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Zeitschrift für christliche Kunst — 19.1906

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Braun, Joseph: Die St. Andreaskirche zu Düsseldorf, ihre Stuckdekoration und ihre Stellung zu den übrigen rhein. Jesuitenkirchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4095#0065

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1906. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

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Das letzte Gewölbejoch im Mittelschiff wie
in den Seitenschiffen ist mit Bildern von
Heiligen oder Seligen aus fürstlichen oder
edlen Häusern geschmückt. Im Gewölbe des
Mittelschiffes schauen wir heilige Könige,
Sigismund von Burgund, Kaiser Heinrich IL,
Kaiser Karl d. Gr. und St Ludwig von
Frankreich, alle in königlicher Tracht. Von
den vier Gewölbefeldern im linken Seiten-
schiff winken heilige Herzöge herab, Robert,
Herzog von der Rheinpfalz, Emmerich, Herzog
von Ungarn, VVenzeslaus, Herzog von Böhmen
und Kasimir, Herzog von Polen. Ein Schild,
der neben den einzelnen angebracht ist, ent-
hält das pfälzische bzw. ungarische, böhmische
und polnische Wappen. Das Gewölbe des
rechten Seitenschiffes weist heilige Grafen auf.
Luthard, Graf von Cleve, Eleazar, Graf von
Ariano (Süditalien), St. Megingosus, Graf von
Geldern und Eberhard, Graf von Hesbaye in
Belgien (Provinz Lüttich). Daß man diesen
Heiligen einen Platz im Mittelschiff und in
den Hauptgewölben der Seitenschiffe anwies,
mag eine Artigkeit gegenüber Wolfgang Wilhelm
gewesen sein. Mußten doch selbst die vier
großen lateinischen Kirchenlehrer, diehhl.Gregor
d. Gr., Ambrosius, Augustinus und Hieronymus,
um für die fürstlichen Heiligen Raum zu
schaffen, sich mit einer Stelle an dem Gewölbe
unter der Orgelbühne gleich hinter dem Haupt-
eingang der Kirche bescheiden.

In den Gewölben unter den Emporen des
linken Seitenschiffes haben weibliche Heilige
einen Platz gefunden. Ihre Reihe beginnt mit
vier jungfräulichen Heiligen, St. Katharina von
Schweden, St. Pulcheria, St. Edeltraud und
St. Kunigunde Dann folgen in den acht
Feldern des zweiten und dritten Gewölbes acht
heilige Märtyrinnen, St. Katharina, St. Barbara,
St. Agatha, St. Ursula, St. Apollonia, St. Agnes,
St. Christina und St. Cäcilia. In den Kappen
des vierten Gewölbes begegnen wir hhl. Witwen,
einer hl. Helena, einer hl. Brigitta, einer hl.
Monika und einer hl. Elisabeth von Thüringen,
während das letzte, an die Fassade anstossende
drei hhl. Büßerinnen, der hl. Maria, der Nichte
des Syrers Abraham, der hl. Maria Magdalena,
der hl. Maria von Ägypten und der hl. Ere-
mitin Eugenia zugeteilt ist. Alle vier knien
vor einem Kreuze, während um sie herum am
Boden Bußwerkzeuge liegen. Daß heilige Frauen
in den unteren Gewölben des linken Seiten-
schiffes zur Darstellung kamen, hat seinen

Grund in dem Umstand, daß die linke Seite
des Langhauses den Frauen angewiesen zu sein
pflegt. Die Gewölbe unter den Emporen
rechter Hand enthalten die Bilder männlicher
Heiligen und zwar zunächst eine Serie von
zwölf Märtyrern. Dieselbe umfaßt vier hhl.
Bischöfe, St. Dioysius, das Haupt in der Hand,
St. Ignatius von Antiochien, der von Löwen
zerrissen wird, St. Blasius und St. Bonifatius,
den hl. Priester Vincentius, die hhl. Stephanus
und Laurentius, den hl. Vitus und vier heilige
Krieger, die für ihren Glauben ihr Leben hin-
gaben: St. Sebastianus an einen Baum ange-
bunden und von Pfeilen durchbohrt, St. Georg,
den Drachen tötend, St. Achatius und St. Qui-
rinus, beide letztere einen Kranz auf dem Haupt
und ein Kreuz in der Hand. Den heiligen
Märtyrern folgen vier heilige Ordensstiften
St. Benedikt mit Stab, Becher nnd Buch,
St. Bruno, der Stifter der Kartäuser, St. Fran-
ziskus, die Wundmale empfangend und St. Do-
minikus mit Buch und Lilie, begleitet von
einem Hund, der einen Feuerbrand im Maul
trägt. Die vier Felder des letzten Gewölbes
endlich haben als Parallele zu den Büßerinnen
des linken Seitenschiffes hl. Einsiedler aufge-
nommen, St. Paulus, dem durch einen Raben
Brot gebracht wird, St. Abraham den Syrer,
St. Makarius, der sich geißelt, und St. Antonius,
den die Teufel bei der Lesung stören.

Die Darstellungen der heiligen Büßer und
Büßerinnen machen den Beschluß der Bilder
in den Gewölben. Es ist in der Tat eine
förmliche Allerheiligenlitanei, was von oben
herunlerschaut, und damit alles leicht verstanden
werde, sind die einzelnen Heiligen ausdrücklich
durch Beischriften, und nicht bloß durch ihre
Abzeichen kenntlich gemacht. Bemerkenswert
ist, daß unter ihnen allen sich keine Heilige
oder Selige der Gesellschaft Jesu befinden, nicht
einmal ihr Stifter, der hl. Ignatius. Immerhin
sind sie bei der Dekoration nicht ganz über-
gangen worden. Ihre Bilder wurden an den
Schmalwänden der Emporen angebracht, und
zwar in Form von Brustbildern. St. Ignatius
und St. Franziskus Xaverius stehen über der Türe,
welche von den Emporen in die Turmoratorien
führen, St. Aloysius und St. Stanislaus ihnen
gegenüber über den Fenstern, durch welche die
Emporen von der Fassade her Licht erhalten.

NachGurlitt10) soll die Düsseldorfer Jesuiten-
kirche von belgischen Bauten beeinflußt sein.

,n) »Geschichte des Barocks in Deutschland«, S. 21.
 
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