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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Braun, Joseph: Unveröffentlichte mittelalterliche Paramente
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0027

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1910. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1.

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mangelt. Die Musterung besteht aus Kontur und
andersfarbigem Kern. Bei rotem Grund ist die
Kontur bald grün, bald blau, bald gelb, bald
weiß, der grünen Kontur aber entspricht bei
rotem Grund ein gelber Kern, der blauen ein
weißer oder gelber, der gelben und weißen
ein grüner. Eine ähnliche Mannigfaltigkeit
in bezug auf die Farbe von Kontur und Kern
herrscht beim grünen und beim violetten Grunde,
und so wird man unschwer begreifen, daß
es der Stola allerdings an Buntheit, ja Bunt-
scheckigkeit keineswegs fehlt. Ein Kreuz gibt
es weder an den
Enden noch in der
Mitte der Stola.

Technik und Orna-
mentation der Stola
haben ihr genaues
Gegenstück auf ver-
schiedenen Paramen-
ten des XIII. Jahrh.,
von denen ich namenU
lieh die Gößer an-
führen möchte, weil
diese auch- in der
unruhigen Farben-
gebung der Stola
durchaus gleichartig
sind. Wir werden da-
her auch wohl die
Stola dem XIII. Jahrh.
zuschreiben müssen,
eine Datierung, die
durch die Trapezform
der Enden ihre Be-
stätigung erhält. Was
hindert, die Stola noch

höher anzusetzen, ist ^^^^^^^^^^^
die Beschaffenheit der Zwickel, welche unten
an den Enden zur Erzielung des trapez-
förmigen Abschlusses angefügt wurden. Denn
Borten wie diejenigen, von denen die Zwickel
genommen wurden, kann man wohl nicht über
das XIII. Jahrh. hinaus datieren.

Die Kasel (Bild 6) gehört frühestens
der zweiten Hälfte, wahrscheinlich aber erst
der Wende des XV. Jahrh. an. Ihre Maß-
verhältnisse bekunden das. Bei einer Länge
von 1,34 m (hinten) bzw. 1,29 m (vorn) ist
sie im Rücken nur mehr 1 m breit, vor der
Brust 78 cm und auf den Schultern bloß 46 cm.
Aber auch ihr Schnitt zeigt es. Denn die
Schulterseiten des Gewandes laufen nicht

mehr unter einem rechten Winkel aufeinander
zu, sondern, in Anpassung an die Schultern,
unter einem stumpfen.

Veränderungen hat die Kasel allem An-
schein nach keine andern erlitten, als daß der
Kopfdurchlaß erweitert und mit einem neuen
Börtchen eingefaßt wurde. Es wird das, wie
eben dies Börtchen lehrt, im XVII. Jahrh.
geschehen sein. Es wäre demnach die Kasel
damals wohl noch nicht ganz außer Be-
nutzung gewesen. Daß sie in der Tat noch
lange nach ihrer Anfertigung gebraucht wurde,
beweist der Zustand
der Stickereien au f
den Besätzen der
Vorder- und Rück-
seite, die so sehr ab-
geschlissen sind, daß
sich von ihnen nur
sehr spärliche Reste
erhalten haben; ge-
rade genug, um fest-
zustellen, in welcher
Technik und in wel-
chen Farben die
Stickereien gearbeitet
worden waren.

Gemacht ist die
Kasel aus einem dicken,
gerauhten^ braunbe-
druckten Baumwoll-
stoff. Das Muster, mit
dem man sie versehen
hat, ist einem italieni-
schen Brokatell des
XV. Jahrh. nachge-
j bildet. Als Futter ist
ein derbes, braunrotes
Leinenzeug verwendet.

Die Besätze des Gewandes, Kreuz und
Stab, bestehen aus etwas feinerem, mit
Stickereien verziertem, jetzt verblasstem rotem
Leinen. Ihre Stickereien stellen Rankenwerk
dar, reicheres auf der Rückseite, einfacheres
auf der Vorderseite. Die Ranken zeigen
eleganten, gefälligen Schwung, sind aber, weil
aus freier Hand vorgezeichnet, in den einzelnen
Rapports von allzu ungleicher Länge und Breite.
Übrigens ist von den Stickereien kaum viel
mehr als eben die Vorzeichnung vorhanden.
Was die Ausführung der Stickereien anlangt, so
waren aus abgehefteten Goldfäden hergestellt
die Ranken sowie die Konturen und die Adern
 
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