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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Witte, Fritz: Thuribulum und Navicula in ihrer geschichtlichen Entwickelung, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0120

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165

1910. - ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

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eigenen Schmuck erhalten, die Ketten mit
ihrer festgefügten Panzerung haben in der
Mitte mehrfach scharf profilierte Knoten, die
ein Zuhochziehen des Deckels verhindern.
Neben den kirchlichen Gefäßen der Gold-
schmiedekunst haben auch die profanen ihren
Einfluß auf die Gestaltung des Rauchfasses
geltend gemacht, zumal eine bei ihnen mit
Vorliebe angewandte Technik, die der getrie-
benen Buckel. Wo
das Material es ge-
stattete, wird man
auch beim Thuribulum
die Buckelung durch
Aushämmern erzielt
haben, bei den aus
Bronze oder Messing
hergestellten mußten
sie infolge des spröden
Materiales gegossen
werden. Ein charak-
teristisches Gefäß die-
ser Art, das den
Buckelpokalen sehr
nahe kommt, befindet
sich noch in Strau-
bing. Als Abschluß des
in Fischblasenorna-
ment durchbrochenen
Deckels dient die Knie-
figur eines Bischofs,
dessen Mitra zwischen
ihren Zipfeln die
Zugk'ette hält. Mehr
oder weniger halten
sich jedoch die Weih-
rauchfässer der goti-
schen Periode an
den einmal festge-
legten Formen, dem

halbkugelförmigen
Feuerkessel unddemPyramidendeckel. Letzterer
ist es meistens allein, an dem die Kunst und
Phantasie des Verfertigers sich zeigen, während
reichere, durchbrochene Feuerbecken aus prak-
tischen Gründen vermieden werden, da sie ja die
Einlage eines eigenen eisernen Einsatzes nötig
machten28). Bekannt und vielfach abgebildet
ist das reiche Stück in Seitenstetten; ein

Abb. vin.

28) »Item vor eyn yseren in dat luttke (kleine)
wyrokvatf, Ausgabenregister des Domes zu Osnabrück
zum Jahre 147.6. Manuskript auf dem Generaivikariat
dortselbst.

weiteres gutes Exemplar mit Rosettenöffnungen
und gutgeteiltem vielseitigem Fuße befindet
sich in Euskirchen, ein sehr schlichtes, aber
durchaus gefälliges Stück besaß die Sammlung
Soyter in Augsburg, ein charakteristisch nieder-
rheinisches die Kirche des alten Chorherren-
stiftes Gaesdonck bei Goch, das Pester National-
museum desgleichen eines in Gestalt einer
luftigen vielseitigen Pyramide mit kunstvollen

Rauchdurchlässen.
Die Inventare der
deutschen Provinzen
usf. weisen eine fast
ungezählte Menge,
reiche wie schlichte,
auf, die aber im
Grunde alle auf den-
selben Typus hinaus-
gehen. Als Merk-
würdigkeit sei ein
Thuribulum im Muse-
um in Prag erwähnt,
das an Stelle eines
Fußuntersatzes einen
schlichten Zapfen auf-
weist. Einganzeigener
Typus bildete sich um
1400 in Italien heraus.
Ist im wesentlichen
der Aufbau auch der-
selbe wie anderwärts,
so kann man doch den
italienischen Künst-
lern ein Lob nicht ver-
sagen, daß sie nämlich
die strenge Material-
bewertung mehr im
Auge gehabt haben
wie beispielsweise die
Deutschen. DieThuri-
bula dieser Art zeich-
nen sich vor allem aus durch ihren leichten,
gefälligen Aufbau und den reichen Kleinschmuck
in niellierten Bildern, in Email und graziösen
Eckfialen, die nicht, wie anderswo, massiv,
sondern in vier Wandungen aus Kupferplatlen
gebildet sind. Das Feuerbecken hat durchweg
die Form einer an vier. Seiten abgeplatteten
Halbkugel. Die meisten Sammlungen weisen
derartige Stücke auf.

Ein für sich allein dastehendes Exemplar
birgt die Sammlung Sarre- Berlin aus der
Kirche S. Stefano auf der Insel Nis im Egherdir-
 
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