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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Creutz, Max: Eine Kölner Schnitzerschule des XI. und XII. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0098

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131

1910. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 5.

132

Eine Kölner Schnitzerschule des XL und XII. Jahrhunderts.

(Mit 6 Abbildungen.)

n dieser Zeitschrift1) wurde vom

Verfasser eine Gruppe von Elfen-
beinarbeiten zusammengestellt, die
für den Ursprung der Werke des
Rogerus von Helmershausen und besonders für
die plastische Darstellung des Gekreuzigten im
XII. Jahrh. von großer Wichtigkeit werden:
Die Elfenbeintafel im Essener Domschatze,
eine verwandte Tafel in St. Maria Lyskirchen
zu Köln und ein Elfen-
bein im South-Ken-
sington-Museum zu
London.

Zu diesen kommt
noch ein anderes
Elfenbein, gleichfalls
mit einer Darstellung
der Kreuzigung im
Museum zu Darmstadt
(Abb. 1). In ganz
verwandter Darstel-
lung mit dem flüs-
sigen Gewandstil der
Tafel von St. Maria
Lyskirchen ist auch
hier der Gekreuzigte
zwischen Maria, Johan-
nes und den Evan-
gelistensymbolen dar-
gestellt, nur mit dem
Unterschiede, daß hin-
ter Maria undjohannes
Kirche und Synagoge
hinzugetreten sind.
Das ganze ist .um-
rahmt mit einem Fries
von Akanthusblatt-

Bjgt jcw n dieser ZeitschriftL) wurde vom aus der ehemaligen Kölner Sammlung Hübsch,
Verfasser eine Qriinne von Elfen- und auch die übrigen Stücke gehen auf Köln

oder den verwandten Lütticher Kunstkreis zu-
rück. Das Elfenbein von St. Maria Lyskirchen
befindet sich noch heute in Köln, und von der
Essener Tafel hat Humann3) vermutet, daß der
Erzbischof und Kanzler Hermann von Köln als
Bruder der Äbtissin Theophanu mit der Her-
stellung des Buchdeckels eine Kölner Werk-
statt beauftragte, viel-
leicht des Stiftes St.
Maria im Kapitol selbst,
dem die Schwestern
der Äbtissin Theo-
phanu vorstanden.
Diese Lokalisierung
eines leicht beweg-
lichen Materiales er-
hebt sich noch zu
größerer Gewißheit
durch die enge stili-
stischeVerwandtschaft
eines bodenständigen
Dokumentes gleicher
Herkunft, der Holztür
von St. Maria im
Kapitol, die im kleinen
Maßstab der Figuren
völlig verwandt ist mit
den Arbeiten dieses
Ateliers. Der stili-
stische Zusammen-
hang dieser Kölner
Arbeiten wird noch
deutlicher, wenn man
die von Vöge*) zu-
sammengestellte ver-

werk, wie es aus den Abb- '• Elfenbein im Grossherzogl. Museum zu Darmstadt. wandte Gruppe hin-

Träditionen spätkarolingischer Elfenbeine her-
auswächst. 2) Das Darmstädter Elfenbein stammt

1) Jahrg. 1908 Nr. 8 S. 235, mit 3 Abbi.düngen.

2) Beide Tafeln sind umrahmt von einem gravierten
Silberrahmen aus spätgotischer Zeit, der Darmstädter
Deckel mit einer Darstellung des hl. Georg und des
hl. Liborius, oben und unten mit Maßwerk und Blatt-
ranke, darin eine Eule, die Tafel von St. Maria Lys-
kirchen zeigt oben Gottvater zwischen zwei musi-
zierenden Engeln, links Maria mit dem Kinde, rechts
einen Bischof, vermutlich den Kanzler Hermann von
Köln, unten wieder eine Darstellung des Ritters
St. Georg, diesmal zu Pferde, wie er den Drachen
tötet, engverwandt mit einer Zeichnung des Hausbuch-

zuzieht. Der kleinfigurige Stil findet sich
wieder in einem Diptychon des Kaiser-Fried-
rich-Museums mit evangelischen Darstellungen
in drei Streifen mit je zwei biblischen Dar-
stellungen, der Verkündigung an Maria, der
Geburt Christi, der Verkündigung an die
Hirten, der Anbetung der Könige, der Dar-
stellung Christi im Tempel und der Taufe,

meisters. Diese Gravierungen gehen wie die Elfenbeine
auf Kölner Ursprung zurück.

3) »Der Essener Domschatz«, S. 238.

*) Vöge, »Beschreibung der Bildwerke der christ-
lichen Epochen 1900. Nr. 40/41.
 
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