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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Witte, Fritz: Thuribulum und Navicula in ihrer geschichtlichen Entwickelung, [2]
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Georg, Johann: Eine byzantinische Madonna
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0108

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151

1910. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 5.

152

mehr in den Hintergrund, dafür aber erfährt
der architektonische Dekor eine oft sehr kom-
plizierte Durchbildung. Erst die späte Gotik
des ausgehenden XV. Jahrh. greift in ihrer
Vorliebe für überreichen Schmuck das figurale
Element wieder auf und weiß es im Verein
mit naturalistischem Blatt- und Blütenwerk zu
einem, wenn auch nicht architektonisch straffen,
so doch originellen Prunkstück zusammen-
zufassen. Es war das eigentlich eine Schwäche,
besser gesagt eine Konzession an die herr-
schende Architektur, die sich bei den Gelb-
gießern wie bei den Goldschmieden bemerk-
bar macht, daß sie ihrem Material Gewalt

antun und auch ihrerseits die vielfach unter-
nommene Konkurrenz mit der Steinarchitektur
beginnen. Ein ganz regelrechter Turmaufbau
mit Strebepfeilern, krabbenbesetzten Fialen,
mit Baldachinen und vielgestaltigen Fenster-
öffnungen ist der Deckel eines solchen gotischen
Rauchfasses geworden und ähnelt in allem
dem Aufbau einer Monstranz oder dem Deckel
einer Pyxis. Den Höhepunkt bezeichnet
nach dieser Richtung hin das silberne Thuri-
bulum im Kirchenschatze von S. Antonio in
Padua (Abb. VII.).

Fortsetzung folgt.
Köln. Fritz Witte.

Eine byzantinische Madonna.

(Mit Abbildung.)

or einigen Jahren kaufte ich bei
einem Antiquar in Ragusa ein
kleines Madonnenbild, das wohl
an und für sich keinen großen
künstlerischen Wert
hat, dafür aber ikono-
graphisch sehr inter-
essant ist. Es ist
eine Halbfigur ganz
en face. Maria hat die
üblichen byzantini-
schen Züge. Sie ist
in ein schlichtes rotes
Gewand gekleidet.
Vom Untergewand ist
nur am Halse etwas
sichtbar. Der Schleier
ist ohne Schmuck
von Sternen wie sonst.
Die Brust ist mit einer
Art Mantel bedeckt,
der auch die Hände
verhüllt. Mit diesen
hält sie eine Scheibe,
auf der sich die In-
schrift / C X C be-
findet, von Strahlen

umgeben. Hinter Maria ist eine schwarze
Fläche, die in Höhe des Halses abschneidet.
Sonst ist der Hintergrund rot. Neben dem
Kopfe steht MP Q V.

Die Darstellung berührt sich mit uralten
byzantinischen, die sich weit ins erste Jahr-
tausend zurückverfolgen lassen. Nur ist da
meist das Kind vor der Brust dargestellt oder
der Kopf desselben
im Strahlennimbus.
Hier ist es, wie schon
gesagt, der Namens-
zug des Herrn auf
einer Scheibe. Man
ist versucht, an den
Namen Jesu zu er-
innern, wie derselbe
vom hl. Bernhardin
dargestellt wurde.
Überraschend sind die
verhüllten Hände

Maria. Das gemahnt
wieder an die uralte
Art der Kommunion,
bei der die Frauen
dieselbe auf die ver-
hüllten Hände emp-
fingen.

Das Bild schätze

ich nicht älter als aus

dem XVI. oder XVII.

Jahrh. Entstanden ist es wohl in Venedig oder in

den von ihm beherrschten Ländern der Levante.

Auf keinen Fall ist es wohl in Ragusa entstanden.

Johann Georg, Herzog zu Sachsen. ™;
 
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