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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Halm, Philipp Maria: Oberbayerische Tonreliefs
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Nachrichten / Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0090

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1910. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

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harting ein „grebnus zu schneiden" hatte und
für solches 6 fl. erhielt16). Unter „grebnus"
kann nichts anderes als ein Epitaph verstanden
werden und der Ausdruck „schneiden" deckt
sich vortrefflich mit der Technik des Meisters
MC in der Verwendung scharfer gratiger
Modelliereisen und Messer.

Mit dem Meister M K möchte ich schließ-
lich noch zwei große tonplastische Reliefs in
Verbindung bringen, die sich in Feldkirchen
bei Rott a. Inn17), an der Grenze des Bezirke
Rosenheim und Wasserburg finden. Sie zieren
das halb in Holz, halb in Stein aufgeführte
malerische Friedhofportal dortselbst, oberhalb
dessen sie an der Innen- und Außenseite in
breiten Nischen mit flachem Bogen eingelassen
sind. Sie messen zirka 2 m Breite bei zirka 1 m
Höhe. Gegen die Straße zu ist eine Verkün-
digung Maria angebracht, auf der Friedhofseite
eine Himmelfahrt Maria mit den um den leeren
Sarkophag versammelten Aposteln. (Abb. 6.)
An der Fußseite des Sarges sitzen zwei Putten
mit dem Wappen des Klosters Rott, zu dem
Feldkirchen gehörte, und dem Wappen des Abtes
Christophorus I. (resign. 1590). Ehemals bemalt,
bieten die Reliefs jetzt in ihrem ziemlich
ruinösen Zustand einen guten Einblick in ihre
Herstellung. Die Figuren und die anderen
Teile wurden alle einzeln modelliert und ge-
brannt und mit Mörtel und Klammern an der
gemauerten Wand befestigt. Farbige Fassung
führte das Ganze zu einheitlicher Wirkung
zusammen. Die schmalen weichen Parallel-
falten in ihrer elliptischen Führung und die
trotz der Größe der Figuren doch sehr detail-

26) K. D. B. I, 1915. ") K. D. B. I, 1946.

Iierte Durchbildung der Haupt- und Barthaare
wecken unmittelbar die Erinnerung an die
unglasierten Kreuzigungsreliefs des Meisters M K.
Eine ähnliche Verwendung der Tonplastik
zu architektonischen Aufgaben läßt sich nach
1600 in Oberbayern nirgends mehr nachweisen
und auch für das XVI. Jahrh. scheint der Fall
vereinzelt dazustehen; er läßt sich wohl nur
dadurch erklären, daß in dem Meister M K
eben gerade eine geeignete Kraft zur Ver-
fügung stand. Darf man den jetzigen Denk-
mälerbestand als maßgebend betrachten, so
muß man annehmen, daß im XVII. und
XVIII. Jahrh. die Tonbildnerei, soweit sie sich
nicht auf die handwerksmäßige Herstellung
von Ofenkacheln warf, in Oberbayern voll-
ständig in Vergessenheit geriet. Ein kleines
Epitaph für einen Chorherren Johannes Gris-
pach in Isen Bezirkamts Wasserburg in welches
das Todesdatum 5. Mai 1604 nach dem
Brande18) erst eingeritzt wurde, ist die letzte
beachtenswerte Arbeit der Inngegend. Es
stellt den üblichen Typ der Memorien dar,
wie der Verstorbene vor dem Kruzifixe kniet.
Die Modellierung ist nicht ohne Geschick, es
fehlt aber dem Ganzen an Schwung und Frische,
und vor allem auch an jener Feinheit und
Sorgfalt, die den Werken des Monogrammisten
MS eignen. Dürfen wir diese auch nicht
gerade als Kunstwerke im höheren Sinne des
Wortes bezeichnen, so verdienen sie doch als
tüchtige kunstgewerbliche Erzeugnisse eines fort-
schrittlich gesinnten, nach Besserem strebenden
Handwerkers Würdigung und Wertschätzung.

München.

Philipp Maria Halm.

'») K. D. B. I, 1993.

Nachrichten.

Die Brüsseler Weltausstellung.

as ist alles noch unfertig, alles noch in einem
nicht absehbaren Stadium der Entwicklung, was
sich dem aufmerkenden Besucher dort darbietet. Welt-
ausstellungen stehen heute ein für allemal'ganz und gar
im Zeichen der Industrie, und es gehört schon ein
eigener Zusammenschluß von interessierten Männern
dazu, um mit der allgemeinen Ausstellung auch die
Kunst, speziell die christliche und die religiöse Kunst
zu Worte kommen zu lassen. Wenn Brüssel Wert
darauf legt, seine Ausstellung rein zu wissen von
religiösen Motiven, so kann es eigentlich auf seinen
Erfolg recht stolz sein, denn dieses Gebiet bildet nur
ein Tröpfchen am Eimer.

Frankreich verzichtet vollständig auf das Arbeits-
gebiet im Bereiche der Kirche, der Religion, England

schalten wir von vorneherein aus; nur bewahrt es nach
wie vor seine Vorherrschaft auf dem Gebiete der Buch-
ausstattung. Nicht als ob das englische Buchgewerbe
in allem an erster Stelle marschierte; nein, nur popu-
lärer, allgemeiner hat es diesen Kunstzweig zu gestalten
gewußt. Die deutschen Bucheinbände überragen an
künstlerischem Wert des öfteren weit die englischen,
aber diese tragen doch offensichtlich das Zeichen
größerer Verbreitung an sich, während die deutschen
auf einige kräftige, leistungsfähige Künstler zurückgehen,
die als Einzelschwalben noch keinen Sommer machen.
Überhaupt ist es schon eine Freude, die so monumental
ernst und fertig dastehenden deutschen Ausstellungs-
räume zu durchwandern. Schade, daß den Raum-
künstlern, die in Brüssel endlich einmal den „Alten",
Behrens, Paul und Olbrich durchaus würdig, wenn
 
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