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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Bücherschau
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221

1910. - ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

222

Bücherschau.

Christus am Kreuz. Kanonbilder der in Deutsch-
land gedruckten Meßbücher des XV. Jahrh. Heraus-
gegeben von Paul Heitz. Mit Einleitung von
W. L. Schreiber. 51 Abbildungen, wovon 31
mit der Hand koloriert. — Heitz in Straßburg.
Pr. M. 150.—.
Der überaus rührige Verlag, der namentlich durch
die „Kolorierten Einblattdrucke (Einzelholz-
schnitte: Schrotblätter, Reiberdrucke, Metalldrucke,
Teigdrucke, Kupferstiche) des XV. Jahrh., seit 1899
bereits 19 Veröffentlichungen (denen bald 3 weitere
folgen werden), sehr große Verdienste um die Inkunabeln
der Graphik sich erworben hat, vermehrt dieselben
durch das vorliegende in jeder Hinsicht musterhafte
Werk. — Disselbe reproduziert die vor 1500 in
Deutschland gedruckten Kanonbilder, zumal bei
der Seltenheit der Originale, überaus wichtige Doku-
mente. Nicht allen Erstlingsmissalien ist dies Kanon-
bild erhalten geblieben; aus manchen ist es ganz ver-
schwunden, aus manchen das ursprüngliche Exemplar,
welches nicht selten nach dem Verschleiß durch spätere
Einlage ersetzt wurde."— Nur durch die größte Ver-
trautheit mit dem noch erhaltenen, zum Teil ins Aus-
land verschlagenen Inventar war es möglich, die noch
vorhandenen Exemplare festzustellen, nur durch die
ausgedehntesten Verbindungen konnte es gelingen, sie
zu kopieren. Mit welcher Korrektheit hierbei verfahren
wurde, bringt die Durchnahme der einzelnen Tafeln zum
Bewußtsein, die vollständig den Eindruck aller Drucke
machen, zumal die durch Handkolorierung, also ganz
nach dem Vorbilde der alten Vorlagen bemalten Exem-
plare. Sie beginnen mit 1480, folgen sich dann in
schnellem Lauf und trotz der Wiederkehr der Einzel-
motive, auch in mannigfachem Wechsel. Für die
Ikonographie der Kreuzesdarstellungen, die außer den
nie fehlenden Maria und Johannes und den öfters be-
gegnenden blutauffangenden Engeln nur ganz aus-
nahmsweise sonstige Figuren (auch einen knienden
Donator) aufweisen, sind diese nur zwei Jahrzehnte
umfassenden Tafeln von großer Bedeutung. — Die
beiden Register, die Schreiber als der kompetenteste
Kommentator zusammengestellt hat, bieten zunächst
eine alphabetische Aufzählung der Diözesen, für
welche die einzelnen Missalien bestimmt waren, so-
dann der Druckorte, in denen sie entstanden sind,
insoweit dieses festgestellt werden konnte; wobei die
Detailforschungen und Einzelnotizen von großem
Wert. — Mit Hilfe dieser Angaben dürfte es an der
Hand der Abbildungen gelingen, nicht nur von ver-
streuten Einzelblättern die Heimat zu ermitteln, sondern
auch die Reihe noch zu ergänzen. — Der Dank an
die Herausgeber und an den Verleger darf in den
wärmsten Worten seinen Ausdruck finden.

__________ Schnütgen.

Ludwig v.Sybel, Christliche Antike. II. Bd.
Elwerts Verlag, Marburg. (Pr. ungeb. 8,50 M.)
Mit dem Titel „Christliche Antike" finde ich mich
ganz gern ab trotz der scharfen Äußerungen, die be-
reits früher darüber gefallen; haben wir doch eigentlich
eine wirkliche -„Antike" in christlichem Gewände bis
in die Ottonenzeit hinein. Die Auseinandersetzung

mit seinen Kritikern des ersten Bandes formuliert
v. Sybel etwas temperamentvoll, aber man liest dafür
auch eine absolut feststehende persönliche Überzeugung
auf seinen Gebieten und warme Begeisterung aus den
knappen, aber lapidaren Sätzen heraus. Wir haben
uns darüber mit v. Sybel gar nicht auseinanderzusetzen,
wir nehmen hier nur den Archäologen und Kunst-
historiker unter die Lupe, und — da möchte ich
wissen, wer vor dem inhaltreichen Buch nicht staunend
halt macht. Man muß immer im Auge behalten den
absolut notwendig gewordenen Gesichtspunkt, unter
dem v. Sybels Forschungen stehen: Kein Bruch mit
der traditionellen archäologischen Forschung, nein, der
persönliche Mut, mit ganz eigenen Augen und mit
tiefgründigen archäologischen Vorkenntnissen an die
Sache herantreten. Das tut der Verfasser. Leider kann
er nicht verwinden, ab und zu aufs theologische —
Glatteis sich zu begeben, wie beispielsweise Seite 297
im Kapitel „Der Altar", in dem die Einsetzungswor te
kategorisch als „legendarisch" bezeichnet werden, eine
Voraussetzung, welche die Gestaltung des Altartisches
in den ersten Jahrhunderten naturgemäß in absonder-
lichen Verschiebungen erscheinen lassen muß. In drei
Teile teilt der Verfasser seine Arbeit: Plastik, Archi-
tektur, Malerei, und behandelt dann in einer Reihe
gutgewählter Unterabteilungen typologisch seinen Gegen-
stand und künstlerisch. Am wertvollsten für die
Forschung ist vorläufig die Stilkritik und Chronologie
der christlichen Sarkophage. Es ist v. Sybels gutes
Recht, erneut an die Geschichte des römischen Kostümes,
besonders der Frauen, mit ihren stets wechselnden
Moden heranzutreten. Daß er mich in allem dabei
überzeugt hätte, kann ich nicht sagen, aber seine Aus-
führungen haben durchweg sichere Basis. Nicht eirt-
verslanden bin ich mit dem Verfasser, wenn er die
wechselseitige Beeinflussung von Malerei und Plastik
so tief bewertet. Der von ihm des öfteren angezogene
Sarkophag des Junius Bassus beispielsweise hat unver-
kennbare Anklänge an Malereien in einer Kapelle der
Domitilla-Katakombe an der via delle sette chiese —
des näheren Namens erinnere ich mich nicht mehr. —
Das Motiv der „Hadestür" (Seite 52), mag es auf
antiken Sarkophagen vereinzelt vorkommen, möchte ich
für eine Neuerfindung christlicher Bildhauer halten,
zumal es häufiger sich findet, als v. Sybel angibt (das
Exemplar in der Basilika der Petionella kenne ich nicht,
vermutlich ist das in einer benachbarten Kapelle befind-
liche gemeint). Seite 300, beim Kapitel der Confessio
gibt Sybel keine Erklärung dafür, warum bei einigen
Gräbern die Öffnung oben, bei anderen an der Front sich
befindet. Die Scheidung in Forma und Arcosolium dürfte
hier entscheidend gewesensein. Außerordentlichinstruktiv
ist der Abschnitt über die Orientierung der Basiliken,
wenn ich auch nicht zugeben kann, daß die Zentral-
anlage für den christlichen Kultus nicht geeignet ge-
wesen sei. Wenn wir von der absoluten Voraus-
setzungslosigkeit v. Sybels absehen, so ist sein Werk
überaus gehaltvoll und lehrreich. In manchen Teilen
muß abgewartet werden, ob die christlichen Archäologen
in jedem Falle die von ihm gebrochene Bresche wieder
zu vermauern vermögen. Eines scheint mir im Kern


 
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