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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Braun, Joseph: Unveröffentlichte mittelalterliche Paramente
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0028

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27

1910. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1?.

28

der Blätter und Blumen. Die Füllung der
Blumen und Blätter war durch konzentrische
Steppstichreihen bewerkstelligt worden, die
den roten Grund zum Vorschein kommen
ließen und zwar hatte man zum Ausfüllen der
Blumen zwei Töne
blauerSeidegebraucht,
zu dem der Blätter
zwei Töne grün er. Der
hellere Ton lag nach
der Kontur zu, der
dunklere bildete den
Kern — das Ganze
eine sehr wirkungsvolle
und dabei sehr leicht
auszuführende Orna-
mentation, die für
einfachere Stäbe zu
Kasein, Dalmatiken,
Pluvialien usw. durch-
aus zur Nachahmung
empfohlen werden
kann.

Auf dem schmäleren
Stab der Vorderseite
fehlen Blätter an den
Ranken. Sie sind
durch kleine gewun-
dene Ausläufer er-
setzt. Beibehalten
wurden aber, wenn
auch in etwas ver-
änderter, einen Ballen
darstellender Form die
Blumen. Sie wurden
indessen nicht ledig-
lich in Blau ausgeführt,
sondern abwechselnd
die einen in Blau,
die anderen in. Grün.
Das letzte der
Paramente ist ein
PanniseIlus(Bild7),
ein Ziertüchlein, das
Bischöfe und Äbte
am Stabe trugen. Es scheint erst um das
Ende des XIII. Jahrh. aufgekommen zu sein;
sicher nachweisbar ist es bereits um die Mitte
des XIV. Jahrh. Es haben sich nur sehr
wenige Panniselli erhalten und namentlich
sehr wenige, die gut erhalten sind. Ein
mittelalterlicher Pannisellus, wie der vor-
liegende, und dazu in so trefflichem Zustand,

Abb. 6.

Abb. 7

ist daher ein sehr seltenes Stück. — Der
Pannisellus besteht aus einem dreieckigen
Kopfstück und dem eigentlichen Tüchlein.
Das Kopfstück ist unten 572 cm breit, 58/4 cm
hoch und aus einfädigem Kanevas gemacht,
der in Leinengarn mit
kleinen geometrischen
Mustern, Rauten, Zick-
zack und ähnlichem
bestickt ist. Der Fond
zwischen der Stickerei
ist bzw. war mit grüner
Seide ausgefüllt.

Das Tüchlein ist
0,59 m lang, unten aus-
gespannt 2,55 m breit
und aus zwölf Zwickeln
von annähernd glei-
cher Breite gemacht,
zwischen die als Mittel-
stück ein von unten
bis oben überall nur
4V2 cm breiter Streifen
eingeschaltet ist. Die
Verbindungsnähte der
Zwickel hat man, um
sie mehr vortreten zu
lassen, mit einem
kräftigen Linnenfaden
durchzogen. Der Stoff
des Pannisellus ist ein
äußerst feiner Leinen-
krepp.

Zum Schluß noch
einige Worte über das
Kaselfragment aus
bedrucktem Baum-
wollzeug. Der Stoff
ist der gleiche wie
bei der soeben be-
schriebenen Kasel;
ebenso zeigt der Auf-
druck eine braune
Farbe. Dagegen ist
bei dem Fragment
nicht das Muster aufgedruckt, sondern der
Grund, von dem sich demnach das Muster,
ein reichentwickelter, schöner Granatapfel in
Weiß, abhebt, eine seltenere Art der ohnehin
nicht gerade allzu häufigen mittelalterlichen
bedruckten Zeuge. Der Stoff gehört der
zweiten Hälfte des XV. Jahrh. an.

Luxemburg. Joseph Braun.
 
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