Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

DOI Artikel:
Schnütgen, Alexander: Die Sammlung Schnütgen, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0097

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Abhandlungen

Die Sammlung Schnütgen. IL

(Mit Abbildung 2. — Tafel V.)

ie auf der Abb. 1 des
vor. Heftes erscheinende
verhängte Tür links führt
in das Wohnzimm er,
an dessen Ausstattung
die Erinnerung bewahrt
wird durch die hier bei-
gegebene Tafel.
Die Aufstellung von Altertümern in diesem
als Wohn- und Studierzimmer eingerichteten
Raum erfuhr durch diese Bestimmung eine
gewisse Beschränkung, in dem hier neue Ge-
brauchsmöbel nicht auszuschließen waren, und
die Notwendigkeit der Ofenheizung wärme-
empfindliche Gegenstände ausschloß, wie Tafel-
gemälde auf Holz, die in Folge der Hitze
leicht reißen, und polychromierte Figuren,
deren alte Bemalung mit dem Kreidegrund
sich loslöst und abspringt. Die Einheitlich-
keit der Wirkung mußte dadurch Einbuße er-
leiden, wie sie schon hier auf der Abbildung
sofort in die Erscheinung tritt durch das
Marmorcheminee, den Tisch der sechziger
Jahre, den Biedermeierschrank links, den
Rokokosessel rechts, den für Kerzen und
Petroleum eingerichteten Hängeleuchter usw.
Was unter demselben an der Wand erscheint,
sind neue Pietätswerke, die zum Teil in gotischen
Formen ausgeführt sind, wie der Entwurf zum
Familiengrab und die Modelle zu seiner figuralen
Ausstattung. — Neben diesem Epitaph (von
Mengelberg) erscheinen die beiden kostbaren
(hier XXII, Tafel I abgebildeten) Marmor-
figürchen, sowie die beiden englischen Alabaster-
reliefs (vergl. Bd. XXII, Tafel IX). — Neben
dem Cheminee, über dem modernen Plüsch-
sofa ist die Rückwand eines kölnischen Ge-
stühls aus der Mitte des XVI. Jahrh. an-
gebracht mit aufgelegten Holzschnitzereien als
Bekrönungen der drei Felder, auf denen drei
Metallreliefs des XVI. Jahrh. — Über dem-
selben beherrschen das Ganze die beiden
großen auf Leinen gemalten Darstellungen des
Meisters von St. Severin, die zu der teilweise
verstreuten Serie in der St. Severinskirche zu
Köln gehören, merkwürdig auch durch ihre
architektonisch belebten Hintergründe. — Neben
ihnen tritt aus der Ecke hervor die Holzstatue

einer spätgotischen bayerischen Madonna, unter
dem alten Frontispiz. — Die kleinen kupfer-
gemalten Bildchen mit Passionsszenen darunter
sind Kupferstichen des XVI. Jahrh. nach-
gebildet, und über der bemalten Kupfertafel
von einem der Kölner Frank nimmt einen
bevorzugten Platz ein das Madonnenbild von
Nüttgens, welches sich mit seinen altfland-
rischen Reminiszenzen seiner Umgebung vor-
züglich eingliedert, sogar den im ganzen 15
altkölnischen, auf Leinen gemalten Andachts-
bildchen mit Leidensszenen, wie sie in Köln
in den ersten Jahrzehnten des XV. Jahrh., also
kurz vor Meister Stephan, sehr beliebt waren;
hier überragt sie ein gleichfalls auf Leinwand
gemalter Posaunenengel aus etwas späterer Zeit.
Was auf dem Tische paradiert, als eine
für diesen Zweck bewirkte Aufstellung, besteht
zunächst in zwei kleinen Reliefs des X. Jahrh.,
die zu den Glanzstücken der Sammlung ge-
hören: die hier XXI, Sp. 1—10 beschriebene
Elfenbeintafel und das vor etwa 10 Jahren in
Bologna erworbene byzantinische Speckstein-
relief subtilster Art, mit 13 Darstellungen aus
dem Leben des Heilandes, auf der Rückseite
im XIV. Jahrh. mit italienischen Metallgravuren
geschmückt. Die beiden romanischen Stein-
kapitelle mit ihren zierlichen Blumenvasen des
XVII. Jahrh. bilden den Übergang zu den drei
kölnischen Holzskulpturen, von denen die
bemalte mittlere eine sitzende Madonna des
XIV. Jahrh., die beiden anderen Standfiguren
der Gottesmutter unter dem Kreuz und der
hl. Gertrud mit der Maus aus etwas späterer Zeit,
Es handelt sich mithin um eine bunte
Reihe mannigfaltiger Kunstgegenstände, die
trotz ihrer Verschiedenheit gefällig sich zu-
sammengruppieren, kein eigentliches Studien-
bild, weil zu einem solchen nicht nur inter-
essante Einzelheiten und dekorative Werte
erforderlich sind, sondern vor allem innere Zu-
sammenhänge, wie sie sich in ein Wohnzimmer
nicht leicht einreihen lassen, für ein solches
wohl auch nicht recht-passen. — Wer solche
Effekte anstrebt in seinem ständigen Milieu,
muß über weitausgedehnte, breitspurige Räume
verfügen, mithin über Einrichtungen, die über
die Einfachheit meiner Verhältnisse weit hinaus-
ragen. — Es war daher auch Zeit, daß an

die Stelle der
museale trat.

häuslichen

Ausstattung die

Schnütgen.
 
Annotationen