 202 steht bei der Messe der
Kirchweihe ein

Im****"

-■■,■ «8J

f

Bischof vor einem

Kirchenportal,
unten auf dem
Rande aber in un-
gewöhnlichgroßer
Gestalt ein halb
nackter Mann, der
die Feier durch
kräftiges Blasen in
zwei Posaunen zu
erhöhen sucht
(Abb. 15). S. 198
ist die Heim-
suchung Elisa-
beths durch Maria
in der Initiale ge-
schildert. Auf dem
Rande steht der
hl. Benedikt und
kämpfen zwei in

Tierleibern
endende Ritter

gegeneinander.
S. 188 enthält die
Initiale die Dar-
stellung Christi.
Der Rand bietet
schwebendeEngel
und den sehr
lebenswahr ge-
schilderten Streit eines Mannes mit seiner Frau.
Das Buch ist mit einer Menge ähnlicher
Minaturen geziert. Das Brevier des Trierer
Erzbischofes Balduin von Luxemburg (f 1354),
das die Koblenzer Gymnasialbibliothek zur
Düsseldorfer Ausstellung (N. 553 c) gesandt
hatte und das dort neben dem Missale aus Prüm
lag, ist feiner und spitzer ausgeführt, bevorzugt
noch mehr die Karrikaturen. Letztere sind
aber nicht so geistreich ausgeführt und, um
in das kleinere Buch zu passen, in viel kleinerm
Maßstabe gehalten. Sie verraten aufmerksame

Abb. 13. Widmung
(Aus der Kopie des Prümer

Beobachtung der Natur. Beispielsweise läuft
auf dem Blatte, dessen Initiale Christi Himmel-
fahrt darstellt, eine Frau hinter einem Wald-
menschen her, welcher ihr ein Kind raubte.
Dann schießt ein Mann mit einem Pfeil nach
einem Vogel. Bei der Initiale mit dem Bilde
der Auferstehung Christi sitzt unten eine
spinnende Frau neben einer brütenden Henne.
Beide Bücher sind Zeugen starker Verwelt-
lichung der hohen Kirchenfürsten des XIV.

Jahrh. Schon

'i Potho von Prüm
hatte in einer
Schrift um die
Mitte des XII.
Jahrh. geklagt,
Söhne vornehmer
Familien wollten
Bischöfe und Prä-
latenwerden,mehr
um vorzustehen,
als um zu nützen.
(Ut Ecclesiae Dei
magis praesint,

quam prosint.)
AbtFriedrich wird
darum, wie wir
sahen (Abb. 10,
Sp. 47/48),vom hl.
Benediktermahnt,
zu nützen, nicht
nur zu regieren.
Den Grund des
Verfalls gibtPotho
in dem Satze:
„Religio peperit
nobis divitias; sed
filia devoravit
matrem". „Fröm-
migkeit gebar uns
Reichtümer; aber
die Tochter hat die Mutter verzehrt". Während
seine Abtei in ihrer Blütezeit 300 aus den vor-
nehmsten Geschlechtern stammende Mönche
zählte, hatte sie 1361, also um die Zeit als
jenes Missale entstand, nur mehr l(i. In einem
damals abgeschlossenen Vertrage wurde das
Vermögen geteilt. Der dem Abt zufallende
Anteil (er betrug im XVIII. Jahrh. jährlich
36 000 Reichsthaler) sollte zu dessen Unter-
halt, zur Repräsentation, sowie zur Beschaf-
fung der Kirchensachen, Paramente, Bücher
und dergleichen dienen. Der Rest (im Jahre

der Kirche von Prüm.

Güterverzeichnisses in Trier,
 
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