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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Braun, Joseph: Ein Portatile im Nationalmuseum zu Kopenhagen
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0174

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253

1910. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

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zuzusprechen haben. Allerdings fehlt der
Altarstein in der Mitte der Oberseite; allein
so ausnahmlos war ein Stein bei den Porta-
tilien schwerlich in Gebrauch, außerdem mochte
man das Email der Oberseite als Ersatz für
einen wirklichen Stein betrachten.

Über die Herkunft des Kästchens läßt sich
etwas Sicheres nicht angeben. Kaum, daß
sich darüber Vermutungen aussprechen lassen.
Limoger Arbeit ist es schwerlich; eher möchte
man angesichts der Primitivität des Emails an
eine Entstehung im Norden selbst denken,
als an einen frühen, noch ganz unvollkommenen
einheimischen Versuch in der Emailletechnik.
Entstehungszeit des Stückes mag das späte XII.
oder das beginnende XIII. Jahrh. sein.

Ein unserm Emailkästchen im National-
museum zu Kopenhagen verwandtes Kästchen
befindet sich im Hildesheimer Domschatz.
Das Kreuzchen auf der oberen Platte fehlt
bei ihm allerdings, nicht jedoch die Reihen
der mit vergoldeten Knöpfchen versehenen

Stifte, mittels deren die Platten ringsum am
Holzkern befestigt sind. Leider scheint das
Hildesheimer Email, dessen knallige Färbung
beim ersten Blick bedenklich auffällt, und
dessen Deckelschmuck ein merkwürdiges Ge-
misch verschiedenartiger Motive ist, unecht
zu sein, und zwar waren es wohl die Motive
des Kopenhagener Portatile, unter deren Be-
nutzung es angefertigt wurde. Man vergleiche
namentlich die rückwärtige Langseite der
beiden Stücke. Wohl sind die Arkaturen und
das Figurenwerk des Hildesheimer Emails um
sehr vieles eleganter als die des Kopenhagener.
Sieht man aber genauer zu, so entdeckt man
alsbald eine geradezu überraschende Überein-
stimmung sowohl in der Bildung der Arkaden
wie in der der F'guren> ausgenommen die
zweite von links, um welche die fünf des
Kopenhagener Portatiles bereichert wurden,
für die also dieses kein unmittelbares Vor-
bild bot.

Luxemburg. Jos, Braun S. J.

Bücherschau.

Limburg als Kunst Stätte. Mitteilungen der
Vereinigung zur Förderung der Künste in Hessen
und im Rhein-Main-Gebiet. Herausgegeben von Dr.
Grein er.
Als mir das Buch zuerst in die Hände kam, konnte
ich mich eines leichten Angstgefühles nicht erwehren.
Limburg als Kunststätte: Nicht nur Straßerpaitien
und Architekturfriese der romanischen Epoche, selbst
Kunstgegenstände subtileren Charakters, wie eine Pax-
tafel in malerischer Überarbeitung als Illustrationen,
der Verfasser Leo Sternberg als Poet bekannt, als
Kunsthistoriker von Fach bislang meines Wissens noch
nicht genannt. Sagt einem der Inhalt eines Buchns
besonders zu, so liest man es zweimal, und schließlich
meint man, nicht unmittelbarer zum Verfasser sich in Be-
ziehung setzen zu können als dadurch, daß man einzelne
Partien laut vorliest. So ist es mir mit „Limburg als
Kunststätte'' ergangen. Einen ganz neuen Typ hat
uns ein als Kunstschriftsteller auf den Plan tretender
Poet geschaffen für Werke, die nicht nur die rein
wissenschaftliche Behandlung der Kunstaltertümer sich
zur Aufgabe gestellt haben, vielmehr auch die Heimat-
kunst breiteren Schichten des Volkes genießbar machen
will. Hinter dem nüchternen Historiker steht der
phantasiebegabte Dichter, der auf farbenprächtigem
Grunde sein Gemälde vom Werden der Kunsterzeugnisse
Strich um Strich aufträgt und jed-r Farbe einen stark
pointierten Siimmungston beimischt, der alles bindet
zu einer wohltuenden Einheitlichkeit. So plastisch hat
selten ein Schriftsteller einen komplizierten Dombau
beschrieben, Stein um Stein wächst das Gemäuer, Maß-
werk fügt sich an Maßwerk, auf die Wände zaubert

sich der Gemälde langatmiger Zyklus, in die weiten
Fensterbögen spannen sich die purpurglühenden Glas-
gemälde — und alles ist so lebenswahr gezeichnet mit
all dem zufällig scheinenden und doch dem Mittelalter
so allgemein anhaftenden Beiwerk kulturgesch chtlich
festliegender Zeitabschnitte, daß der Leser sich unter
den Festgenossen glaubt, die am Einweihungstage hinter
dem Bischöfe her in die zum erstenmal sich öffnenden
Hallen unter Orgeigebrause einziehen. Ein solches
Buch konnte nur der schreiben, der wie Sternberg ein
ganzer Poet, der mit Limburgs Geschichte durch und
durch vertraut, der die alten Chroniken und Volks-
bücher so kannte wie er, der auch von Haus aus für
Natur und Kunst ein so tiefes natürliches Empfinden
mitb-achte.

Im Titel hätte ich das Wort „Kultur" zugegeben.

___________ Fritz Witte.

Peintures ecclesiasti.ques du Moyen-äge.
Herpen, Zalt-Borrimel, Breda, Utrecht, Miracle
dAmsterdam. Publiees par GustaafvanKalcken.
Haarlem H. D. Tjeenk Willink & S., 1909. Erste
und zweite Lieferung. Lieferung 7,50 fl.
Van Kalcken beginnt ein neues, groß angelegtes
Subskriptionswerk, das sich de_n früheren Veröffent-
lichungen überNaarden, Alkmaar usw. würdig anschließt.
Die erste Lieferung behandelt die ungewöhnlich reichen
Gewölbemalereien von Herpen, die als Gesamtthema
die Verherrlichung des Leidens Christi und ■— das
möchte ich van Kalckens Erklärungen als Hauptmotiv
der Dekoration hinzufügen — die,,Compassio sanciorum"
behandeln. Mit denkbar einfachen Mitteln hat der
von der Historienmalerei weit abstehende Dekorations-
 
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